In Frankreich finden Neuwahlen statt. In zwei Runden wird eine neue Nationalversammlung gewählt. Termine, Partei-Bündnisse, Umfragen – eine aktuelle Übersicht.
Paris – Nachdem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron infolge der Europawahl angekündigt hat, die französische Nationalversammlung aufzulösen, steht am 30. Juni die erste Runde der Neuwahlen an. Die Stimmabgabe für die 577 Sitze in der Nationalversammlung finden in zwei Runden statt. Die zweite Runde für die vorgezogene Nationalversammlungs-Wahl findet am 7. Juli statt. 49 Millionen Menschen können in Frankreich ihre Stimme abgeben.
Frankreich ist in Aufruhr – Proteste, prominente Wahlaufrufe und die Sorge vor dem Rechtsruck auf nationaler Ebene. Bei der Europawahl bekam die rechtsnationalistische Partei Rassemblement National mehr als 30 Prozent der Stimmen in Frankreich. Die Partei um Marine Le Pen holte damit mehr als doppelt so viele Stimmen wie Macrons Renaissance-Lager. Für Macron der Grund, Frankreich vor die nationale Wahl zu stellen.
Wahl in Frankreich | |
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Wann sind die Wahltage? | 30. Juni und 7. Juli 2024 |
Wie viele Personen sitzen in der Nationalversammlung? | 577 Abgeordnete |
Vorsitz | Versammlungspräsidentin Yaël Braun-Pivet |
Wahl in Frankreich: Termine, wer zur Wahl steht und wann es Ergebnisse gibt
Die Ergebnisse der EU-Wahl auf den Ausgang der nationalen Wahl zu übertragen, liefert nicht zuletzt aufgrund des französischen Wahlsystems nur ein unklares Bild. Was es über die Wahl der französischen Nationalversammlung zu wissen gibt – ein Überblick:
Termine der Neuwahlen in Frankreich und das französische Wahlsystem
Anders als beispielsweise in Deutschland werden die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung nach einem Mehrheitswahlrecht gewählt. Zwar handelt es sich um eine nationale Wahl, die jedoch auf lokaler Ebene entschieden wird. Frankreich wählt nach Wahlkreisen. Für jeden der Gewinner in den 577 Wahlkreisen wird ein Kandidat oder eine Kandidatin entsandt. Für eine absolute Mehrheit im französischen Parlament sind mindestens 289 Sitze erforderlich.
Rassemblement National: Le Pen hat bereits die Präsidentschaftswahl 2027 im Blick
![Frankreich: Rassemblement National von Marine Le Pen. Frankreich: Rassemblement National von Marine Le Pen.](https://cdn.statically.io/img/www.fr.de/bilder/2024/06/18/93143271/34854354-frankreich-rassemblement-national-marine-le-pen-2lGXQsQNaPcb.jpg)
![Jean-Marie Le Pen Jean-Marie Le Pen](https://cdn.statically.io/img/www.fr.de/bilder/2024/06/18/93143271/34854355-jean-marie-le-pen-1WRzvxLBbVcb.jpg)
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![Marine Le Pen Marine Le Pen](https://cdn.statically.io/img/www.fr.de/bilder/2024/06/18/93143271/34854485-marine-le-pen-2ZY4dB5E8Vcb.jpg)
In der ersten Wahlrunde am 30. Juni können in jedem Wahlkreis beliebig viele Kandidaten ins Rennen gehen. Da in diesem ersten Wahlgang meist kein Kandidat die absolute Mehrheit erhält, findet eine zweite Runde statt. Um sich für die Stichwahl zu qualifizieren, benötigen die Kandidaten in der ersten Runde eine Stimmenmehrheit von mindestens 12,5 Prozent. Mehrheitlich beläuft sich die zweite Runde demnach auf eine Stichwahl zwischen zwei Kandidaten in jedem Wahlkreis. Ins Parlament zieht schließlich ein, wer in dem zweiten Wahlgang am 7. Juli die meisten Stimmen erhält.
Wer sind die Kandidaten der Neuwahlen in Frankreich?
Viel Zeit für Wahlkampf haben die französischen Kandidatinnen und Kandidaten nicht. Nur drei Wochen nach Macrons Ankündigung findet die Wahl statt. Am 17. Juni hat der französische Wahlkampf offiziell begonnen. Bis zum 16. Juni hatten Kandidatinnen und Kandidaten Zeit, sich für die Wahl zu registrieren.
