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Demokratiegefährdende Konzentration von Vermögen: Können wir uns Reiche noch leisten?

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Demonstration für mehr Umverteilung am 1. Mai in Hamburg.
Demonstration für mehr Umverteilung am 1. Mai in Hamburg. © IMAGO/Moritz Schlenk

Wie wir der wachsenden Ungleichheit und der demokratiegefährdenden Konzentration von Vermögen und Macht entgegenwirken. Die Kolumne „Gastwirtschaft“.

Bürgergeld, Rente, Infrastruktur – nichts bleibt sicher vor Finanzminister Lindners Sparpolitik. Die Folgen sind nicht nur gravierend für unseren Sozialstaat, sondern auch für die Wahlergebnisse. Das bestätigt eine Studie, für die 166 Wahlen in Europa seit 1980 analysiert wurden. Laut dieser Studie führt eine Reduzierung der regionalen öffentlichen Ausgaben um ein Prozent zu einem Anstieg des Stimmenanteils extremer Parteien um etwa drei Prozent.

Die Ampel schaufelt sich damit also ihr eigenes Grab. Die aktuelle Strategie scheint zu sein, sich den Wähler:innen mit rechtem Sprech anzubiedern. Kanzler Olaf Scholz kündigt beispielsweise im „Spiegel“-Interview an: „Wir müssen endlich in großem Stil abschieben“. Das macht die SPD allerdings nicht wählbarer, sondern nur Menschenfeindliches sagbarer.

Hier könnten wir Reiche stärker besteuern

Ganz nach dem Motto „divide and conquer“ (spalte und herrsche) hetzt es Menschen, insbesondere Minderheiten, gegeneinander auf. Es lenkt davon ab, dass es in Deutschland seit 1997 keine Vermögenssteuer mehr gibt und Menschen mit mittlerem Einkommen mehr Steuern zahlen als Spitzenverdiener:innen. Derweil werden Staatsschulden als verschwenderisch und naiv stigmatisiert und behauptet, wir würden jüngere Generationen damit belasten. Dabei ist die Finanzierung von Investitionen durch Schulden finanzpolitische Regierungspraxis. Ist der Zinssatz negativ, wie er es jetzt lange Zeit war, wird das Schuldenmachen finanziell sogar belohnt.

Verschwenderisch sind wir hingegen an ganz anderer Stelle. Die Frage sollte eher sein: Können wir uns Reiche noch leisten? Energiesteuerbefreiung von Kerosin, das Dieselprivileg oder die Steuervorteile für Dienstwagen kosten uns jedes Jahr ein Vermögen. Was wir wirklich endlich brauchen, ist eine Abschaffung von Steuerprivilegien für Überreiche, die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer und eine Reform der Erbschafts- und Einkommenssteuer. Sie sind wichtige Instrumente um der wachsenden Ungleichheit und der demokratiegefährdenden Konzentration von Vermögen und Macht entgegenzuwirken.

Die schwarze Null macht unsere Zukunft nicht lebenswerter, stattdessen brauchen wir bessere Sozialsysteme, eine öffentliche Dasseinsvorsorge für unsere Grundbedürfnisse und mehr Investitionen in Infrastruktur und Klima.

Parwaneh Mirassan arbeitet beim Konzeptwerk Neue Ökonomie zu den Themen sozial-ökologische Transformation und Intersektionalität.

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