Es gibt verschiedene Wege, wie das KBA Kenntnis von Risiken und Vorschriftenabweichungen erlangt. Zum einen erfolgt dieses durch Produktprüfungen des KBA in eigenen Prüflaboren, zum anderen durch Meldungen von Herstellern, aber auch aufgrund von Hinweisen aus der Öffentlichkeit und anderer Behörden, Versicherungen und den Medien. Hersteller von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen sind verpflichtet, das KBA zu informieren, sobald sie Hinweise auf entsprechende Mängel an ihren Produkten haben.
Wenn das KBA im Rahmen der Bewertung feststellt, dass von dem gemeldeten Produkt eine ernste Gefahr ausgeht oder das Produkt nicht den geltenden Vorschriften entspricht, fordert das KBA den entsprechenden Wirtschaftsakteur auf, verhältnismäßige Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Parallel erfolgen Meldungen über Safety Gate (ehemals RAPEX) und das Informations- und Kommunikationssystem der Marktüberwachung (ICSMS) zur Information der Öffentlichkeit und der weiteren zuständigen Behörden der EU-Mitgliedstaaten.
Das KBA leitet solche Untersuchungen ein, wenn aufgrund von Mangelmeldungen der Fahrzeughersteller oder eigener Untersuchungsergebnisse das KBA den vorliegenden Mangel hinsichtlich des bestehenden Umwelt- und Sicherheitsrisikos als kritisch bewertet. Weist ein Produkt tatsächlich Mängel auf, so ordnet das KBA gegenüber dem Hersteller an, dass die betroffenen Produktreihen zurückgerufen werden.
Produktmängel können zu unterschiedlichen Gefährdungen und der Nichteinhaltung der gesetzlichen Anforderung führen. Die Rückrufmaßnahmen variieren daher in der Art der Durchführung. Liegt ein ernstes Risiko oder eine Vorschriftenabweichung vor, ist der Rückruf meist das wirkungsvollste Mittel zum Schutz von Fahrzeughalterinnen und -haltern und der Öffentlichkeit. Damit ernste Risiken oder Vorschriftenabweichungen vollständig beseitigt werden können, müssen Fahrzeughersteller für solche Rückrufe die Halteranschriften aus dem Zentralen Fahrzeugregister (ZFZR) des KBA verwenden.
Neben den Herstellern sind im Übrigen auch die Halterinnen und Halter in der Pflicht:
Ist ihr Fahrzeug Gegenstand eines Rückrufs, müssen sie den Mangel in einer Fachwerkstatt beheben lassen. Das KBA überwacht das Rückrufgeschehen. Stellt es fest, dass Fahrzeughalterinnen oder der Fahrzeughalter trotz Aufforderung nicht an der Rückrufaktion teilnahmen, werden diese in Nachfassaktionen erneut aufgefordert, den Mangel beseitigen zu lassen.
Folgen Halterinnen und Halter auch nach mehrmaliger Aufforderung dem Rückruf nicht, informiert das KBA die örtlich zuständige Zulassungsbehörde, die eine Betriebsuntersagung aussprechen und das Fahrzeug aus dem Verkehr ziehen kann. Die obige Darstellung zeigt die Anzahl eingeleiteter Außerbetriebsetzungen, als Folge der Nichtkooperation bei Rückrufaktionen.
Die Definition eines "ernsten Risikos" leitet sich aus § 2 Nr. 22 und 10 Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) und dem § 2 UA 1 des Marktüberwachungsgesetztes (MüG) in Verbindung mit Artikel 3 der Verordnung (EU) 2019/1020 ab.
Ein Risiko ist die Kombination aus der Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gefahr und der Schwere des möglichen Schadens.
Ernst ist jedes Risiko, das ein rasches Eingreifen der Marktüberwachungsbehörden erfordert, auch wenn das Risiko keine unmittelbare Auswirkung hat.
Die Entscheidung, ob ein Produkt ein ernstes Risiko darstellt, wird auf der Grundlage einer angemessenen Risikobewertung unter Berücksichtigung der Art der Gefahr und der Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts getroffen.
Nicht jedes mögliche Risiko ist ein ernstes Risiko. An den folgenden Kriterien können Sie sich orientieren, ob ein ernstes Risiko wahrscheinlich ist:
Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen anwendbarer Rechtsverordnungen werden nicht eingehalten oder Sicherheit und Gesundheit von Personen werden bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung gefährdet und
die Gefährdung tritt plötzlich und unvorhersehbar auf und
die Gefährdung ist für Personen unabwendbar
Das KBA bietet für die Mitteilung möglicher Mängel oder vermuteter Vorschriftenabweichungen mit dem digitalen Mangelmelder eine schnelle und einfache Lösung zur Meldung der Sachverhalte.
Ja, Hersteller, Händler und Importeure sind zur Vornahme einer entsprechenden Meldung bei ernsten Gefahren gegenüber den Marktüberwachungsbehörden und der Typgenehmigungsbehörde und im Falle der Nichtkonformität gegenüber der Typgenehmigungsbehörde verpflichtet. Diese Pflicht ergibt sich zum Beispiel für Pkw und ihre Teile für den Hersteller aus Artikel 14 Abs. 1 UA 2 und 2 der Verordnung (EU) 2018/858.
