War Sahelanthropus ein Zweibeiner?

Fossiler Oberschenkelknochen von Sahelanthropus deutet nicht auf aufrechten Gang hin

5. Juli 2024

Forschende um Marine Cazenave vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben die fossilen Belege für den angeblichen aufrechten Gang der Art Sahelanthropus vor sieben Millionen Jahren untersucht. Die neuen Analysen zeigen, dass die Proportionen, die äußere Gestalt und die Innenstruktur des Oberschenkelknochens nicht auf einen aufrechten Gang hindeuten.

Der sieben Millionen Jahre alte Sahelanthropus tchadensis wurde 2001 im Tschad entdeckt und 2002 auf der Grundlage eines schwer beschädigten fossilen Schädels als eine aufrecht gehende Homininen-Art beschrieben. Jede Information, die aus den Skelettresten gewonnen werden kann ist daher für die taxonomische Einordnung von besonderer Bedeutung.

Bereits 2020 beschrieben Forschende das Fragment eines Oberschenkelknochens von der gleichen fossilen Fundstelle und kamen zu dem Schluss, dass dessen Gestalt nicht mit einem vollständig aufrechten Gang vereinbar sei. In einer 2022 erschienenen Studie untersuchten Forschende das Fossil einschließlich zweier bisher nicht dokumentierter Unterarmfragmente erneut und stellten fest, dass der Oberschenkelknochen mehrere Merkmale für eine Fortbewegung auf zwei Beinen aufweist. Eine internationale Forschungsgruppe hat dieses Ergebnis in einer neuen Studie überprüft, die auch mehrere Überreste von Menschenaffen aus dem Miozän einbezog.

Kein Nachweis für habituelle Bipedie

Das Team konnte an dem Oberschenkel von S. tchadensis keine Merkmale feststellen, die ausschließlich bei den unstrittig aufrecht-gehenden Homininen wie Australopithecus und dem modernen Menschen zu finden sind. Marine Cazenave erklärt: “Einige Eigenschaften des Oberschenkelknochens kommen überhaupt nicht bei Homininen, sondern bei anderen Hominoiden und Nicht-Primaten vor.“ „Es gibt sogar einige anatomische Ähnlichkeiten mit den Karnivoren“, ergänzt Nikolai Spassov, Professor an der Abteilung für Paläontologie und Mineralogie des Nationalmuseums für Naturgeschichte der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften und Mitautor der Studie.

Die Autoren berücksichtigten weitere bislang nicht untersuchte Merkmale, insbesondere die Proportionen der Gliedmaßen. Diese entsprechen denen der afrikanischen Menschenaffen und unterscheiden sich von aufrecht gehenden Arten. Laut der Forschenden sollte bei der Rekonstruktion des Fortbewegungsart von S. tchadensis aus Skelettresten alle funktionsbezogenen morphologischen Merkmale berücksichtigt werden und nicht nur Ähnlichkeiten mit Homininen.

Auswirkungen auf den taxonomischen Status von Sahelanthropus

Damit steht auch sein Status als mutmaßlicher Hominine in Frage. Wie sich Sahelanthropus tatsächlich fortbewegte, ist derzeit noch unbekannt. War Sahelanthorpus eventuell ein weiterer afrikanischer fossiler Menschenaffe aus dem Spätmiozän?

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