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„Zum Wohle des Landes“: Erster demokratischer Senator fordert Bidens Rückzug

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Nach einigen Abgeordneten der Demokraten im Repräsentantenhaus fordert nun auch der erste Senator Biden zum Rückzug auf. Sein Kandidaten-Podest wackelt.

Montpelier – Die Liste geht weiter: Nach einigen Spenderinnen und Spendern sowie Stimmen aus seiner eigenen Partei wendet sich nun der erste US-Senator gegen den Kandidaten der Demokraten für die US-Wahl: Joe Biden. Die Zeiten sind hart für den amtierenden Präsidenten, der sichtlich bemüht weiter gegen sein Image als „Sleepy Joe“ ankämpft. Insbesondere im Senat bröckelt jetzt aber sein Wahlkampf-Fundament.

„Zum Wohle des Landes fordere ich Präsident Biden auf, aus dem Rennen auszusteigen“, schrieb der Senator des Bundesstaats Vermont, Peter Welch, in einem Meinungsbeitrag für die Washington Post. Er habe zwar „großen Respekt“ vor dem Präsidenten, der das Land „vor einem Tyrannen“ gerettet habe, er sei aber „wie die Leute im ganzen Land“ besorgt über die kommende Wahl.

Peter Welch vertritt zusammen mit Bernie Sanders den Bundesstaat Vermont im Senat. Ab 2007 vertrat er den kleinen Bundesstaat im Nordosten der USA im Repräsentantenhaus. Welch setzt sich für dieselben Themen ein, für die auch Sanders kämpft: Bezahlbare Bildung, bezahlbares Wohnen, Klima und Umwelt, Medicare for All – eine Krankenversicherung, Arbeitnehmer-, Abtreibungs- und LGBTQ-Rechte
Peter Welch vertritt zusammen mit Bernie Sanders den Bundesstaat Vermont im Senat. © AFP

Rücktrittsforderungen an Biden – Pelosi nennt Fragen nach gesundheitlicher Verfassung legitim

„Vermont liebt Joe Biden“, so Welch, „aber die normalen Bürger von Vermont sind besorgt, dass er dieses Mal nicht gewinnen kann, sie haben Angst vor einer weiteren Trump-Präsidentschaft.“ Biden habe in der TV-Debatte eine „desaströse Leistung“ geliefert. „Wir können die berechtigten Fragen, die seit jener Nacht aufgeworfen wurden, nicht ignorieren oder abtun.“

Eine dieser Fragen hat die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, vergangene Woche im Interview mit dem US-Sender MSNBC selbst als legitim formuliert: „Handelt es sich um eine Episode oder um einen Zustand?“ Die Demokratische Abgeordnete betonte dabei, dass beide Präsidentschaftskandidaten, neben Joe Biden also auch der 78-jährige Donald Trump, sich Fragen nach ihrer gesundheitlichen Verfassung stellen müssen.

Bidens Auftritt beim Nato-Gipfel: „Er war absolut spektakulär“

Am Mittwoch (10. Juli) wurde Pelosi in einem weiteren Interview mit MSNBC konkreter: In der „Morning Joe“-Show sagte sie, dass es die Entscheidung des Präsidenten Joe Biden sei, ob er Kandidat bleiben wolle. „Wir alle ermutigen ihn, diese Entscheidung zu treffen, weil die Zeit knapp wird.“

Damit stellte sie Bidens bisherigen Standpunkt infrage: Denn zumindest öffentlich bekennt Biden sich weiterhin zu seiner Kandidatur. In einem Interview mit ABC News am Freitag sagte der Präsident, dass er dann über einen Rücktritt nachdenken würde, „wenn der Allmächtige erscheint“. Beim Nato-Gipfel in Washington hielt Biden dann eine Rede, die vielerorts als besonders „kraftvoll“ betitelt wurde. „Er war absolut spektakulär“, lobte auch Pelosi seinen Auftritt gegenüber MSNBC.

Nancy Pelosi
Nancy Pelosi, die ehemalige Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, bei einer Rede im US-Kapitol © Carolyn Kaster/AP/dpa

Senator Welch fordert Rücktritt von Biden – Bernie Sanders und Gary Peters unterstützen den Präsidenten

Das hielt den Schauspieler und Biden-Unterstützer George Clooney nicht davor ab, sich wie andere große Spenderinnen und Spender aus der Film- und Medienbranche von Biden abzuwenden. „Führende Demokraten – Chuck Schumer, Hakeem Jeffries, Nancy Pelosi – sowie Senatoren, Abgeordnete und andere Kandidaten, die im November zu verlieren drohen, müssen diesen Präsidenten bitten, sich freiwillig zurückzuziehen“, schrieb Clooney in einem Gastbeitrag für die New York Times am Mittwoch. Mit Peter Welch hat das nun der erste Senator getan.

Nicht so Bernie Sanders, der ebenfalls Vermont im Senat vertritt – zwar als Unabhängiger, aber Teil der Demokratischen Fraktion. Laut eigener Aussage steht er hinter Biden. „Präsident Biden kann Donald Trump eindeutig besiegen“, sagte der Ex-Präsidentschaftskandidat am Sonntag in der Sendung „Face the Nation“ des US-Senders CBS News. Auch Senator Gary Peters aus Michigan hat am Mittwoch seine Unterstützung für Biden zum Ausdruck gebracht, wie die Zeitung The Detroit News berichtet. Er glaube, dass der Präsident gewinnen könne, sagte der Senator.

US-Präsident Joe Biden
Mehrere Demokraten fordern den Rückzug von Joe Biden vor der kommenden US-Wahl. © Ting Shen - Pool via CNP/Imago

Demokraten im Senat: Treffen mit Biden-Team geplant

Wie sich weitere Senatorinnen und Senatoren zu Biden positionieren werden, könnte ein geplantes Treffen mit seinem Team beeinflussen: Andrew Desiderio vom US-Nachrichtenportal Puchbowl News hat am Mittwoch auf X mitgeteilt, dass die Senatorinnen und Senatoren der Demokratischen Partei am Donnerstag „ein spezielles Fraktionsmittagsessen abhalten“, um mit Bidens Topberatern Mike Donilon und Steve Ricchetti sowie Wahlkampfleiterin Jen O‘Malley Dillon ins Gespräch zu kommen. Nach deutscher Zeit ist dieses Treffen für 18.30 Uhr angesetzt.

Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, hat sich dem Nachrichtenportal Axios zufolge Spenderinnen und Spendern offen gezeigt, Biden als Präsidentschaftskandidaten auszutauschen. Aus dem Repräsentantenhaus haben einige Abgeordnete Biden bereits aufgefordert, das Präsidentschafts-Rennen zu verlassen. Im Gegensatz dazu hatten Gouverneure der Demokratischen Partei Biden nach einem Treffen vergangene Woche öffentlich den Rücken gestärkt. (ses)

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