EUCARIS
Das europäische Fahrzeug- und Führerscheininformationssystem EUCARIS (EUropean Car and Driving Licence Information System) verbindet die zentralen elektronischen Systeme der europäischen Staaten zum Zwecke des gesicherten gegenseitigen Datenaustauschs miteinander.
Bei EUCARIS handelt es sich um ein System für den sicheren, EU-weiten Austausch von Fahrzeug- und Fahrerlaubnisregisterdaten zwischen berechtigten öffentlichen Stellen.
Ziel von EUCARIS ist es, die Verfolgung grenzüberschreitender Kriminalität, hierbei unter anderem die Aufdeckung von Fahrzeugdiebstählen, die Erhöhung der Verkehrssicherheit, die Terrorismusbekämpfung und die Eindämmung des Führerscheintourismus zu unterstützen.
Die Einrichtung des EUCARIS basiert auf dem gleichnamigen EUCARIS-Vertrag. Das System umfasste zunächst nur Verfahren zum Austausch von Fahrzeugdaten im Rahmen der Zulassung von Fahrzeugen ausländischer Herkunft sowie zum Austausch von Führerscheindaten im Rahmen der Erteilung von Fahrerlaubnissen. Mittlerweile wird es jedoch als technische Plattform für diverse Datenaustauschverfahren auf Basis weiterer rechtlicher Grundlagen genutzt. Staaten, die an EUCARIS angeschlossen sind, können entscheiden, für welche Verfahren sie das EUCARIS-System nutzen wollen.
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EUCARIS vernetzt die zentralen nationalen Verkehrsregister. Diesem dezentralen Ansatz folgend ist jedes Land verantwortlich für seine eigenen Daten und Verfahren. Berechtigte nationale öffentliche Stellen (zum Beispiel Polizei, Zulassungs- und Fahrerlaubnisbehörden) können online über ihre nationale EUCARIS-Kopfstelle in anderen Ländern Fahrzeug- oder Führerscheindaten auf Basis der für sie relevanten Rechtsgrundlage(n) abfragen. In Deutschland ist das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) diese Kopfstelle.
- Auf Basis der 3. EU-Führerscheinrichtlinie wird derzeit ein europäisches Führerscheininformationssystems (EReg - RESPER) eingerichtet. Dieses ermöglicht vor Ausstellung eines Führerscheins eine Abfrage in den EU-Mitgliedstaaten, ob dort bereits eine Fahrerlaubnis ausgestellt oder entzogen wurde.
- Ebenfalls aktuell im Aufbau befindet sich eine europäische Vernetzung von Unternehmensregistern für Transportunternehmen (EReg - ERRU). In Deutschland wird dieses Register beim Bundesamt für Güterverkehr (BAG) geführt. Für den gegenseitigen internationalen Datenaustausch wird die EUCARIS-Plattform genutzt.
- Ferner wurde aufgrund EU-Richtlinie 2011/82/EU der europäische Datenaustausch zur grenzüberschreitenden Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten, die die Straßenverkehrssicherheit gefährden, eingerichtet.
- Mit der Realisierung von „eCall“ (emergency calls) über EUCARIS werden Rettungskräfte bei Verkehrsunfällen künftig noch schneller und sicherer Hilfe leisten können. Im Fall eines Unfalls sendet das Fahrzeug automatisiert einen Notruf an die nächste Rettungsleitstelle. Über EUCARIS werden anhand der Fahrzeug-Identifizierungsnummer oder des Kennzeichens die Fahrzeugdaten des verunfallten Fahrzeugs ermittelt. Die Rettungskräfte wissen so frühzeitig, um welches Fahrzeug es sich handelt. Entsprechendes Rettungsgerät kann sofort beschafft werden und es steht fest, wo sich im Fahrzeug für Retter und Verunglückte potentiell gefährliche Ausrüstungsgegenstände befinden.
