Eine Frau in einem grauen Kostüm steht neben ihrem Schreibtisch mit Computerbildschirm und hält sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den unteren Rücken.
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Prävention
Erkenntnisse für mehr Gesundheit mit 50 Plus

Zwei Studien offerieren simple Tipps für gesünderes Älterwerden. Mit wenig Aufwand Bauchfett und Rückenschmerzen entgegenwirken.

20.06.2024

Aktuelle Ergebnisse aus dem Kompetenzcluster der Ernährungsforschung "NutriAct" belegen, dass ein Ernährungsmuster mit hohem Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren das viszerale Fettgewebe – das sogenannte Bauchfett – reduziert. Eine Studie aus Australien kommt zum Ergebnis, dass schon einfaches Spazieren gut gegen Rückenschmerzen helfen kann. Diese Erkenntnisse könnten neue Wege zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und zur Reduktion von Rückenbeschwerden eröffnen. 

Ernährungsmuster mit hohem Anteil an ungesättigten Fettsäuren 

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des "Deutschen Instituts für Ernährungsforschung" Potsdam-Rehbrücke (DIfE) und der "Charité – Universitätsmedizin Berlin" haben die Auswirkungen eines speziellen Ernährungsmusters auf das viszerale Fettgewebe und das kardiometabolische Risikoprofil untersucht. 

Für die dreijährige Ernährungsstudie des Verbundsprojekts "Nutritional Intervention for Healthy Aging: Food Patterns, Behavior, and Products" – kurz NutriAct – seien 502 Männer und Frauen im Alter von 50 bis 80 Jahren per Zufallsprinzip einer Interventionsgruppe oder einer Kontrollgruppe zugeordnet worden. Die Interventionsgruppe sei dem NutriAct-Ernährungsmuster mit einem hohen Anteil an einfach- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, vorwiegend pflanzlichen Proteinen und Ballaststoffen gefolgt. Sie hätten dafür speziell hergestellte Lebensmittel erhalten und innerhalb von 12 Monaten an elf Kleingruppensitzungen einschließlich Ernährungs-, Koch- und Lebensstilberatung teilgenommen. 

Die Kontrollgruppe hingegen habe sich entsprechend den Standard-Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ernährt und ein Jahr lang drei Ernährungsberatungen sowie einige kostenlose konventionelle Lebensmittel erhalten. 

MRT-Untersuchung zeigt weniger Bauchfett 

Zur Analyse des viszeralen Fettgewebes sei bei einer Teilgruppe von 300 Probandinnen und Probanden zu Beginn und nach 12-monatiger Ernährungsintervention eine Untersuchung im Magnetresonanztomographen (MRT) durchgeführt worden. Diese Messmethode sei gegenüber der üblicherweise genutzten Messung des Taillenumfangs viel präziser und gelte als Goldstandard. 

Die MRT-Untersuchung habe eine signifikante Reduktion des viszeralen Fettgewebes bei der Interventionsgruppe gezeigt, während es bei der Kontrollgruppe keine Veränderungen gab. "Diese Reduktion wurde maßgeblich durch die erhöhte Aufnahme von mehrfach ungesättigten Fettsäuren vermittelt und ging mit einer Verbesserung des kardiometabolischen Risikomarkers LDL-Cholesterin einher", sagt Professor Knut Mai, Leiter der Abteilung Humanernährung am DIfE. 

Interessanterweise bestünde dieser Effekt unabhängig vom leichten Gewichtsverlust, der sich in beiden Gruppen gezeigt habe, was die Bedeutung der spezifischen Nährstoffzusammensetzung hervorhebe. Diese Erkenntnisse trügen dazu bei, das Verständnis über die Rolle von bestimmten Nährstoffen und Ernährungsmustern bei der Reduktion des viszeralen Fettgewebes und der Verbesserung des kardiometabolischen Profils zu vertiefen.

Hintergrundinformationen: gefährliches Bauchfett 

Beim viszeralen Fettgewebe, besser bekannt als Bauchfett, handelt es sich um Fettzellen, die unter der Muskelschicht im Bauch liegen und die inneren Organe umgeben. Eigentlich dient es als Energiereserve bei fehlender Nahrung, doch es hat auch zahlreiche negative Eigenschaften. 

So kann es unter anderem die Freisetzung von Entzündungs- und anderen Botenstoffen steigern und gefäßschädigende Blutfette begünstigen. Menschen mit zu viel Bauchfett leiden häufig unter Bluthochdruck und haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleber und Typ-2-Diabetes. 

Obwohl eine Gewichtsreduktion als effektives Mittel zur Verringerung des Bauchfetts angesehen wird, ist der langfristige Erfolg oft begrenzt. Bei älteren Menschen, die per se ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen haben, kann ein Gewichtsverlust hinsichtlich der Muskulatur sogar nachteilig sein. Daher werden in den Leitlinien für ältere Erwachsene ein moderater Kalorienverzicht und eine Aufrechterhaltung der Muskelmasse empfohlen. Der Taillenumfang sollte bei Frauen nicht über 88 cm und bei Männern nicht über 102 cm liegen. Bei größeren Werten liegt eine bauchbetonte Adipositas vor.

Ernährungsempfehlungen für Menschen 50 Plus optimieren 

"Die Ergebnisse sind besonders relevant für ältere Menschen, die ein erhöhtes Risiko für kardiometabolische Erkrankungen haben", erklärt Nina Meyer, Erstautorin der Studie. "Die spezifische Ernährungsweise könnte als präventive Maßnahme gegen solche Erkrankungen dienen, ohne dass eine drastische Gewichtsreduktion notwendig und ein Verlust der Muskelmasse zu befürchten ist." 

