Abgasthematik
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nimmt eine entscheidende Rolle bei der Aufarbeitung der Dieselthematik ein. Neben den zugrundeliegenden Verwaltungs-, Marktüberwachungs- und Genehmigungsvorschriften ist auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu berücksichtigen.
Zur Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit, z.B. zur Beseitigung von unzulässigen Abschalteinrichtungen, kann das KBA als zuständige Marktüberwachungs- und Typgenehmigungsbehörde nach den Vorschriften der Verordnung (EU) 2018/858 verschiedene Maßnahmen ergreifen. Grundlage hierfür bilden Prüfungen der applizierten Emissionsstrategien, der Software der Motorsteuerung sowie der Emissionsergebnisse der Fahrzeuge.
Auf diesen Seiten werden Fachinformationen, Übersichten und Berichte über betroffene Fahrzeugvarianten und die Wirksamkeit von Software-Updates bei betroffenen Fahrzeugen zur Verfügung gestellt.
Fachinformationen
- Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 dieser Verordnung sei dahin auszulegen, dass eine Einrichtung, die die Einhaltung der in dieser Verordnung vorgesehenen Emissionsgrenzwerte bei normalen Betriebsbedingungen nur innerhalb des Thermofensters gewährleistet, eine „Abschalteinrichtung“ im Sinne dieses Art. 3 Nr. 10 darstellt, welche demgemäß nur unter den in Art. 5 Abs. 2 S. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 genannten Voraussetzungen ausnahmsweise zulässig ist.
- Die Schonung von Anbauteilen wie Abgasrückführventil, AGR-Kühler und Dieselpartikelfilter rechtfertige eine Abschalteinrichtung nicht, es sei denn, es ist nachgewiesen, dass diese Einrichtung ausschließlich notwendig ist, um die durch eine Fehlfunktion eines dieser Bauteile verursachten unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall zu vermeiden, Risiken, die so schwer wiegen, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des mit dieser Einrichtung ausgestatteten Fahrzeugs darstellen.
- Eine Abschalteinrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet ist, könne nicht unter die Ausnahmebedingung für die Zulässigkeit fallen.
- Eine Abschalteinrichtung sei nur dann notwendig im Sinne dieser Bestimmung, wenn zum Zeitpunkt der EG-Typgenehmigung dieser Einrichtung oder des mit ihr ausgestatteten Fahrzeugs keine andere technische Lösung unmittelbare Risiken für den Motor in Form von Beschädigung oder Unfall, die beim Fahren eines Fahrzeugs eine konkrete Gefahr hervorrufen, abwenden kann.
Die Frage nach der Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen im Sinne des Art. 3 Ziffer 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 (Fahrzeugemissions-Verordnung) hat auf Grund einer Reihe von Entscheidungen des EuGH zur Auslegung der Fahrzeugemissions-Verordnung eine steigende Beachtung gefunden.
Dabei hatte sich der EuGH im Jahr 2022 in vier Urteilen (C-128/20, C-134/20, C-145/20, Az. C-873/19) mit Fragen befasst, unter welchen Vorgaben die außentemperaturgeführte Abgasrückführung (sog. Thermofenster) ausnahmsweise zulässig sind.
Im Einzelnen führte der EuGH aus:
Die Anwendung dieser Vorgaben im konkreten Einzelfall sei Aufgabe der national zuständigen Behörden und Gerichte.
Auch wenn die Urteile des EuGH in Ansehung „eines“ Thermofensters ergangen sind, ist die dabei vorgenommene Auslegung auch für andere Abschalteinrichtungen von Bedeutung.
Soweit der EuGH ausführt, dass eine Abschalteinrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, nicht zulässig sein kann, orientiert sich das KBA zur praktischen Auslegung dieser Bestimmung an den Ergebnissen der wissenschaftlichen Studie des „Institute for Energy and Transport“ des „Joint Research Centre“ (JRC) der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2016 (Technical Guidelines for the preparation of applications for the approval of innovative technologies pursuant to Regulation (EC) No 443/2009 and Regulation (EU) No 510/2011), in welcher untersucht wurde, bei welchen Umgebungstemperaturen unter Berücksichtigung der Fahrzeugpopulation und tatsächlichen Nutzungszeiten in den einzelnen Ländern die Fahrzeugnutzung für den gesamten europäischen Raum erfolgt.
