Reise-Riese Thomas Cook: Firmen-Zentrale wird Flüchtlingsheim

Thomas Cook vor der Pleite: Dahinter steckten von 1997 bis 2019 die großen deutschen Reisemarken Neckermann und Condor, die den britischen Reisekonzern schluckten, aber seinen Namen annahmen

Thomas Cook vor der Pleite: Dahinter steckten von 1997 bis 2019 die großen deutschen Reisemarken Neckermann und Condor, die den britischen Reisekonzern schluckten, aber seinen Namen annahmen

Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS
Von: Stefan SchlagenhaUfer

Nach 178 Jahren crashte vor fünf Jahren der älteste Reisekonzern der Welt – nach Managementfehlern in Deutschland: Thomas Cook.

Nun wird die Konzernzentrale im hessischen Oberursel, in der einst 2000 Mitarbeiter für das zweitgrößte Touristikunternehmen der Welt beschäftigt waren, zur riesigen Asyleinrichtung – für bis zu 500 Flüchtlinge!

Der rechte Flügel, der aussieht wie ein „H“, wird derzeit zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut, nächste Woche an den Landkreis übergeben

Der rechte Flügel, der aussieht wie ein „H“, wird derzeit zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut, nächste Woche an den Landkreis übergeben

Foto: Joachim Storch

Samstagnachmittag am Thomas-Cook-Platz. Baufahrzeuge kommen im Minutentakt. Hubwagen stehen an den Notausgängen, Dutzende Mitarbeiter bringen alte Büromöbel raus. Neon-Deckenlichter werden abgebaut. In dem Büroflügel, der aus der Luft aussieht wie ein „H“, wie das Symbol eines Hubschrauber-Landeplatzes, laufen die Vorbereitungen für das Flüchtlingsheim, das nächste Woche an den Landkreis Hochtaunus übergeben werden soll.

Durch die Fenster gut zu erkennen: schwarze Metall-Stockbetten mit weißen Matratzen, die noch mit Schutzplastik überzogen sind.

Durch die Fenster sieht man die Stockbetten und noch Aufkleber von „Condor“, das auch zu Thomas Cook gehörte

Durch die Fenster sieht man die Stockbetten und noch Aufkleber von „Condor“, das auch zu Thomas Cook gehörte

Foto: Joachim Storch

AfD-Mann will am Sonntag Landrat werden

In dem Stadtteil Oberursel-Stierstadt, in dem die ehemalige Konzernzentrale steht, leben 5000 Menschen. Jetzt kommen 500 Flüchtlinge dazu, das sind 10 Prozent. Gleich daneben: Eine neue kleine Kita. Fraglich, ob sie die zahlreichen Flüchtlingskinder aufnehmen kann.

Viele Anwohner sind verunsichert. Es gibt keine öffentlichen Informationen, manche glauben, dass alles heimlich ablaufen soll.

In allen vier Geschossen sieht man die Stockbetten durch die Fenster. Davor stehen am Samstagnachmittag Dutzende Handwerker-Autos

In allen vier Geschossen sieht man die Stockbetten durch die Fenster. Davor stehen am Samstagnachmittag Dutzende Handwerker-Autos

Foto: Joachim Storch

Stefan Beitlich von der Oberurseler Bürgerschaft äußerte in den „Taunus-Nachrichten“ den Verdacht, dass die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen gestellt werden solle: „Eine Hinterzimmerpolitik. Eine solche Politik ist Nährboden für die rechte Szene.“

Passenderweise ist am Sonntag Landratswahl im Hochtaunuskreis, dem drittreichsten Landkreis Deutschlands. Der Amtsinhaber von der CDU und eine aussichtslose Kandidatin der Grünen kämpfen gegen einen AfD-Kandidaten. Ist es Angst vor der AfD, dass man es nicht offiziell kommuniziert?

Landkreis-Sprecher Alexander Wächtershäuser sagt auf BILD-Nachfrage: „Die geplante Gemeinschaftsunterkunft ist noch nicht an den Kreis übergeben. Gerne hätten wir die Einrichtung früher in Betrieb genommen, da die Unterbringungsmöglichkeiten im Kreisgebiet ausgeschöpft sind. Es hätte uns die Situation deutlich erleichtert.“ Nächste Woche soll es dann die Informationen und Veranstaltungen für die Öffentlichkeit geben, sagt Wächtershäuser.

Dem Hochtaunuskreis werden pro Woche 30 Flüchtlinge zugeteilt, der Wohnraum ist knapp und überteuert. Wächtershäuser: „Kein Zweifel, wir sind wie so viele Kommunen an einer Belastungsgrenze.“

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