Wenn die Prüfung des KBA ergibt, dass von einem Produkt eine ernste Gefahr ausgeht oder das Produkt nicht den gesetzlichen Vorschriften, dem sogenannten Harmonisierungsrecht, entspricht, fordert es den Wirtschaftsakteur auf, Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Ergreift dieser solche Maßnahmen nicht, ordnet des KBA beschränkende Maßnahmen zur Beseitigung des Mangels an. Dies kann im Rahmen von Rückrufen, Marktbeschränkungen oder öffentlichen Warnungen erfolgen.
Ja, das KBA ordnet Rückrufe an, wenn der verantwortliche Wirtschaftsakteur nicht durch eigene Maßnahmen sicherstellt, dass ein ernstes Risiko oder eine Vorschriftenabweichung ausreichend schnell und wirksam beseitigt wird.
Zubehör- oder Fahrzeugteilehersteller dürfen keine Anschriften erhalten. Diese sollten erst Kontakt zum betroffenen Fahrzeughersteller aufnehmen, damit dieser den Rückruf durchführt. In besonderen Einzelfällen kann das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) Anschriften ermitteln und selbst die Fahrzeughalter anschreiben.
Bei besonders gefährlichen Mängeln müssen alle betroffenen Fahrzeuge an einer Abhilfemaßnahme teilnehmen. Deshalb meldet das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) am Ende solcher Rückrufaktionen die nicht überarbeiteten Fahrzeuge an die Zulassungsbehörden.
Sie können die Betriebsuntersagung verhindern, wenn Sie Ihr Fahrzeug noch vor Ausspruch der Betriebsuntersagung in einer Werkstatt des Herstellers reparieren lassen und Sie dies der Zulassungsbehörde nachweisen. Näheres erfahren Sie von Ihrer Zulassungsbehörde.
Nicht bei jeder Rückrufaktion nutzen die Hersteller die Halteranschriften des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). Wenden Sie sich deshalb bitte an den Fahrzeughersteller oder den Importeur für Deutschland. Dort wird man Sie über das beabsichtigte Vorgehen informieren.
Unbedingt. Rückrufaktionen werden nur beim Vorliegen eines erheblichen Mangels in Verbindung mit einem ernsten Risiko oder im Zusammenhang mit einer Vorschriftenabweichung durchgeführt. Als Fahrzeughalter sind Sie für den verkehrssicheren und vorschriftsmäßigen Zustand Ihres Fahrzeugs verantwortlich. Zu Ihrer eigenen Sicherheit und der anderer Verkehrsteilnehmer ist die Teilnahme an einem Rückruf verbindlich. Die Nichtteilnahme führt zum Einleiten der Betriebsuntersagung.
Freiwillige Servicemaßnahmen der Hersteller sind von dieser Pflicht unberührt.
Richten Sie Ihre Fragen bitte an den Fahrzeughersteller oder den Importeur für Deutschland. Für die Beurteilung der Betroffenheit eines Fahrzeugtyps stellt Ihnen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zudem die Rückrufdatenbank zur Verfügung.
Teilen Sie bitte dem Fahrzeughersteller oder Importeur die Adresse des neuen Fahrzeugbesitzers mit, dem Sie das Fahrzeug verkauft haben. Sie sollten auch mitteilen, wenn Sie das Fahrzeug verschrottet haben.
Aus Gründen des Datenschutzes können nur Fahrzeugherstellern und Inhabern von Betriebserlaubnissen für Fahrzeuge (Allgemeine Betriebserlaubnis, EU-Typgenehmigung) die Anschriften mitgeteilt werden, wenn ein erheblicher Mangel für die Verkehrssicherheit oder Umwelt vorliegt.
Klären Sie bitte unbedingt vor der nächsten Benutzung Ihres Fahrzeugs diese Frage mit dem Hersteller oder einer von ihm für den Rückruf autorisierten Werkstatt.
Sowohl das Abweichen von gesetzlichen Vorgaben sowie auch das Vorliegen ernster Gefahren stellen Mängel dar, die im Rahmen von Abhilfemaßnahmen seitens der Wirtschaftsakteure beseitigt werden müssen. In beiden Fällen fordert das KBA den Wirtschaftsakteur zu verbindlichen Maßnahmen auf und kann bei dessen Untätigkeit oder ungenügender Kooperation die jeweiligen Maßnahmen auch anordnen.
Mit Produkten verbundene ernste Gefahren weisen jedoch die Besonderheit auf, dass je nach vorliegender Gefahr und Handlungsnotwendigkeit seitens der beteiligten Wirtschaftsakteure eine entsprechend schnelle Beseitigung des Mangels gefordert wird. Dies kann in Ausnahmefällen soweit gehen, dass das KBA den Sofortvollzug der Abhilfemaßnahme anordnet, um die Verbraucher vor Schäden zu schützen.