EUCARIS startete Anfang der 90er Jahre als Kooperation zwischen nationalen Verkehrsregisterbehörden. Ziel war es, die Bekämpfung des grenzüberschreitenden Fahrzeugdiebstahls und die Eindämmung des Führerscheintourismus durch den Austausch von Fahrzeug- und Führerscheindaten wirkungsvoll zu unterstützen.
Am 29. Juni 2000 schlossen fünf Staaten (Großbritannien und Nordirland, Belgien, Luxemburg, Niederlande und Deutschland) den EUCARIS-Vertrag über ein europäisches Fahrzeug- und Führerscheininformationssystem. Für Deutschland nimmt das KBA mit dreien seiner Register (Zentrales Fahrzeugregister, Zentrales Fahrerlaubnisregister, Fahreignungsregister) an dem Datenaustausch teil.
Neben den Verfahren auf Basis des EUCARIS-Vertrags gibt es zwischenzeitlich weitere Funktionalitäten, die das EUCARIS-System als technische Plattform nutzen:
Am 27. Mai 2005 schlossen sieben EU-Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich) im rheinland-pfälzischen Prüm ein zwischenstaatliches Abkommen. Es dient der verbesserten Zusammenarbeit und dem Informationsaustausch der Vertragsstaaten im polizeilichen Bereich auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung und der Verfolgung grenzüberschreitender schwerer Kriminalität.
Der Prümer Vertrag regelt die Vernetzung von DNA-, Fingerabdruck- sowie Fahrzeugdatenbanken. Berechtigte Polizei- und Strafverfolgungsbehörden erhalten über ihre nationale Kontaktstelle direkten Zugriff. Im Bereich der Fahrzeugregisterdaten erfolgt der Abruf über ein speziell dafür eingerichtetes Verfahren unter Nutzung des EUCARIS-Systems. Der Einsatz des EUCARIS-Systems wurde damit vom Datenaustausch im rein administrativen Bereich auf den polizeilichen und justiziellen Bereich ausgedehnt. Mittlerweile wurde das multilaterale Prümer Abkommen in den EU-Rechtsrahmen überführt (Ratsbeschlüsse 2008/615/JHA und 2008/616/JHA). Damit wurde der Einsatz des EUCARIS-Systems für diesen Bereich auf alle 27 EU-Mitgliedstaaten ausgeweitet.
Aktuell und für die nächsten Jahre sind weitere Einsatzfelder des EUCARIS-Systems vorgezeichnet:
Da das EUCARIS-System den Staaten eine erprobte und fast beliebig erweiterbare Plattform für den Datenaustausch bietet, ist zu erwarten, dass auf der technischen Plattform EUCARIS in der Zukunft noch weitere Verfahren realisiert werden. Über den Einsatz eines neu entwickelten, so genannten „Brokers“ ist es darüber hinaus möglich, das EUCARIS-System mit anderen Systemen zu verknüpfen.
- Fahrzeugzulassung
Bei der Zulassung von aus dem Ausland importierten Fahrzeugen kann mittels EUCARIS geklärt werden, ob es im Fahrzeugregister des Herkunftsstaates einen Suchvermerk (zum Beispiel einen Diebstahlhinweis) für das Fahrzeug gibt und ob die Daten zum Fahrzeug mit den Registereintragungen übereinstimmen.
