Rohkost auf dem Prüfstand

Welche Lebensmittel man roh essen kann – und welche besser nicht

Karotten gibt es in verschiedenen Farben.

Karotten gibt es in verschiedenen Farben.

Rohes Fleisch, roher Fisch, rohe Eier, Rohmilchprodukte – das alles ergänzt durch kalt gepresste Säfte und nicht erhitzten Honig: Wer eine solche Diät problemlos übersteht, muss schon mit einer Rossnatur gesegnet sein. Wobei Pferde ja eigentlich Pflanzenfresser sind.

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Salat immer gründlich waschen

Der Erfinder dieser Ernährungsform war der US-Amerikaner Aajonus Vonderplanitz (1947–2013). Er nannte sie „primal diet“. Rohkost, vor allem in Form tierischer Produkte, schrieb er das Potenzial zu, alle möglichen Krankheiten zu heilen. Auch der deutsche Sachbuchautor Franz Konz (1926–2013) sah nach einer Krebserkrankung in Rohkost sein Heil: Sein Konzept der „Urkost“ sieht vor, ungewaschenes Obst, Gemüse und Wildpflanzen samt Würmern und sämtlichen Mikro­or­ga­nis­men zu verspeisen.

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Bei solchen Tipps schlagen Ernährungsfachleute die Hände über dem Kopf zusammen. Aus hygienischer Sicht sind rohe tierische Produkte nämlich bedenklich. „Sie können zum Beispiel mit Salmonellen oder Listerien verunreinigt sein“, sagt die Ernährungsberaterin Ursula Leyendecker-Bruder aus Köln. Für Schwangere, Kleinkinder, Senioren und immungeschwächte Menschen können Lebensmittelinfektionen gefährlich werden. Aber auch an rohem Obst und Gemüse können krank machende Keime kleben. Daher betont die Ernährungswissenschaftlerin Gabriele Kaufmann vom Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): „Auch wenn der Salat aus dem eigenen Garten kommt, soll man ihn gründlich waschen.“ Zum Beispiel könnten Insekten, die sich darauf gesetzt haben, Krankheitserreger übertragen.

Rohkost in Ernährungsplan integrieren

Es gibt aber noch ganz andere Gründe, die gegen Rohkostdiäten sprechen. Vor einigen Jahren ergab eine Studie der Universität Gießen, dass Menschen, die lange Zeit größtenteils bloß von rohem Obst und Gemüse lebten, zu Nährstoffmangel neigten. So waren sie häufig mit Vitamin B12, aber auch mit Vitamin D, Zink, Jod und Kalzium unterversorgt. Zugleich waren sie meist schlank bis untergewichtig.

„Bei einer solchen Ernährungsform läuft man Gefahr, zu wenig Energie zu sich zu nehmen“, sagt Leyendecker-Bruder. Denn bei reiner Rohkosternährung fallen auch Getreideprodukte wie Nudeln und Brot weg, die viel Energie liefern. Allerdings profitieren viele Menschen davon, wenn sie vermehrt Rohkost in ihren Ernährungsplan integrieren. Sie kann helfen, das Gewicht zu kontrollieren: Wer vor dem Fernseher Karottensticks statt Kartoffelchips knabbert, vermeidet fettig-salzige Kalorienbomben. Zu viel sollte man von Rohkostsnacks aber nicht erwarten, warnt Kaufmann: „Wer langfristig und ausgewogen abnehmen möchte, sollte sich professionell beraten lassen.“

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Dampfgaren schonender als Kochen

Rohes Obst und Gemüse sind meistens gesund, aber nicht immer. In der Regel nimmt man mehr Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe zu sich, da manche davon beim Erhitzen zerstört werden. Vor allem Vitamin C ist nicht nur gegenüber Hitze, sondern auch gegenüber Licht und Sauerstoff empfindlich und kann vom Körper nicht gespeichert werden. Auch die meisten ­B-Vi­ta­mi­ne und einige sekundäre Pflanzenstoffe, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken, halten hohen Temperaturen nicht gut stand.

