Nach Kalifats-Aufmarsch in Hamburg: Warum kontrolliert die Polizei Islamisten nicht wie Neonazis?

Bei rechtsextremen Demos gibt es Durchsuchungszelte und Ausweiskontrollen

Bei Neonazi-Demos wie hier 2018 in Bielefeld werden die rechtsextremen Teilnehmer in Zelten durchsucht und kontrolliert, bei Islamisten ist das angeblich nicht möglich

Bei Neonazi-Demos wie hier 2018 in Bielefeld werden die rechtsextremen Teilnehmer in Zelten durchsucht und kontrolliert, bei Islamisten ist das angeblich nicht möglich

Foto: Frank Schneider

Legen Polizei und Justiz bei Rechtsextremisten und Islamisten unterschiedliche Maßstäbe an? Die einen werden kontrolliert, die anderen lässt man einfach machen.

Vor Neonazi-Demos sieht man fast regelmäßig sogenannte Durchsuchungszelte.

► Wie zum Beispiel in Dortmund, einer zeitweisen Hochburg von Rechtsradikalen. Polizeipräsident Gregor Lange erklärte 2018 bei einer rechtsextremen Demo unter dem Motto „Europa erwache“, dass „gewaltbereite Verfassungsfeinde keine Chance haben“ in der Demokratie-Hochburg Dortmund.

Bevor die Neonazis auf das Versammlungsgelände durften, wurden sie in zwei Zelten durchsucht, ihre Personalien wurden festgestellt. Der Polizeipräsident begründete das damit, dass man die Teilnehmer auf Waffen und verfassungsfeindliche Symbole kontrollieren müsse. Das sei eine Auflage für die Genehmigung der Demo.

Die Durchsuchungszelte sind Auflagen der Genehmigungsbehörde Polizei, die Verwaltungsgerichte bestätigen das. Aber eigenartigerweise nur bei Rechtsextremen.

Die Durchsuchungszelte sind Auflagen der Genehmigungsbehörde Polizei, die Verwaltungsgerichte bestätigen das. Aber eigenartigerweise nur bei Rechtsextremen.

Foto: Frank Schneider

Ähnliche Bilder auch 2018 in Bielefeld. Bei einem rechtsextremen Aufmarsch für die inhaftierte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck (95) mussten alle Neonazis noch vor dem Hauptbahnhof in ein grünes Zelt, wurden dort gefilmt und von Polizisten durchsucht. Erst danach durften sie an der Demo teilnehmen.

Die Polizei beantragte diese Auflagen, Gerichte genehmigten sie. Obwohl das Bundesverfassungsgericht bereits 2010 entschieden hatte, ohne eindeutigen Verdacht dürfen Polizisten Demonstranten nicht mehr so ohne Weiteres durchsuchen.

Die Berliner Polizei fand das schon damals nicht problematisch, man müsse die bisherige Praxis nicht ändern, man habe bisher auch nur „Vorkontrollen auf der Grundlage eines konkreten Gefahrenverdachts durchgeführt“.

► Bei einer großen Neonazi-Demonstration in Berlin wurden die Teilnehmer in eigens aufgebaute Zelte geführt, wo sie ausführlich durchsucht wurden. Die Auflagen hatte auch dort die Versammlungsbehörde festgesetzt.

Beim Islamisten-Aufmarsch in Hamburg gab es keine Kontrollen, die Polizei stand nur am Rand, falls es zu Ausschreitungen kommt – wie bereits vor einem halben Jahr an derselben Stelle

Beim Islamisten-Aufmarsch in Hamburg gab es keine Kontrollen, die Polizei stand nur am Rand, falls es zu Ausschreitungen kommt – wie bereits vor einem halben Jahr an derselben Stelle

Foto: Blaulicht-News.de

Doch jetzt, wo in Hamburg weit über 1000 aggressive Islamisten aufmarschierten, soll das alles nicht mehr gelten?

Die Demo fand ausgerechnet auf dem Steindamm statt. Dort haben erst vor einem halben Jahr 500 Islamisten mutmaßlich aus dem Umfeld von „Muslim interaktiv“, dem jetzigen Demo-Veranstalter, brutal Polizisten mit Steinen, Flaschen und Latten angegriffen.

Doch angeblich reicht das nicht aus, um mit dieser Erkenntnis eine Demo gewaltbereiter Islamisten zu verbieten.

► Polizeisprecherin Sandra Levgrün zu BILD: „Es müssen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es während der Versammlung zu gewalttätigen Ausschreitungen kommen wird.“ Allein der Verdacht reiche nicht für ein Verbot.

Bei gewalttätigen Ausschreitungen griffen am 28. Oktober auf dem Hamburger Steindamm 500 Islamisten gezielt Polizisten an, warfen Steine und Flaschen auf die Einsatzkräfte

Bei gewalttätigen Ausschreitungen griffen am 28. Oktober auf dem Hamburger Steindamm 500 Islamisten gezielt Polizisten an, warfen Steine und Flaschen auf die Einsatzkräfte

Foto: HamburgNews

Weiter führte die Polizeisprecherin aus, die Forderung nach einem Kalifat sei nicht strafbar. Es habe strenge Auflagen gegeben, z. B. keine Terrorpropaganda, keine Hassparolen, keine Gewalt. Die Islamisten blieben friedlich.

Doch wurden die radikalen Extremisten wenigstens mit Personalien erfasst, wie es üblich ist bei rechtsextremen Demos?

Levgrün: „Einige der Teilnehmenden sind der Polizei aus vorherigen Demonstrationen bekannt. Aber es wurden keine 1250 Identitätsfeststellungen durchgeführt.“ Denn: „Sowohl für eine erkennungsdienstliche Behandlung, als auch für das Videografieren bedarf es einer Rechtsgrundlage.“

Diese Rechtsgrundlage findet die Polizei bei Rechtsextremen richtigerweise immer. Bei Islamisten dagegen eigenartigerweise nicht.

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