Ein Ergebnis der Studie ist, dass die durchschnittliche jährliche Umgebungstemperatur während der tatsächlichen Fahrzeugnutzung bei 12 °C liegt. Aus diesem Grunde geht das KBA bei entsprechend niedrigeren Temperaturen von einer Anwendbarkeit der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 S. 1 der Verordnung (EG) 715/2007 aus.
Soweit eine Abschalteinrichtung nicht den überwiegenden Teil des Jahres aktiv ist, kann diese unter den weiteren Voraussetzungen der Emissionsverordnung zulässig sein. In Betracht kommen hier insbesondere Motorschutzgründe.
Die Abgasrückführung kann aus physikalischen Gründen nicht in allen Fahrsituationen und Umgebungsbedingungen gleichermaßen angewendet werden, weshalb eine Anpassung der Abgasrückführung erforderlich ist. Andernfalls sind Motorschäden insbesondere bei niedrigen Außentemperaturen zu erwarten. Anders als der EuGH geht das KBA aus ingenieurtechnischer und rechtlicher Sicht davon aus, dass es sich unter anderem bei den an der Abgasrückführung beteiligten Bauteilen um dem Motor zugehörige Bauteile handelt, da es sich um wesentliche den Verbrennungsprozess beeinflussende Bauteile handelt. Dies zeigen auch aktuelle wissenschaftliche Studien der Technischen Universitäten Karlsruhe, Darmstadt und Magdeburg sowie der WKM (Wissenschaftliche Gesellschaft für Kraftfahrzeug- und Motorentechnik).
Solche Motorschäden können abhängig von den Fahr- und Umgebungsbedingungen unvorhersehbar, schnell und plötzlich auftreten und können regelmäßig nicht durch ein angepasstes Serviceintervall vermieden werden. Die thermodynamische Komplexität solcher Effekte ist hoch und die Wechselwirkung zu Fahrweisen und Fahrbedingungen lassen eine verlässliche, pauschale Vorhersage der Auswirkungen solcher Schäden nicht zu. In jedem Einzelfall prüft das KBA daher, ob solch ein Fall vorliegt oder die temperaturabhängige Abschaltung zu umfassend, beispielsweise nur zur Verlängerung von Serviceintervallen, gewählt wurde.
Da die Rahmenbedingungen für die diesbezüglichen Entscheidungen des KBA nicht konkret bestimmt sind, führt das KBA umfangreiche Prüfungen im eigenen Abgaslabor und auf der Straße durch. Es besteht ein Spannungsfeld verschiedener Interessen. Dieses zeigt sich auch daran, dass sich das KBA zahlreichen Klagen von Herstellern aber auch von einem Umweltverband ausgesetzt sieht.
Bislang liegen vier Urteile des Verwaltungsgerichts Schleswig mit unterschiedlichen Ergebnissen vor. In zwei Fällen wurde dem KBA Recht gegeben, während in zwei weiteren Fällen das KBA unterlag. In allen Fällen hat die jeweils unterlegene Partei Berufung beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht eingereicht. Die Verhandlungen stehen aus.
Das KBA hat am BMW X3 2,0l Diesel Euro 5 (X3 xDrive20d und X3 sDrive 18d mit Motor N47D20) unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt. Bei den Fahrzeugen erfolgt eine Reduzierung der Abgasrückführung bei eingeschalteter Klimaanlage und bei Außentemperaturen, welche soweit innerhalb des normalen Betriebsbereichs liegen, dass nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes eine Unzulässigkeit vorliegt. Die Fahrzeuge reduzieren damit in unzulässiger Weise die Wirksamkeit ihrer Schadstoffminderung gegen Stickoxide. Betroffen sind rund 33.000 Fahrzeuge in Deutschland. BMW kooperiert mit dem KBA und hat dem KBA einen Maßnahmenplan vorgelegt. Zusammen mit der irischen Typgenehmigungsbehörde NSAI arbeitet BMW bereits seit einiger Zeit an einer Hard- und Softwaremaßnahme, um die beanstandeten Funktionen zu entfernen. Die Hard- und Softwaremaßnahme soll voraussichtlich im Juni 2024 ins Feld gebracht werden.
