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Schwarzes Loch in der Milchstraße entdeckt – „Die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen“

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Inmitten der Milchstraße findet ein Forschungsteam, was bereits seit langer Zeit gesucht wird: ein schwarzes Loch mittlerer Größe – das „fehlende Bindeglied“.

Heidelberg – In der Milchstraße, unserer Heimatgalaxie, gibt es mehr als ein schwarzes Loch – so viel weiß die Forschung bereits seit Jahren. Neben dem supermassereichen schwarzen Loch im Zentrum der Galaxie, das bereits fotografiert wurde, hat ein Forschungsteam erst im aktuellen Jahr ein sogenanntes stellares schwarzes Loch in der Milchstraße gefunden. Die beiden Objekte unterscheiden sich vor allem durch eins: Ihre Masse. Während das supermassereiche schwarze Loch namens Sagittarius A* rund vier Millionen Sonnenmassen hat, ist Gaia BH3 mit nur 33 Sonnenmassen ein regelrechter Zwerg.

Zwischen supermassereichen und stellaren schwarzen Löchern muss es noch etwas geben – mittelgroße schwarze Löcher. Dessen ist sich die Forschung seit langem sicher, konnte ein solches Objekt jedoch bisher nicht nachweisen. Das ist nun gelungen. Ein Forschungsteam unter der Leitung von Maximilian Häberle (Max-Planck-Institut für Astronomie) hat in der Milchstraße ein schwarzes Loch mit mindestens 8200 Sonnenmassen ausfindig gemacht – das bisher fehlende Bindeglied zwischen den beiden extremen Typen schwarzer Löcher. Die Studie wurde im Fachjournal Nature veröffentlicht.

Ein undatiertes Bild aus Aufnahmen des Weltraumteleskops „Hubble“, die im Zeitraum 2002 bis 2023 aufgenommen wurden, zeigt den Kugelsternhaufen Omega Centauri. Das markierte Feld zeigt an, wo sich ein schwarze Loch wahrscheinlich befinden soll. (Archivbild)
Ein undatiertes Bild aus Aufnahmen des Weltraumteleskops „Hubble“, die im Zeitraum 2002 bis 2023 aufgenommen wurden, zeigt den Kugelsternhaufen Omega Centauri. Das markierte Feld zeigt an, wo sich ein schwarze Loch wahrscheinlich befinden soll. (Archivbild) © dpa/ESA/Hubble & NASA, M. Häberle (MPIA)

Schwarzes Loch befindet sich im Zentrum des Sternhaufens Omega Centauri

Das neu entdeckte schwarze Loch befindet sich im Zentrum des Sternhaufens Omega Centauri – einer Ansammlung von etwa zehn Millionen Sternen, die auf der südlichen Halbkugel als Fleck am Nachthimmel sichtbar sind. Das Zentrum dieser Ansammlung ist so dicht, dass es unmöglich ist, einzelne Sterne zu unterscheiden. Astronominnen und Astronomen vermuten schon länger, dass Omega Centauri in seinem Zentrum ein schwarzes Loch beherbergt – nachgewiesen werden konnte das bisher nicht.

Die verschiedenen Typen von schwarzen Löchern

Ein stellares schwarzes Loch entsteht, wenn ein Stern kollabiert: Er stößt seine äußeren Hüllen in einer Supernova ab, der Kern fällt in sich zusammen und wird zu einem extrem kompakten schwarzen Loch. Stellare schwarze Löcher haben Massen von einigen wenigen bis hin zu mehreren zehn Sonnenmassen. Diese schwarzen Löcher sind relativ gut erforscht.

Supermassereiche schwarze Löcher befinden sich im Zentrum der meisten Galaxien – auch im Zentrum der Milchstraße befindet sich ein supermassereiches schwarzes Loch (Sagittarius A*). Wie diese schwarzen Löcher entstehen, ist bisher unklar. Ein supermassereiches schwarzes Loch kann hunderttausend Sonnenmassen und bis zu zehn Milliarden Sonnenmassen haben. Auch sie sind relativ gut erforscht.