Ist die Zulassung erfolgt, kann die Registerbehörde des Herkunftsstaates hierüber zum Zweck der Abmeldung mittels EUCARIS informiert werden. - Ausstellung eines Führerscheins
Um sicherzustellen, dass ein EU-Bürger nur eine Fahrerlaubnis besitzt, kann die Fahrerlaubnisbehörde über EUCARIS in den übrigen Mitgliedstaaten anfragen, ob es in den dortigen Registern Einträge gibt, die der Erteilung einer Fahrerlaubnis und Ausstellung eines Führerscheins entgegen stehen. - Grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsverstößen
Im Rahmen einer EU-Richtlinie ist vorgesehen, dass zuständige Behörden zur Verfolgung von bestimmten die Verkehrssicherheit gefährdenden Verkehrsverstößen, die mit im EU-Ausland zugelassenen Fahrzeugen begangen wurden, Halterabfragen über EUCARIS durchführen können. - Strafverfolgung und Terrorismusbekämpfung
Polizei und Strafverfolgungsbehörden können im Rahmen des Prümer Vertrags bzw. der EU-Ratsbeschlüsse 2008/615/JHA und 2008/616/JHA über das EUCARIS-System Auskünfte für die Verfolgung von Straftaten und zur Terrorismusbekämpfung einholen.
EUCARIS hat sich zu einer europäischen Erfolgsgeschichte entwickelt. So werden jährlich über 10 Millionen Anfragen zu Fahrzeugen und Fahrerlaubnissen über EUCARIS gestellt. Nachfolgend einige Einsatzfelder von EUCARIS:
- Geschwindigkeitsübertretung,
- Nichtanlegen des Sicherheitsgurts,
- Überfahren eines roten Lichtzeichens,
- Trunkenheit im Straßenverkehr,
- Fahren unter Drogeneinfluss,
- Nichttragen eines Schutzhelms,
- unbefugte Benutzung eines Fahrstreifens,
- rechtswidrige Benutzung eines Mobiltelefons oder anderer Kommunikationsgeräte beim Fahren.
7. November 2013. Seit dem 7. November 2013 greift europaweit ein elektronisches System zum Halterdatenaustausch bei acht besonders gravierenden Verkehrsverstößen.
Geschwindigkeitsverstöße, Fahren im alkoholisierten Zustand, Rotlichtverstöße sowie die Nichtnutzung des Sicherheitsgurts zählen zu den häufigsten Ursachen für tödliche Verkehrsunfälle. National hat sich seit Jahrzehnten ein System der automatisierten Übermittlung von Halterdaten etabliert, das bei Verkehrsverstößen greift. Obgleich ausländische Verkehrsteilnehmer ein deutlich erhöhtes Risiko haben, gegen die in dem besuchten Land geltenden Verkehrsregeln zu verstoßen, gab es bisher auf Europäischer Ebene kein entsprechendes grenzüberschreitendes Verfahren. Dies hat sich mit der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Delikte (2015/413/EU) geändert.
Die Richtlinie regelt den grenzüberschreitenden Halterdatenaustausch; Cross Border Enforcement (CBE) genannt. Die CBE-Richtlinie ist Teil eines europäischen Maßnahmenpakets, mit dem bis 2020 die Zahl der Verkehrstoten in Europa halbiert werden soll.
Der europäische Halterdatenaustausch ist bei acht als besonders gefährlich eingestuften Verkehrsverstößen möglich. Dies sind
Wird einem deutschen Fahrzeughalter ein entsprechender Verstoß zu Lasten gelegt, so übermittelt das Kraftfahrt-Bundesamt elektronisch die deutschen Halterdaten an die berechtigte Stelle im Ausland. Rechtlich geregelt ist der CBE-Halterdatenaustausch in dem neu geschaffenen § 37b Straßenverkehrsgesetz. Die ausländische Behörde hat dann die Möglichkeit, Folgemaßnahmen zu ergreifen und ein Informations- bzw. Anhörungsschreiben zu übermitteln.
Es gelten die jeweils nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten. Eine Vereinheitlichung hinsichtlich der Art der Verstöße oder des Strafmaßes findet nicht statt.
Wird einem deutschen Fahrzeughalter ein Verkehrsdelikt zur Last gelegt, das nicht in der o. a. Richtlinie genannt ist (z. B. „Falschparken“), so übermittelt das Kraftfahrt-Bundesamt die deutschen Halterdaten an die berechtigte Stelle im Ausland nach wie vor gemäß § 37 Straßenverkehrsgesetz.
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