Totschlag von Bad Oeynhausen: Bürgermeister bei Lanz: „Wir sind zu liberal!“

Lars Bökenkröger, Bürgermeister von Bad Oeynhausen, am Mittwochabend bei Lanz

Lars Bökenkröger, Bürgermeister von Bad Oeynhausen, am Mittwochabend bei Lanz

Foto: Markus Hertrich/ZDF

Wird jetzt endlich was passieren?

Zwei Wochen nach dem grausamen Tod des Deutsch-Griechen Philippos T. (+20) im nächtlichen Kurpark von Bad Oeynhausen hat Bürgermeister Lars Bökenkröger (50, CDU) bei Markus Lanz (55) schwere Vorwürfe gegen Politik und Justiz erhoben.

„Wir müssen in allen Situationen konsequenter werden!“, forderte der Stadt-Chef. „Wir sind zu liberal und oft viel zu pädagogisch unterwegs!“

Starke Irritationen

Aber, so Bökenkröger weiter: „Ich habe in der ersten Woche nichts vom Bund gehört. Erst nachdem ich ein Interview gegeben und mich beklagt habe, dass die Kommunen auch hier wieder alleingelassen werden, da kamen dann alle!“

Auch Nancy Faeser (53, SPD) meldete sich mit Verspätung. Dabei hatten gerade die Einlassungen der Bundesinnenministerin, so der Bürgermeister, „für starke Irritationen gesorgt“.

Das stimmte gar nicht!

„Da wurde auf einmal behauptet von Frau Faeser, der mutmaßliche Täter hätte zuvor acht Jahre in einer Unterkunft gelebt“, erinnerte sich Bökenkröger empört. „Nein! In Bad Oeynhausen hat er acht Monate in einem ganz normalen Familienhaus gelebt!“

„Frau Faeser hat sich letzte Woche bei mir gemeldet und das noch mal eingeordnet“, berichtete der Bürgermeister nun bei Lanz über die Einlassungen der Ministerin, „aber das war schon irritierend, denn das stimmte gar nicht!“

Wo ist der Bundeskanzler?

„Was mich erschüttert hat, ist die Gleichgültigkeit, mit der wir nach Bad Oeynhausen zur Tagesordnung übergehen“, urteilte Lanz. „Wo ist die große breite Debatte? Wo ist der Bundeskanzler, wo ist der Bundespräsident? Wo ist jemand, der was anderes sagt als ‚Die Gesellschaft ist schuld, weil sie schlecht integriert hat‘?“

Dazu zitierte der Talkmaster einen Kollegen von der WELT (gehört wie BILD zum Axel-Springer-Verlag): „Harald Martenstein sagt, man möge sich mal vorstellen, es wäre umgekehrt: Drei Brandenburger Rechtsradikale bringen einen jungen Flüchtling aus Syrien um. Dann hätten wir wochenlang, und zu Recht, eine Debatte darüber!“

FDP-Fraktionschef Christian Dürr bei Lanz

FDP-Fraktionschef Christian Dürr bei Lanz

Foto: Markus Hertrich/ZDF

Abschiebungen auch nach Syrien

„Das, was da passiert ist, muss Konsequenzen haben“, forderte FDP-Fraktionschef Christian Dürr (47). „Ich erwarte von meiner Bundesregierung, dass Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien möglich sind!“

Seine Sorge: „Das Wort ‚Integration‘ ist mittlerweile zu einer Art Bringschuld der Gesellschaft geworden. Das halte ich für grundfalsch. Derjenige, der kommt, muss sich auch integrieren WOLLEN!“

Sie wollten eine rauchen

Über das Totschlags-Verbrechen des syrischen Flüchtlings Mwafak Al S. (18) berichtete der Bürgermeister bei Lanz: „Ich habe Montag noch mal mit der Mutter des Opfers telefoniert. Da war ein Abiball, viele junge Leute, wir hatten Stadtfest.“

Seine beklemmende Schilderung: „Das Opfer ist mit einem Freund rausgegangen, sie wollten eine rauchen, sich auf eine Parkbank setzen, nachts um halb zwei. Und da sind sie dann mit dieser Gruppe von zehn Jugendlichen irgendwie aneinandergeraten.“

Das macht mich fassungslos

„Der mutmaßliche Täter hat auf den Philippos eingeschlagen und eingetreten“, berichtete Bökenkröger weiter. „Die Mutter erzählte mir, sie kam raus und hat gesehen, dass der Rettungswagen da war. Das macht mich noch fassungslos, was dort passiert ist, was die Familie miterleben musste!“

Leichtes Spiel für Rechtsradikale

Über die Reaktionen in Politik und manchen Medien auf das Verbrechen urteilte RND-Chefredakteurin Eva Quadbeck (54): „Wir haben uns zu sehr daran gewöhnt. Dann gibt es Bekundungen, aber wirkliche Konsequenzen werden nicht gezogen.“

Und zwar, so ihre Vermutung „auch immer aus Angst, dass die Debatte in die falsche Richtung gehen könnte, dass die Rechtsradikalen ihre Suppe darauf kochen. Aber wenn es nicht den Mut und das Rückgrat gibt, das offen zu besprechen, haben die Rechtsradikalen leichtes Spiel!“

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