Landwirt verlor bei Unfall beide Beine: 26-Jähriger nach Mähdrescher-Drama angeklagt

In drei Metern Höhe musste das Team teils ohne Sicht auf die Gliedmaßen operieren

In drei Metern Höhe musste das Team teils ohne Sicht auf die Gliedmaßen operieren

Foto: Stefan Tretropp

Rostock – Dieser grauenhafte Unfall hat jetzt ein juristisches Nachspiel.

Knapp ein Jahr nach dem schweren Unglück mit einem Mähdrescher in Hohen Luckow (Landkreis Rostock) hat die Staatsanwaltschaft Rostock Anklage gegen einen 26-Jährigen erhoben. Vorwurf: fahrlässige Körperverletzung.

Der Prozess soll am Amtsgericht Rostock erfolgen. Bei dem 26-Jährigen handelt es sich um einen Kollegen des damals 25 Jahre alten Landwirts, der bei dem Unfall beide Beine verloren hatte. Zuvor hatten Ostseezeitung und der NDR über die Anklageerhebung berichtet.

Bei dem Unfall waren nach Polizeiangaben drei Menschen anwesend: neben dem Landwirt ein Mitarbeiter des Agrarbetriebs (25) sowie eine Erntehelferin (24).

Sie wollten frühere Angaben zufolge eine Verstopfung des Korntanks des Mähdreschers beseitigen. Der Landwirt habe diese mit einer Schaufel versuchen wollen und sei dabei in den Trichter des Speichers gerutscht.

Sicherheitsmechanismus umgangen

Die Ermittler vermuteten, dass der Sicherheitsmechanismus des Mähdreschers umgangen worden sein könnte. Sobald der Fahrer aufsteht, sorgt normalerweise ein „Totmannschalter“ dafür, dass sämtliche Systeme abgeschaltet werden. Doch die Helferin war sitzen geblieben, wodurch die Förderschnecken weiterliefen. Inwieweit das absichtlich geschah, war Teil der Ermittlungen.

Erst vier Monate nach dem Drama konnte die Polizei das Unfallopfer vernehmen. Der junge Mann hatte seine Kollegen entlastet und deren Version bestätigt. Außerdem verzichtete er auf eine Strafanzeige.

Auf dem Acker wurde ein provisorischer Operationsplatz eingerichtet

Auf dem Acker wurde ein provisorischer Operationsplatz eingerichtet

Foto: Stefan Tretropp

Operation auf dem Acker

In einem spektakulären Rettungseinsatz war dem Landwirt geholfen worden. Der Akut-Einsatz bei rund 30 Grad dauerte laut Universitätsmedizin Rostock etwa drei Stunden.

Der alarmierte Notarzt kümmerte sich zunächst um die Erstversorgung. Dann wurde Top-Chirurg Prof. Clemens Schafmayer (48) informiert. Der rief sein Team (sechs Ärzte, eine OP-Schwester) aus dem Wochenende zusammen, flog im Rettungshubschrauber zum Weizenfeld.

Zum Teil musste das Team ohne Sicht auf die Gliedmaßen und mithilfe von Taschenlampen operieren. Ärzte und Blutkonserven wurden damals per Hubschrauber eingeflogen.

Fast zwei Stunden dauerte allein die Not-OP, in der der Chefarzt dem jungen Landwirt beide Beine amputierte – und sein Leben rettete.

Inzwischen arbeitet der Geschädigte laut Ostseezeitung wieder in dem Landwirtschaftsbetrieb und fährt mit Prothesen sogar wieder Trecker.

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