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Wie stark der Nährstoffgehalt beim Zubereiten schrumpft, hängt von der Gemüseart sowie der Zubereitungsweise ab. Grundsätzlich ist Dampfgaren oder kurzes Blanchieren schonender als längeres Kochen. Mineralstoffen kann Hitze zwar nichts anhaben, dafür können sie sich im Kochwasser lösen.

Linsen, Bohnen und Kichererbsen kochen

Umgekehrt sind manche Nährstoffe besser verwertbar, wenn Gemüse erhitzt wird. „Betacarotin aus Karotten und Lycopin aus Tomaten kann der Körper erst aufnehmen, wenn durch Garen die Zellwände aufgebrochen werden“, sagt Leyendecker-Bruder. Beide Stoffe gehören zu den Carotinoiden, die viele positive Wirkungen haben.

Es gibt auch Pflanzen, die roh nicht verzehrt werden dürfen, allen voran Hülsenfrüchte. „Die Lektine darin sind unverträglich und können schlimmstenfalls Vergiftungserscheinungen auslösen“, erklärt Leyendecker-Bruder. Diese Proteine können die roten Blutkörperchen verklumpen lassen und sind in größeren Mengen bedenklich. „Linsen, Bohnen und Kichererbsen sollte man daher auf gar keinen Fall roh essen“, rät die Ernährungsberaterin. Da Hitze das Gift zerstört, ist es wichtig, Hülsenfrüchte mindestens 15 Minuten zu kochen. Ein Sonderfall sind Erbsen und Zuckerschoten: Sie enthalten kaum Lektine.

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Vorsicht geboten bei Wildpilzen

Auch Kartoffeln sollten gegart werden. Ihr hoher Stärkeanteil macht sie schwer verdaulich, wie Leyendecker-Bruder erklärt. Erst durch Hitzeeinwirkung wird die Stärke so umgewandelt, dass der Körper sie gut verarbeiten kann. Wie andere Nachtschattengewächse enthalten Kartoffeln außerdem Solanin, das in großen Mengen zu Vergiftungserscheinungen führen kann. Vor allem in grünen und keimenden Kartoffeln findet sich der Stoff in höheren Konzentrationen. Daher sollte man grüne Stellen und Keimansätze vor dem Zubereiten herausschneiden. Hitze zerstört Solanin laut Verbraucherzentrale zwar nicht, doch führt Kochen dazu, dass sich der Stoff teilweise in Wasser löst. Deshalb sollte man es anschließend wegschütten.

Vorsicht geboten ist außerdem bei Wildpilzen. Pilzexperten empfehlen, sie mindestens 15 Minuten lang gut durchzugaren. Das hat mehrere Gründe: Manche Arten, etwa Perlpilz und Hallimasch, enthalten Gifte, die durch Erhitzen zerstört werden. Außerdem wird das schwer verdauliche Eiweiß in Wildpilzen durch Kochen bekömmlicher.

Gemüse wird durch Garen bekömmlicher

Andere Lebensmittel sind ungegart zwar nicht giftig, aber ebenfalls schwer verdaulich. Rohes Getreide zum Beispiel kann arge Bauchschmerzen bereiten – es sei denn, es wurde länger eingeweicht. Genauso grenzwertig ist Kohl: „Manche Kohlsorten, etwa Brokkoli, kann man roh essen. Grundsätzlich ist er gekocht aber besser verdaulich“, sagt Leyendecker-Bruder.

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„Je länger Gemüse oder Obst gegart wird, desto bekömmlicher wird es“, betont BZfE-Expertin Kaufmann. Welche Gemüsearten auch roh gut vertragen werden, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Bis zu einem gewissen Grad können sich jedoch auch empfindliche Mägen an Rohkost gewöhnen, indem man die Mengen vorsichtig steigert und sorgfältig kaut. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, Obst und Gemüse mal gegart, mal roh zu essen. Am Ende gilt nämlich: Die Mischung macht‘s.

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