BILD trainiert mit dem Heimatschutz, den Freiwilligen der Bundeswehr: „Es lohnt sich, Deutschland zu verteidigen“
Munster (Niedersachsen)/Hamburg – Bäm! Bäm! Bäm! Es dröhnt in meinen Ohren. Drei Schuss Einzelfeuer aus dem G36, dem Sturmgewehr der Bundeswehr. Mein Puls wummert.
Ich, der BILD-Reporter, bin auf dem Truppenübungsplatz Munster – zu Gast bei einer Heimatschutzkompanie aus Hamburg, die hier eine Woche lang übt. Klettern, kriechen, schießen – das ganze Programm, das ein Soldat beherrschen muss.
Meinen letzten Schuss habe ich 1982 abgegeben. Beim Wehrdienst in Stade, in einer Pionier-Kompanie. Für diesen Tag wurde ich extra als Reservist einberufen – Obergefreiter Arndt. Damit ich Uniform tragen darf.
Immer mehr Heimatschützer
Das tun die 35 Teilnehmer am einwöchigen Lehrgang hier alle freiwillig. Sie sind 25 bis 55 Jahre alt und gehören zum Heimatschutz Hamburg. Heimatschützer gibt es immer mehr, rund 4800 sind es inzwischen bundesweit. 240 allein in Hamburg, eingeteilt in zwei Kompanien.
Im Herbst kommt eine dritte Kompanie. Im Frühjahr womöglich eine vierte. Der Standortkommandant von Hamburg, Kapitän zur See Michael Giss (60), sagt: „Je mehr kommen, desto besser. Wir brauchen Leute, die freiwillig ihren Verteidigungsbeitrag leisten wollen. Gerade in diesen Zeiten.“
Bedrohung durch Putins Russland
Giss spricht damit die gestiegene Bedrohungslage durch Putins Russland an, die seit dem Ukraine-Krieg für ein neues, vor allem besseres Verhältnis der Bevölkerung zur Bundeswehr gesorgt hat.
Und für den Zulauf bei den Heimatschutzkompanien. Deren Soldaten sind – strikt regional getrennt – für den Schutz der kritischen Infrastruktur zuständig: Häfen, Flughäfen, Wasserwerke, Brücken. Bewaffnet sind sie mit dem G36, der Pistole P8, dem MG3.
Wer verteidigen will, muss üben. Das tut eine acht Mann starke Gruppe in Munster gerade auf einer Hindernisbahn. Schmale Metallstreben hochklettern, durch dunkle Röhren kriechen, über sieben Meter hohe Betonbrüstungen balancieren. Der Schweiß fließt.
Der Ton ist rau, aber herzlich: „Halten Sie den Ar … unten“, brüllt eine Ausbilderin im Range eines Stabsfeldwebels. „Jawohl“, tönt es artig zurück. Kraftausdrücke nimmt hier niemand übel.
Auch nicht Unteroffizier Sophie M. (25). Sie ist Meeresbiologin. Nach dem Abi wollte sie eigentlich Entwicklungshilfe machen, machte dann aber ein Jahr freiwilligen Wehrdienst. Dann Studium.
Seit 2021 ist sie beim Heimatschutz: „Für mich ist das kein Opfer. Das ist wertvolle Zeit. Die Kameradschaft hier ist unbezahlbar.“
Obergefreiter Jan B. (44) hat im Jahr 2000 den Wehrdienst verweigert und stattdessen Zivildienst geleistet. Der Ukraine-Krieg hat seine Sicht verändert.
Er meldete sich, machte eine Kurzausbildung für Ungediente. Der selbstständige Grafik-Designer ist nun überzeugt: „Unsere Gesellschaft muss wehrbereit sein.“
Das denkt auch Hauptgefreiter Fabian T. (25). Er arbeitet in der Luft- und Raumfahrt, hat nach dem Abi 18 Monate Wehrdienst geleistet.
Etwa zehnmal im Jahr übt er mit der Truppe: „Heimatschutz ist ein Erlebnis. Nichts, was wir in Deutschland haben, ist alltäglich oder selbstverständlich. Das lohnt, es zu verteidigen.“
Obergefreiter Benjamin D. (40), im Zivilleben Geschäftsführer einer Baufirma, sagt es so: „Deutschland war gut zu mir. Also gebe ich etwas zurück.“
Sie alle dienen gern. Das spürt man. Ich, der BILD-Reporter, bin beeindruckt von Ernsthaftigkeit und Hingabe der Heimatschutz-Soldaten.
Ein Grund, dankbar zu sein – und viel wichtiger, als dass meine Schüsse mit dem G36 alles Treffer waren.