Für den ersten Wahlgang am 30. Juni gibt es 4.010 Kandidaten - 36 Prozent weniger als noch im Jahr 2022. Damit gehen in jedem Wahlkreis durchschnittlich fast sieben Kandidaten ins Rennen. Ein Überblick, wer in Frankreich zur Wahl steht:
Frankreich-Wahl 2024: Emmanuel Macrons Regierungslager – Ensemble
Macrons Lager, Ensemble, tritt bei der Wahl unter dem Motto „Gemeinsam für die Republik“ an. Diese Koalition besteht aus Macrons Partei Renaissance, dem Mouvement démocrate von François Bayrou, Horizons von Edouard Philippe, der Union des démocrates et indépendants und der Parti radical.
In 88 der 577 Wahlkreise verzichtet die Partei auf eigene Kandidaten. Dies solle „im Kampf gegen die Extreme“ helfen, erklärte das Wahlbündnis laut afp.
Ein neues linkes Bündnis: Nouveau Front populaire – Neue Volksfront
Zu dem Wahlbündnis Neue Volksfront haben sich in kurzer Zeit die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI), die Parti socialiste (PS), die Parti communiste français (PCF) und Les Écologistes (EELV) zusammengeschlossen. Das Bündnis schickt in jedem Wahlkreis einen Kandidaten ins Rennen. Demnach kandidieren in 229 Wahlkreise Kandidaten der LFI. Für die PS gehen 175 Kandidatinnen und Kandidaten ins Rennen. In 92 Wahlkreisen kandidieren Vertreter der EELV und 50 Kandidaten gehen für die PCF ins Rennen.
Für die Neue Volksfront kandidiert unter anderem der sozialistischer Ex-Präsident François Hollande. Debatten gibt es um den Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat hat sich als Kandidat für den Posten des Premierministers ins Spiel gebracht, ist für viele Sozialisten und Grüne jedoch nicht akzeptabel. Auf einen gemeinsamen Kandidaten konnte sich das Bündnis bislang nicht einigen.
Le Pens und Bardellas Rassemblement National: Kandidaten der Rechtsnationalisten
Der Parteichef der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National, Jordan Bardella, kündigte 70 gemeinsame Kandidaten mit Überläufern der konservativen Republikaner an. Le Pens Partei setzt in der Wahl scheinbar unter anderem auf Verwandtschaft.
Am rechten Rand tritt Marie-Caroline Le Pen, die ältere Schwester der langjährigen RN-Parteichefin, an. Bardella, der als Kandidat der Rechtsnationalisten für das Amt des Premiers gehandelt wird, tritt selbst nicht an.
Wer für die Republikaner bei der Frankreich-Wahl 2024 kandidiert
Bei den Republikanern kam es in Frankreich vor der Wahl bereits zu Verwerfungen. Die Partei hatte ihren bisherigen Chef, Eric Ciotti, nach seiner Annäherung an den Rassemlement National von der restlichen Parteiführung ausgeschlossen. Ein Pariser Gericht entschied jedoch, dass das Vorgehen gegen die Parteiregeln verstoßen habe. Mit einer Unterschriftensammlung startete die Parteiführung einen neuen Versuch, ihren bisherigen Chef auszuschließen.
Ciotti erklärte unterdessen, mehr als 60 Kandidaten aufgestellt zu haben, die bei der Wahl zur Nationalversammlung von seinen Anhängern und dem Rassamblement National unterstützt würden. Die übrigen Republikaner stellten ihrerseits mehr als 400 Kandidaten auf.
Frankreich-Wahl 2024: Wann es Hochrechnungen und Ergebnisse nach den Neuwahlen gibt
Die Zusammensetzung der französischen Nationalversammlung entscheidet sich erst im zweiten Wahlgang am 7. Juli endgültig. Die Abstimmung in Frankreich endet um 20 Uhr. Dann veröffentlichen Meinungsforschungsinstitute landesweite Prognosen, die auf einer Teilauszählung der Stimmen basieren. Diese sind meist zuverlässig und geben erste Hinweise auf das Endergebnis.
Die offiziellen Ergebnisse werden ab 20 Uhr bekannt gegeben. Die Auszählung der Stimmen erfolgt in Frankreich in der Regel schnell. Die Gewinner der Parlamentswahl werden demnach voraussichtlich am Ende des Abends bekannt sein.
Umfragen zur Frankreich-Wahl: Wie könnten die Neuwahlen ausgehen?
Aktuelle Umfragen zur Wahl in Frankreich deuten auf einen deutlichen Stimmzuwachs für Le Pens Rassemblement National hin. Im Wahltrend im Juni 2024 liegen die Rechtsnationalisten bei 33 Prozent, gefolgt von dem linken Bündnis Neue Volksfront mit 30 Prozent. Macrons Lager Ensemble liegt bei 19 Prozent. (pav mit dpa/AFP)
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