Mittelschwere schwarze Löcher wurden von der Forschung bisher als weitere Gruppe vermutet. Sie sollen eine Masse von mehreren hundert bis einigen tausend Sonnenmassen besitzen – genau wie das schwarze Loch im Zentrum von Omega Centauri. Wie genau die mittelschweren schwarzen Löcher entstehen, ist bisher noch unklar – schließlich wurde das erste gerade erst nachgewiesen. Die Forschung geht aber davon aus, dass sie wachsen, indem sie sich kleinere Galaxien einverleiben oder mit größeren Galaxien verschmelzen.

Durch die Analyse von Archivbildern des „Hubble“-Weltraumteleskops gelang es Häberle und seinem Team, einen riesigen Katalog für die Bewegung der Sterne in Omega Centauri zu erstellen. „Die Suche nach schnellen Sternen und die Dokumentation ihrer Bewegung war die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen“, sagt der Forscher in einer Mitteilung. Am Ende der Suche hatte sein Team jedoch gleich sieben Nadeln im Heuhaufen gefunden. Sieben Sterne, die sich verräterisch schnell im Zentrum von Omega Centauri bewegen.

Sieben Hochgeschwindigkeitssterne verraten das schwarze Loch

Diese sieben Sterne ermöglichten es dem Forschungsteam, nachzuweisen, dass sich im Zentrum von Omega Centauri tatsächlich ein schwarzes Loch befindet. Das muss mindestens eine Masse von 8200 Sonnen haben, folgerte das Team aus der Bewegung der sieben Sterne. Nadine Neumayer, eine Co-Autorin der Studie, freut sich: „Bei früheren Studien der Zentralregionen von Omega Centauri konnte man jeweils kritisch nachfragen: Wo sind denn die Hochgeschwindigkeitssterne? Jetzt haben wir die Antwort, und die Bestätigung, dass Omega Centauri tatsächlich ein mittelgroßes Schwarzes Loch enthält.“

Ein Aufnahme des Weltraumteleskops „Hubble“ vom Kugelsternhaufen Omega Centauri. Das Feld markiert die Region, in der sich das schwarze Loch befinden soll. (Archivbild)
Ein Aufnahme des Weltraumteleskops „Hubble“ vom Kugelsternhaufen Omega Centauri. Das Feld markiert die Region, in der sich das schwarze Loch befinden soll. (Archivbild) © dpa/ESA/Hubble & NASA, M. Häberle (MPIA)

Die Forscherin fährt fort: „Mit einer Entfernung von etwa 18.000 Lichtjahren ist dies das nächstgelegene bekannte Beispiel für ein massereiches Schwarzes Loch.“ Zum Vergleich: Das supermassereiche schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße ist rund 27.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Häberle und sein Forschungsteam planen, das Zentrum von Omega Centauri in Zukunft noch genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei helfen soll das „James Webb“-Weltraumteleskop, auf dem das Forschungsteam bereits Beobachtungszeit erhalten hat.

Schwarzes Loch im Zentrum von Omega Centauri ist etwas Besonderes

Bleibt die Frage: Was macht ein schwarzes Loch eigentlich im Zentrum von Omega Centauri? Die Forschung geht davon aus, dass der Sternhaufen einst eine kleine, separate Galaxie war. Als sie mitsamt ihres schwarzen Lochs von der Milchstraße verschluckt wurde, hörte ihre Entwicklung abrupt auf. Daher ist Omega Centauri für die Forschung auch etwas ganz Besonderes: Eine Art Momentaufnahme der Galaxien-Evolution, denn das schwarze Loch hatte nach dem Verschlucken durch die Milchstraße keine Chance mehr, weiterzuwachsen. Es blieb genau so erhalten, wie es existierte, bevor Omega Centauri verschluckt wurde – und zeigt der Forschung erstmals, wie das lange gesuchte „Bindeglied“ schwarzer Löcher aussieht. (tab)

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