Kein großer Eingriff mehr nötig: Schonende Methode bei Herzklappen-OP

Professor Dr. Tibor Kempf, Professor Dr. Johann Bauersachs und Dr. Dominik Berliner (v.li.) von der Medizinischen Hochschule Hannover präsentieren die neue Herzklappe

Professor Dr. Tibor Kempf, Professor Dr. Johann Bauersachs und Dr. Dominik Berliner (v.li.) von der Medizinischen Hochschule Hannover präsentieren die neue Herzklappe

Foto: Karin Kaiser/MHH

Hannover – Über 20 000 Menschen bekommen jährlich in Deutschland eine neue Herzklappe. Denn, wenn die Ventile im Herzen nicht mehr richtig funktionieren, drohen Herzrhythmusstörungen, Schlappheit, Atemnot bis hin zum Tod.

Drei der vier Herzklappen konnten bislang minimalinvasiv (ohne große Operation) ersetzt werden. Doch bei der vierten war eine Operation am offenen Herzen nötig. Ein schwerer Eingriff mit hohem Risiko für den Patienten: offener Brustkorb, stundenlange Beatmung über die Herz-Lungen-Maschine, anschließende Reha. Ärzte der Medizinischen Hochschule Hannover haben jetzt erstmals in Niedersachsen und als eine der ersten Kliniken in Deutschland auch die vierte, sogenannte Trikuspidalklappe, in einer schonenden Mini-OP eingesetzt.

Was macht eine Herzklappe?

Die Trikuspidalklappe ist das Ventil zwischen dem rechten Vorhof und der rechten Herzkammer. Durch sie fließt sauerstoffarmes Blut aus dem Körper in die Herzkammer, wird von dort in die Lungen gepumpt. Die Klappe verhindert, dass das Blut während des Pumpvorgangs zurückfließt. Ist sie undicht, leiden die Betroffenen häufig unter Atemnot, Wasser in den Beinen, Abgeschlagenheit.

Die neue Prothese kann jetzt auch bei der vierten Herzklappe ohne große OP eingesetzt werden

Die neue Prothese kann jetzt auch bei der vierten Herzklappe ohne große OP eingesetzt werden

Foto: Karin Kaiser/MHH

So ging es auch Karin D. (75) aus Hannover: 2019 wurden ihr drei Bypässe gelegt. Während der Reha stellte sich heraus: Auch zwei Herzklappen waren undicht, eine davon die Trikuspidalklappe. Die Patientin: „Ich war nicht mehr belastbar, wurde bei körperlicher Anstrengung schnell kurzatmig.“

MHH-Professor Dr. Tibor Kempf: „Nach genauer Abwägung aller therapeutischen Optionen haben wir uns bei der Patientin für die kathetergestützte Implantation des Klappenersatzes entschieden.“ Das Verfahren ist erst seit Ende letzten Jahres zugelassen. Im März 2024 wurde es bei Karin D. angewandt.

So funktioniert die OP

Die Herz-Spezialisten führen die Prothese mithilfe eines Katheters über einen Zugang an der Leiste durch ein Blutgefäß bis ins Herz. Dort wird sie verankert. Die neue Prothese ist aus Rinder-Bindegewebe aufgebaut und hat außen ein Nitinol-Drahtgeflecht (Nickel-Titan-Legierung).

Infografik: Herzklappen-Ersatz mit dem Katheter

Dieses Geflecht wird für den Transport zum Herz zusammengepresst. Dort angekommen entfaltet es sich. Dr. Dominik Berliner: „Die neue Klappe passt sich den anatomischen Gegebenheiten an und nimmt sofort ihre Funktion auf.“

Schon zwei Tage nach der Implantation der Prothese eines amerikanischen Medizin-Unternehmens ging es Karin D. besser.

Professor Dr. Johann Bauersachs, Direktor der MHH-Klinik für Kardiologie und Angiologie: „Wir hoffen, zukünftig noch mehr Menschen mit dem neuen katheterbasierten System behandeln zu können.“

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