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Von Humbug bis Farce: Kritik an Homöopathie-Gesetz von Gesundheitsminister Lauterbach

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Homöopathische Mittel und Behandlungen sollen nach dem Willen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach als Kassenleistung gestrichen werden.
Homöopathische Mittel und Behandlungen sollen nach dem Willen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach als Kassenleistung gestrichen werden. © Hirschberger/dpa

Der Ismaninger Apotheker Peter Aurnhammer spricht von einer Scheindiskussion, Heilpraktikerin Blanka Kinga Lausch aus Aschheim nennt es schlicht und einfach „Humbug“: Der Vorstoß von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, Homöopathie als Kassenleistung zu streichen, stößt auf viel Kritik.

Landkreis – Auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten, um das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen abzuschwächen, hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Globuli und Co. im Visier. Der SPD-Politiker will homöopathische Leistungen streichen. In einem Papier des Bundesgesundheitsministeriums heißt es dazu: „Leistungen, die keinen medizinisch belegbaren Nutzen haben, dürfen nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden.“

Rein politisch motivierte Farce?

Blanka Kinga Lausch nennt den Vorstoß Lauterbachs eine „rein politisch motivierte Farce“. Der Aufwand stehe in keinem Verhältnis zum Ertrag. Die Ausgaben für Homöopathie auf gesetzliches Rezept würden nur einen minimalen Prozentsatz der Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen ausmachen. „Wir reden hier über Peanuts“, sagt die Heilpraktikerin. „Das ist so, als gehen Sie raus und sagen: Wir sammeln jetzt Schneeflocken.“

Ins gleiche Horn stößt Apotheker Peter Aurnhammer. Er könne sich nicht erinnern, dass er selbst jemals einem Patienten Globuli auf Rezept ausgegeben habe. „Kein Mensch verschreibt so etwas auf Kasse“, sagt er. In der Regel würden die Kunden homöopathische Mittel einfach selbst zahlen. Deshalb ist er der Überzeugung: „Homöopathie spielt bei den Kassenleistungen keine Rolle.“

Niedrige Preise

Das liege allein schon an den geringen Preisen der Mittel, betont Lausch. So würde ein kleines Fläschchen Globuli, als Beispiel nennt sie das häufig verschriebene homöopathische Mittel Belladonna C30, in einer Online-Apotheke zwischen sieben und zehn Euro kosten. „Da die Darreichungsform sehr effizient ist und nur akut verabreicht wird, reicht das Fläschchen dann aber auch über Jahre“, betont sie.

Ablenken von Missständen im Gesundheitswesen

Mit seinen Äußerungen würde Gesundheitsminister Lauterbach von den eigentlichen Missständen im Gesundheitswesen ablenken, findet die Heilpraktikerin. Als Beispiel führt sie die Fallpauschale auf. Sie sorge dafür, dass Krankenhäuser für die Behandlung eines Patienten nicht Geld für die wirklich notwendige Behandlung bekommen, sondern je nach Diagnose eben eine Fall-Pauschale.

Die großen Ausgaben seien nicht die kleinen Fläschchen mit den homöopathischen Wirkstoffen oder eine osteopathische Sitzung. Und was die Kostensenkung für die gesetzlichen Krankenkassen betrifft, ist sich Lausch sicher, dass man bei der Verschreibung von Schmerzmitteln ein Vielfaches einsparen könnte. Nämlich dann, wenn man individueller auf die Bedürfnisse des Patienten eingeht. Oder wenn man unnötige Operationen reduziert.

Auch Aurnhammer geht davon aus, dass Lauterbach mit seinem Vorstoß von anderen gewichtigen Problemen im Gesundheitswesen ablenken möchte – wie den Schwierigkeiten mit dem E-Rezept: „Da muss ich in der Woche etliche Patienten wieder nach Hause schicken, weil es einfach nicht funktioniert.“

Arzt spricht von Nebenkriegsschauplatz

Walter Kratschmann, Facharzt für Allgemeinmedizin in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, der in seiner Praxis auch homöopathische Leistungen anbietet, spricht von einem „Nebenkriegsschauplatz“, den Karl Lauterbach da eröffnet hat. Auch er erinnert daran, dass die Ausgaben für homöopathische Leistungen – von der Anamnese über die Behandlung bis hin zu Verschreibung von Mitteln – nur ein minimaler Teil der Gesamtausgaben der gesetzlichen Kassen sind. „Kosten für Medikamente würden in der Regel für Erwachsene sowieso nicht übernommen“, betont Kratschmann.

Homöopathie setzt auf eine Individualtherapie

Dass es keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass homöopathische Mittel wirken, hat laut Kratschmann damit zu tun, dass die Homöopathie auf eine Individualtherapie setzt: „Bei 100 Patienten hilft das Mittel vielleicht nur bei zehn Personen. Aber bei diesen zehn Personen hilft es eben.“

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