1. Startseite
  2. Politik

Hohe Verluste für Putin: Ukrainischer Kommandeur nennt Details zu Russlands verheerender Charkiw-Offensive

Kommentare

Seit gut zwei Monaten versucht Russland in der Region Charkiw vorzustoßen – bisher mit mäßigem Erfolg. Die Verluste im Ukraine-Krieg sind enorm.

Kiew – Anfang Mai starteten Moskaus Truppen im Ukraine-Krieg eine grenzüberschreitende Offensive. Doch trotz des enormen Einsatzes von Mensch und Material seitens Russland kam der Vorstoß in der nordöstlichen Region Charkiw rasch zum Erliegen. Obwohl dort bislang wenig erreicht wurde, war die Operation für Wladimir Putins Truppen extrem kostspielig. Neuen Berichten zufolge betragen die russischen Verluste in dem Gebiet mehr als 90 Prozent.

Russland begann die Offensive am 9. Mai mit einer beträchtlichen Streitmacht und versuchte, die ukrainischen Verteidigungsanlagen nördlich der Stadt Charkiw, in der Nähe von Wowtschansk, zu durchbrechen. Trotz anfänglicher Gebietsgewinne war der Feldzug in Charkiw Anfang Juni aufgrund des erbitterten ukrainischen Widerstands ins Stocken geraten. Dies wurde auch durch ukrainische Angriffe auf Nachschublinien jenseits der Grenze in der russischen Region Belgorod, die zu logistischen Problemen für Putins Truppen führten, erreicht.

Russland setzt im Ukraine-Krieg auf veraltete Taktiken – Putins Verluste sind aktuell extrem hoch

Die Unfähigkeit, die ukrainischen Streitkräfte zu brechen, unterstreiche die anhaltenden Probleme innerhalb Russlands Militärstruktur, so ein Bericht Center for European Policy Analysis (CEPA). Schlechte Planung und Koordination, unzureichende logistische Unterstützung und niedrige Truppenmoral seien hierdurch erneut sichtbar geworden. Trotz der Lehren aus 40 Monaten intensiver Kämpfe stützte sich das russische Militär auf veraltete Taktiken und Ausrüstung.

Russische Soldaten nahe der Front im Ukraine-Krieg
Russische Soldaten nahe der Front im Ukraine-Krieg © Stanislav Krasilnikov/Imago

Laut der New York Times rekrutiert Russland jeden Monat 25.000 bis 30.000 neue Soldaten – ungefähr so viele, wie auf dem Schlachtfeld sterben. Dies habe der russischen Armee ermöglicht, eine Welle nach der anderen auf die ukrainischen Verteidigungsanlagen zu schicken, in der Hoffnung, sie zu überwältigen und die Grabenlinien zu durchbrechen. Von den russischen Soldaten werde die Taktik mit einem Fleischwolf verglichen – während die befehlshabenden Offiziere scheinbar gar nicht bemerken würden, dass sie Infanteristen in den Tod schicken.

Wenig Veränderung im Frontverlauf trotz Fleischwolf-Taktik: Putins Truppen erleiden enorme Verluste

Zeitweise habe sich dieser Ansatz als wirksam erwiesen und der russischen Armee Siege in Awdijiwka und Bakhmut in der Ostukraine beschert. Bei der Offensive auf Charkiw sei er nach Angaben ukrainischer und westlicher Beamter aber weniger erfolgreich gewesen. Zwar habe Russland laut US-Beamten ein wichtiges Ziel erreicht, nämlich die Schaffung einer Pufferzone entlang der Grenze, um den Ukrainern das Eindringen in das Land zu erschweren. Der Ukraine ist es jedoch gelungen, die Front weitgehend zu stabilisieren. Das hat die unmittelbaren Befürchtungen des Westens, Moskau könnte Charkiw, die zweitgrößte Stadt der Ukraine, einkesseln, zerstreut.

Zudem hat das Scheitern des Vorstoßes erneut die Schwäche der Fleischwolf-Taktik offenbart: enorme Verluste für Putins Truppen. Analysten des britischen Militärgeheimdienstes bezifferten die russischen Verluste im Mai auf durchschnittlich 1.200 pro Tag und erklärten, sie seien die höchsten des gesamten Krieges gewesen. Auch in den Folgemonaten sieht die Bilanz nicht viel besser aus.

Ukraine-Krieg für Russlands Soldaten ein Alptraum – aktuelle Zahlen belegen hohe Verluste

Allein seit Anfang Juli belaufen sich die Verluste der russischen Armee in der Region Charkiw auf 2939 Gefallene und 6509 Verwundete, wie The New Voice of Ukraine berichtet. „Das heißt, die geschätzten Verluste des Feindes in unserer Richtung betragen ungefähr 91 Prozent“, so Oberst Viktor Solymtschuk, stellvertretender Kommandeur der „Joint Taskforce Charkiw“, gegenüber dem Blatt. In Wowtschansk hätten die Russen große Teile ihrer 138. motorisierten Gewehrbrigade sowie ihrer 83. und 157. Brigaden verloren. Aufgrund der hohen Verluste sei die russische Militärführung inzwischen gezwungen, Einheiten aus anderen Gebieten abzuziehen und Reserven einzusetzen, so Solymtschuk. Das offensive Potenzial bleibe aber trotzdem groß.

Für die russischen Soldaten ist die Situation ein Alptraum. In einer Videobotschaft, die von der russischen Nachrichtenagentur Astra veröffentlicht und vom britischen Guardian verifiziert wurde, zeichnet Anton Andrejew ein düsteres Bild von der Operation um Charkiw. Der Soldat der fünften Kompanie des 1009. russischen Regiments berichtet dort, wie seine Einheit dezimiert worden sei. Von 100 Soldaten seien nur noch 12 am Leben. „Sie zerstückeln uns einfach. Wir werden bei Tageslicht unter Maschinengewehre und Drohnen geschickt, wie Fleisch. Und die Kommandeure schreien nur ‚vorwärts und vorwärts‘“, so Andrejew. (tpn)

Auch interessant

Kommentare

Teilen