Schwerbehindert früher in Rente: So bekommen Sie einen Schwerbehindertenausweis
Millionen Menschen haben in Deutschland einen Schwerbehindertenausweis. Den gibt für Behinderungen, aber auch bei vielen chronischen Erkrankungen. Hier erfahren Sie, wie man den Ausweis beantragt.
Berlin – Acht Millionen Menschen haben in Deutschland einen Schwerbehindertenausweis. Wahrscheinlich gibt es aber viel mehr Menschen, die schwerbehindert sind, da viele nicht wissen, dass man auch bei zahlreichen chronischen Erkrankungen den Ausweis bekommen kann. Schwerbehinderte werden vom Staat auf zahlreiche Art und Weise entlastet und unterstützt: Es gibt Steuererleichterungen, Unterstützungsgelder und Schwerbehinderte dürfen früher in Rente gehen. Wie und wo beantragt man aber den Schwerbehindertenausweis? Hier sind alle wichtigen Infos:
Antrag auf Schwerbehinderung stellen: Das sind die Schritte
Entscheidend für einen Antrag auf Schwerbehinderung ist zunächst der Grad der Behinderung (GdB), der von einem Arzt oder einer Ärztin auf Antrag festgestellt wird. Ab einem GdB von 50 gilt man als schwerbehindert und kann somit einen Schwerbehindertenausweis bekommen. Der niedrigste GdB ist 20, der höchste 100. Im Alltagsgebrauch sprechen viele Menschen von einem „Behinderungsgrad von 50 Prozent“ – das ist aber falsch. Der GdB wird ohne Prozent angegeben.
Auf dem Weg zum Schwerbehindertenausweis müssen drei Schritte befolgt werden. Diese sind:
- Mit dem Hausarzt / der Hausärztin sprechen
- Dokumente sammeln
- Antrag beim Versorgungsamt stellen
Wie lange die Bearbeitung der Schritte dauert, ist höchst individuell. Sobald der Antrag beim Versorgungsamt eingegangen ist, sollte die Bearbeitung aber nach drei Monaten abgeschlossen sein. In manchen Bundesländern kann es aber länger dauern.
Antrag auf Schwerbehinderung: Gespräch mit dem Hausarzt
Wenn Sie vermuten, dass Sie das Recht auf einen Schwerbehindertenausweis haben, dann sprechen Sie als Erstes mit Ihrem Arzt. Der kann Ihnen sagen, ob Ihre Vermutung stimmt und welche Atteste und Nachweise Sie für den Antrag brauchen werden. Ganz wichtig: Damit ein Arzt Atteste und Nachweise erstellen kann, muss eine Entbindung von der Schweigepflicht erfolgen. Ohne schriftliche Zustimmung vom Patienten darf kein Mediziner Auskunft an Dritte geben. Viele Versorgungsämter bieten gesonderte Formulare an, die Ärzte von der Schweigepflicht entbinden.
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Schwerbehindertenausweis beantragen: Unterlagen sammeln
Um den GdB festzustellen, brauchen die zuständigen Versorgungsämter viele Dokumente. Eigentlich gilt hier der Grundsatz: Je mehr, desto besser. Alles, was als Nachweis für die Beeinträchtigung im Alltag dienen kann, sollte beigefügt werden. Hier eine Liste von Dokumenten, die man einreichen kann und soll:
- Befunde und Gutachten von Ärzten
- Laborberichte
- Dokumente über Aufenthalte in Krankenhäusern, Reha-Zentren o.ä.
- Dokumente von Pflege-, Unfall- und Krankenkassen
- Amtliche Gutachten von Behörden
- Unterlagen und Vereinbarungen vom Arbeitgeber oder der Agentur für Arbeit
- Alle bereits gestellten Anträge an Pflegekassen oder anderen sozialen Leistungsträgern
- Namen von besuchten Einrichtungen wie Sonder-/Förderschulen, soziale Einrichtungen, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen etc.
Die eingereichten Unterlagen müssen nicht nur die Hauptbehinderung betreffen. Alles was, Sie im Alltag beeinträchtigt, wird vom Versorgungsamt berücksichtigt.
Antrag beim Versorgungsamt stellen
Sobald alle Dokumente beisammen sind, kann der Antrag gestellt werden. Je nach Wohnort sind die Anträge unterschiedlich. Überall muss aber ein Formular ausgefüllt werden. Darin werden Angaben zur Person, zur Berufstätigkeit und zur Gesundheit gemacht.
Sobald der Antrag mit allen Unterlagen abgeschickt ist, beginnt das Warten. Die Bearbeitung kann mehrere Monate dauern, außerdem kann es auch sein, dass das Versorgungsamt weitere Dokumente anfordert, die dann nachgereicht werden müssen. Wenn die Entscheidung gefallen ist, dann erhalten Betroffene einen Bescheid, in dem der festgestellte GdB mitgeteilt wird. Ab einem GdB von 50 wird ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt. Dieser ist dann in der Regel fünf Jahre gültig und muss vor Ablauf verlängert werden. Es gibt neun Behinderungsgrade, die von 20 bis 100 in 10er Schritten steigen.
Neben dem GdB stellt das Versorgungsamt noch sogenannte Merkzeichen fest. Das ist nicht bei allen Schwerbehinderten der Fall. Je nach Merkzeichen kann es aber zusätzliche Nachteilsausgleiche geben:
Merkzeichen | Bedeutung | Nachteilsausgleiche |
---|---|---|
G | Erhebliche Geh-/Stehbehinderung | kostenloser ÖPNV, Steuer |
aG | außergewöhnliche Gehbehinderung | Parken und Steuer |
B | Begleitperson notwendig | kostenloser ÖPNV für Begleitpersonen |
H | Hilflosigkeit | kostenloser ÖPNV, Steuer |
Bl | Blindheit | Parken und Steuer |
Gl | Gehörlosigkeit | kostenloser ÖPNV, Kfz-Steuer |
RF | Besonderer Sozialanschluss | Keine GEZ-Gebühren, Telefongebühren |
1. Kl. | Unterbringung in der 1. Klasse | Fahrt in der 1. Klasse mit 2. Klasse-Ticket |
TBl | Taubblindheit | Keine GEZ-Gebühren, Telefongebühren |
Es können gleichzeitig mehrere Merkzeichen auf einem Schwerbehindertenausweis zu finden sein. Genauso ist es auch möglich, einen Schwerbehindertenausweis ohne Merkzeichen zu haben.