Die Marktüberwachung des KBA hatte im Frühjahr 2023 bei eigenen Messungen Auffälligkeiten an einem BMW X3 xDrive 20d EU5 festgestellt, daraufhin eine Software-Analyse durchgeführt und im August 2023 ein Anhörungsverfahren gegen BMW eingeleitet. Die betreffenden Emissionstypgenehmigungen wurden seinerzeit durch die irische Typgenehmigungsbehörde erteilt. Die irische Genehmigungsbehörde NSAI und das KBA stehen im engen Austausch.
Mit der neuen EU-Verordnung 2018/858 erhielten die Marktüberwachungsbehörden weiter reichende Befugnisse. Ergänzend dazu erfolgte im KBA der Auf- und Ausbau der Expertise im Bereich der Softwareanalyse. Die damit einhergehenden tiefergehenden Einblicke in die Software- und Programmstruktur der Motorsteuerung und der Abgasnachbehandlung ermöglicht erweiterte Untersuchungen.
Der Bescheid vom 20. Februar 2024, mit dem die Nicht-Konformität festgestellt wird, ist noch nicht bestandskräftig. BMW stehen somit noch Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Bewertung des KBA offen.
Übersichten und Berichte
- Es werden Fahrzeuge aufgeführt, bei denen eine als unzulässig oder vom KBA als kritisch bewertete Abschalteinrichtungen festgestellt wurde. Grundsätzlich sind in jedem Fahrzeug Abschalteinrichtungen vorhanden, die gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 begründet sind.
- Es sind ausschließlich Fahrzeuge betroffen, die alle in der Übersicht genannten Merkmale erfüllen.
- Die Angabe „unzulässige Abschalteinrichtung“ weist darauf hin, dass die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems nach Feststellung des KBA auf unzulässige Weise verringert wurde.
- Nach der Freigabe der technischen Lösung durch das KBA kann der Rückruf zur Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit durch den Hersteller starten. In Abhängigkeit von der Anzahl betroffener Fahrzeuge kann dies einige Zeit in Anspruch nehmen.
- Die Übersicht 2 ist nicht abschließend und wird regelmäßig aktualisiert, da sich weiterhin Fahrzeuge in der Prüfung durch das KBA befinden.
Seitdem das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) im September 2015 erstmals unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 feststellte, ordnete es zu Typgenehmigungen verschiedener Hersteller die Beseitigung derselben und damit Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit in Anwendung des § 25 Absatz 2 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung (EG-FGV) an. Diese Anordnung bildet eine Nebenbestimmung zu der nach wie vor gültigen Typgenehmigung.
Die Zuständigkeit des KBA erstreckt sich dabei ausschließlich auf diejenigen Hersteller, die Ihre Typgenehmigungen durch das KBA erhielten. Die Durchführung von Rückrufen in Zusammenarbeit mit anderen Typgenehmigungsbehörden durch das KBA erfolgt auf Basis Artikel 32 Absatz 2 Satz 3 der Richtlinie 2007/46/EG.
Bitte beachten Sie folgende Hinweise:
Übersicht 1:
Übersicht 2:
Übersicht 3:
Das KBA hat die Wirksamkeit von Software-Updates zur Reduzierung von Stickoxiden an Dieselmotoren vor dem Hintergrund der seit 09/2015 bekannten Diesel-Thematik überprüft. Wie die nun vorliegende Untersuchung zeigt, führt die Durchführung der Software-Updates erkennbar zu einer deutlichen Verringerung der NOx-Emissionen auch ohne den Einsatz eines Nachrüstsystems.
Die Schwerpunkte bei der Betrachtung der von den Herstellern vorgelegten Software-Updates waren neben der Beseitigung gegebenenfalls vorhandener unzulässiger Abschalteinrichtungen die Bewertung von Verbesserungen bei realer Straßenfahrt (RDE) und bei niedrigen Umgebungstemperaturen. Anhand der Auswertungen lässt sich feststellen, dass die Softwareverbesserungen eine durchgehend positive Wirkung auf die Abgasemissionen haben.