Die daraus resultierenden Ernährungsempfehlungen könnten einfach in den Alltag integriert werden und vielen Menschen ab 50 Jahre zugutekommen: "Das NutriAct-Ernährungsmuster kann im Vergleich zu anderen Diätformen einfacher in den Alltag integriert werden und dazu beitragen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der breiten Bevölkerung zu senken", sagt Meyer. 

In zukünftigen Untersuchungen wollen die Forschenden die zugrunde liegenden Mechanismen dieser Effekte weiter aufklären und den Einfluss des Ernährungsmusters auf andere kardiovaskuläre Systeme, wie zum Beispiel die Herzfunktion, genauer analysieren.

Studie: Einfaches Spazieren hilft gegen Kreuzschmerzen 

Laut Report 2023 der "Deutschen Krankenversicherung" (DKV) nähern sich Studienabsolventen mit ihren Sitzzeiten der 10-Stunden-Marke (588 Minuten) und sitzen damit länger als Personen mit niedrigeren Bildungsabschlüssen. Personen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 2.500 Euro sitzen demzufolge deutlich länger als 10 Stunden (618 Minuten). Die Verminderung der täglichen Sitzzeiten reduziere das Sterberisiko und trage dazu bei, zahlreiche Krankheiten, darunter Diabetes, Adipositas, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogar Krebs zu verhindern.

Rückenschwimmen, spezielles Krafttraining oder Pilates: Um ihre Kreuzschmerzen zu lindern, versuchen Menschen vieles. Gerade erst waren die Rückenschmerzen besser geworden, da zwickt es schon wieder im Kreuz: Solche Rückfälle werden viel seltener, wenn die Menschen ausreichend zu Fuß unterwegs sind, wobei schon einfaches Spazieren gut helfen kann. Das legt eine australische Studie nahe, die im Fachjournal "The Lancet" vorgestellt wird. 

Spaziergeh-Programm: an fünf Tagen mindestens 30 Minuten 

Für die Analyse begleitete das Team um Natasha Pocovi von der Macquarie Universität in Sydney 701 unsportliche Erwachsene, die jüngst unspezifische Schmerzen im unteren Rücken hatten, sich nun aber besser fühlten. Eine Hälfte bekam ein Spaziergeh-Programm verordnet, die Kontrollgruppe hingegen keine Aufgaben. Die Orientierungsgröße für das Bewegungsprogramm lautete: an fünf Tagen pro Woche mindestens 30 Minuten gehen. Physiotherapeuten leiteten die Teilnehmenden an und schnitten das Laufprogramm individuell zu. 

Wer sich nach einem solchen Plan bewegte, hatte im Schnitt nach 208 Tagen erneut so schlimme Kreuzschmerzen, dass der Alltag eingeschränkt werden musste. Wer zur Kontrollgruppe gehörte, erlebte das schon nach 112 Tagen. Die Teilnehmenden mit Laufprogramm lebten also durchschnittlich fast doppelt so lange ohne solche Schmerzen, wie Co-Autor Professor Mark Hancock erklärte. Auch hätten sie insgesamt seltener Schmerzen gehabt.

Gehen ist kostengünstig und einfach 

"Wir wissen nicht genau, warum Gehen so gut für die Vorbeugung von Rückenschmerzen ist", so Hancock, "aber wahrscheinlich ist es eine Kombination aus den sanften Schwingungsbewegungen, der Belastung und Stärkung der Wirbelsäulenstrukturen und -muskeln, der Entspannung und dem Stressabbau sowie der Ausschüttung von Wohlfühl-Endorphinen." 

Medizinerinnen und Mediziner empfehlen Menschen mit Rückenschmerzen schon seit Langem, sich regelmäßig zu bewegen und Sport zu treiben. Doch nicht alle Menschen hätten das Geld, die Zeit oder den Zugang zu Trainingsprogrammen, hebt Erstautorin PhD Natasha Pocovi hervor. "Gehen ist eine kostengünstige, leicht zugängliche und einfache Übung." 

In der Studie heißt es zu den Kosten bilanzierend: "Die von uns identifizierten Präventionseffekte scheinen in ihrer Größenordnung vergleichbar mit gruppenbasierten Programmen zu sein, die eine enge klinische Überwachung und höhere Kosten erfordern". 

Die Forschenden hoffen, dass ihre Ergebnisse möglichst vielen Menschen auf der Welt helfen können. Schließlich gebe es weltweit mehr als 600 Millionen Menschen mit Kreuzschmerzen. Nach Angaben der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) litt fast jeder dritte Mensch in Deutschland 2021 unter derart starken Rückenschmerzen, dass deswegen eine Arztpraxis aufgesucht wurde. In der Auswertung waren auch Nackenschmerzen eingeschlossen.

Hintergrundinformationen: 
Kompetenzcluster der Ernährungsforschung

Das Verbundprojekt "Nutritional Intervention for Healthy Aging: Food Patterns, Behavior, and Products" – kurz NutriAct – war eins von vier vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 12 Millionen Euro geförderten Kompetenzclustern der Ernährungsforschung. Zentrales Ziel des 2015 gestarteten Verbundprojekts war es, den Gesundheitsstatus der Fünfzig- bis Siebzigjährigen zu verbessern. 

Dafür bündelte der Forschungsverbund in Berlin/Brandenburg Ernährungsforschung und -wirtschaft. Der wissenschaftliche Vorstand des DIfE, Professor Tilman Grune, leitete den Verbund, an dem über 30 Forschungseinrichtungen und Unternehmen beteiligt waren. Der Förderzeitraum von NutriAct endete mit dem 31.03.2022, die Ergebnisse werden jedoch weiterhin ausgewertet und veröffentlicht.

cva/dpa