Keine Illusion – das blaue Wunder!

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TEXT Eva Adler | FOTOS Illusionist

Tim Steglich und Max Muggenthaler haben mit „Illusionist“ einen Gin geschaffen, der mit einem besonderen Showeffekt aufwartet: Er wechselt die Farbe. Und von hoher Qualität ist er auch noch. Eva Adler, Leiterin der G&M-Spirituosenverkostung, hat die kleine Firma in München besucht.

Wenn man eine Idee hat und etwas Neues erschaffen will, dann gibt es meist zwei Möglichkeiten: Man kann etwas Etabliertes verändern oder etwas ganz Neues erschaffen.

Die Jungs von „Illusionist“ haben es geschafft, beides zu verbinden. In einer Zeit, in der dem Gin-Hype von vielen Bartendern und Szeneprofis schon ein rasches Wiederabflauen vorhergesagt wurde (wir lagen auch falsch!), machten sich Tim und Max mit ihrer Idee eines eigenen Gins selbständig. Am Anfang auf die einfachste Art, wie man so etwas eben angeht: privat, mit selbst „zusammengeschraubter“ Brennblase und eigenem Rezept, alles in kleinstteiliger Handarbeit. Und ohne familiären Hintergrund.

Tim Steglich und Max Muggenthaler sind eigentlich branchenfremd im besten Sinne – die Idee für den Gin kam privat, die Leidenschaft auch. Die beiden kennen sich von der Uni, beruflich hätte es auch anders laufen können. Aber es kam eben so, und klein blieb der Betrieb nicht lange. Vom Privat-Brennen ging es zuerst in ein kleines Kellergewölbe im Münchner Glockenbachviertel, kurz darauf schon der erste Umzug in größere (und professionellere) Räumlichkeiten. Und heute ist man im Münchener Süden ansässig, mit der Destille, dem Lager, der Abfüllanlage und dem Büro. Sexy ist das vielleicht nicht, aber ehrlich und bodenständig.

Das Produkt ist wirklich zauberhaft

Mag auch die Location nicht die hippe Show-Destillerie sein, das Produkt ist wirklich, nun ja, zauberhaft. Und erfolgreich. Aber warum? „Nur“ Gin war bereits 2015, dem Geburtsjahr von „Illusionist“, kein Verkaufsargument mehr. Es gab ja gefühlt schon alles: kräuterige Noten, klassisch wacholdergeprägter London Dry Stil um regionale Zutaten ergänzt, Bio-Gin, Produkte mit nur fünf oder knapp 50 Botanicals (so nennt der Kenner die Kräuter-, Gewürz-, Blüten- und manchmal auch Fruchtmischung, mit der der Gin aromatisiert wird) und Gin mit kaum wahrnehmbarer Wacholdernote – die Branche hat sich dafür die schmissige Bezeichnung „New Western Style“ einfallen lassen. Was sollte da noch an Neuheit kommen?

Nun ja. Der „Illusionist“-Gin kann nun wirklich etwas, was in Deutschland noch kein anderer Gin vor ihm konnte: Er wechselt die Farbe. Durch einen speziellen natürlichen Farbstoff wird der blaue Gin durch Zugabe von Tonic Water zum hellrosa Longdrink. Stichwort für die Chemiker: PH-Wert-Änderung. Für alle anderen: Wow, it looks like magic! Jetzt könnte man natürlich sagen, ich habe doch schon alles gesehen und getrunken, was wird mich an einem farbwechselnden Erwachsenengetränk begeistern? Aber lassen Sie es mich so sagen: Es ist und bleibt einfach toll. Man muss es ausprobieren – bitte unbedingt in der großen Runde mit Gästen! Und alle dürfen selbst das Tonic angießen. Ich verspreche Ihnen, der Effekt funktioniert. Vielleicht erinnern wir uns da ein bisschen an unsere Kindheit, als wir mit großen Augen in einer Zaubershow saßen.

Was auch funktioniert, funktionieren muss, um ein neues Produkt wirklich nachhaltig am Markt zu etablieren: die Qualität an sich. „Illusionist“ ist kräuterig, leicht ätherisch, mit zarten Lavendel-Noten, einem Hauch von Süßholz an Nase und Gaumen, erfrischenden Zitrusnoten und natürlich der erdigen Note von Wacholder. „Illusionist“ ist nicht nur etwas fürs Auge, sondern auch für den Gaumen.

Ach, übrigens: Falls Sie nicht der größte Gin-Fan sind (oder werden wollen), haben die „Illusionist“-Jungs inzwischen noch ein spannendes neues Produkt im Sortiment: Sentinel Rum – ein Rum, der in einem Ultraschall-Verfahren ein Turbo-Ageing erfährt. 12 Jahre Fasslagerung können in 5 Tagen und 5 Nächten im „Acoustic Refraktor“ simuliert werden. Glauben Sie uns nicht? Da hilft dann leider nur ausprobieren…

Eva Adler, Leiterin Gault&Millau Spirituosenverkostung
Nach einem Ausflug in die Welt der Betriebswirtschaft folgte Eva Adler ihrer Leidenschaft für den Wein und die Spirituose und wurde – nach einer Ausbildung im Wein- und Spirituosenhandel – Sommelière. Für den manchmal notwendigen Perspektivwechsel studiert sie nebenbei Kulturwissenschaften. Heute leitet sie die Gault&Millau Spirituosenverkostung. „Wir legen bei unserer Spirituosenverkostung die gleichen strengen Maßstäbe an wie beim Wein. Konsequente Blindverkostung in Panels von mindestens drei versierten Verkosterinnen und Verkostern, Einteilung der Spirituosen in sinnige und stimmige Flights, Diskussion der Produkte im Panel, neutrale Bewertung der angestellten Produkte und vor allem: Respekt für das Produkt und die Erzeugerinnen und Erzeuger dahinter. Wir denken, dass die Spirituose vor allem eines verdient hat: mehr ernsthafte Aufmerksamkeit.“