Die Untersuchungsmethoden, das Untersuchungsergebnis und weitere umfangreiche Informationen werden der Öffentlichkeit in den hier vorliegenden Berichten
Bericht Wirksamkeit Software-UpdatesPDF, 7MB, Datei ist nicht barrierefrei
zur Verfügung gestellt.
Nachdem die Volkswagen AG (VW) im September 2015 einräumen musste, in ihren in den USA verkauften Dieselfahrzeugen unzulässige Abschalteinrichtungen eingesetzt zu haben, wurde bekannt, dass auch die auf dem europäischen Markt in Verkehr gebrachten Fahrzeuge mit unzulässiger Software ausgestattet wurden – und dies nicht nur durch VW.
Daraufhin setzte der damalige Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, eine „Untersuchungskommission Volkswagen“ ein. In ihrem Auftrag wurden umfangreiche Emissionsmessungen an mehr als 50 Fahrzeugen unterschiedlicher Hersteller durchgeführt um unzulässige Abschaltstrategien sowie Systematiken zur Prüfstands- und Zykluserkennung zu identifizieren.
Im Folgenden werden die Berichte der Untersuchungskommission der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Im ersten Bericht wurden im April 2016 die Ergebnisse der Stickoxid-Messungen (NOx) durch das KBA sowie die dabei ermittelten Auffälligkeiten im Sinne von unzulässigen Abschalteinrichtungen veröffentlicht. Untersucht wurden Dieselfahrzeuge.
Der zweite Bericht gibt Auskunft über den Kohlendioxidausstoß (CO2) der im ersten Bericht untersuchten Fahrzeuge, bei denen auffällige CO2-Ausstöße festgestellt werden konnten.
Die Erstveröffentlichung dieses zweiten Berichts vom 26. Juni 2017 stellte die Ergebnisse der Untersuchungen von Fahrzeugen, bei welchen das KBA Typgenehmigungsbehörde war, sowie derjenigen Fahrzeuge deutscher Hersteller, deren Typgenehmigung von einer anderen europäischen Typgenehmigungsbehörde erteilt wurde, dar.
In der nun vervollständigten Version dieses zweiten Berichts vom 8. April 2020 werden zusätzlich die Ergebnisse der CO2-Untersuchungen an Fahrzeugen ausländischer Hersteller, bei welchen das KBA nicht die zuständige Typgenehmigungsbehörde ist, dargestellt und bewertet.
Weitere Ergebnisse zu Emissionsuntersuchungen anderer Fahrzeuge können Sie in den folgenden Berichten finden.
Bericht Wirksamkeit Software-UpdatesPDF, 7MB, Datei ist nicht barrierefrei
Marktüberwachungsbericht 2019PDF, 965KB, Datei ist nicht barrierefrei
Das KBA hat die Wirksamkeit von Software-Updates zur Reduzierung von Stickoxiden an Dieselmotoren vor dem Hintergrund der seit September 2015 bekannten Diesel-Thematik überprüft. Die nun vorliegenden Untersuchungsergebnisse werden im Ergebnisbericht zur Untersuchung der Wirksamkeit von Software-Updates sowie im Marktüberwachungsbericht 2019 dargestellt.
Fahrzeugvarianten des Volkswagen-Konzerns mit dem Motor EA189
Für die Untersuchungen wurden sogenannte Cluster gebildet. In jedem Cluster sind mehrere Fahrzeuge zusammengefügt, die über dieselbe Leistungsstufe des Motors und ähnliche Identifikationsmerkmale verfügen. Durch das Zusammenfassen von verschiedenen Fahrzeugen mit ähnlichen Motoreigenschaften zu einem Cluster wird der Prüfaufwand verringert. Zur Berücksichtigung der variantenbedingten Streuung, werden verschiedene Fahrzeuge eines Clusters geprüft.
Prüfberichte und Modaldaten zum Motor EA189
Prüfberichte und Modaldaten zu weiteren Fahrzeugprüfungen
Prüfberichte und Modaldaten zu durchgeführten Fahrzeugprüfungen werden an dieser Stelle sukzessive veröffentlicht.