Hitze in der Stadt Warum es in Städten besonders heiß ist - und was dagegen hilft

Von: Delia Friess

Stand: 20.06.2024

Im Alltag denkt ihr vielleicht nicht daran. Noch nicht. Doch wenn die Temperaturen durch den Klimawandel steigen, dann wird es vor allem in den Städten heiß. Wir erklären, warum das so gefährlich ist - und welche Lösungen es gibt.

Ein Mann sitzt im Sommer auf einer Wiese. Links neben ihm ist ein Betonbau zu sehen. Rechts daneben steht ein Hochhaus mit grünen Fassaden und bepflanzten Balkons. In der Stadt wird es oft heißer als auf dem Land. Hitzeinseln entstehen auch durch die Bauweise der Städte. Die positive Nachricht: Es gibt Lösungen.  | Bild: colourbox.com

Hitze: Warum es schon jetzt in Städten heißer ist

Brütende Hitze, wenig Schatten, dazu Großstadtlärm und Smog: Die Sommer in unseren Städten werden immer heißer - und anstrengender. In Städten ist es schon jetzt oft wärmer als auf dem Land. In Deutschland gilt eine Stadt ab 100.000 Einwohnern als Großstadt. Aber auch in mittelgroßen Städten ab 20.000 oder in Kleinstädten ab 5.000 Einwohnern wird es heißer. Der Grund: Der Helmholtz Klimainitiative zufolge kommt es durch den Klimawandel häufiger zu Hochdruckwetterlagen. Architektur und Baumaterialien tragen oft zusätzlich dazu bei, dass sich Städte aufheizen. Weil es in Städten oft heißer ist als auf dem Land, spricht man auch von "Hitzeinseln".

Als "heißer Tag" wird dem Deutschen Wetterdienst zufolge ein Tag bezeichnet, an dem die Lufttemperatur bei 30 Grad Celsius oder höher liegt. Von Sommertagen ist die Rede, wenn die Temperatur bei 25 Grad Celsius oder höher liegt. Karlsruhe, Frankfurt am Main, München und Berlin haben in den vergangenen Jahren deutlich mehr Hitzetage erlebt. Der Deutsche Wetterdienst berechnete, dass sich beispielsweise in München die Anzahl der Sommertage in Zukunft sogar nochmal verdoppeln könnte. In rund 730 Städten weltweit ist in den vergangenen Jahren die Durchschnittstemperatur um 1,5 Grad Celsius auf 23 Grad Celsius gestiegen. Das bereitet Forschenden bereits Sorgen. Der Helmholtz Klimainitiative zufolge kann der Temperaturunterschied in großen Städten im Vergleich zum Land sogar bis zu 10 Grad Celsius betragen. Aber auch, wenn tagsüber der Temperaturunterschied zwischen Stadt und Land eher gering ist, kann es in den Nächten richtig heiß werden - vor allem, wenn sie wolkenfrei und windstill sind. Erreichen die Temperaturen nachts 20 Grad Celsius oder mehr, spricht man auch von sogenannten "Tropennächten".

Video: Was Städte aufheizt und wann Wasser hilft

Im Überblick: Was Hitze in Städten verstärkt und lindert

Der Wärmeinseleffekt in Städten ist umso stärker, je dichter die Gebäude in der Stadt nebeneinander gebaut sind. Mehrere Faktoren spielen dabei eine Rolle:

  • Materialien wie Beton, Glas oder Metall speichern Wärme. Städte kühlen deshalb nachts langsamer wieder ab. Die gespeicherte Wärme steigt am Abend auf und sorgt für hohe Temperaturen in der Nacht. Versiegelte Flächen heizen sich aber nicht nur schnell auf. Bei Starkregen kann das Wasser zudem nicht abfließen. Das wiederum kann zu Überschwemmungen führen.
  • Ist eine Stadt stark bebaut, kann auch die Luft nicht gut zirkulieren: Kühlender Wind kann deshalb die Straßen nicht ausreichend belüften.
  • Die Farben von Gebäuden können Hitze in der Stadt verstärken: Dunkle Farben wie Schwarz, Grau oder Rot nehmen Sonnenlicht stärker auf. Beton ist außerdem ein umweltschädliches Material, da bei der Herstellung die knappe Ressource Sand genutzt wird.

Diese Bauweisen lindern Hitze in der Stadt:



  • Dächer und Balkons mit Pflanzen, grüne Fassaden und fließende Wasserquellen in der Stadt helfen gegen Hitze. Wenn Wasser verdunstet, wird es kühler. Auch Pflanzen tragen zu diesem Effekt bei, indem sie Wasser über die Blätter verdunsten lassen. Bäume und Grünanlagen spenden außerdem Schatten und reinigen die Luft.
  • Mithilfe von freien Flächen, sogenannten Frischluftschneisen, die auch leicht begrünt sein können, zirkuliert die Luft in der Stadt besser: Kalte Luft aus dem Umland kann in die Stadt strömen. Dadurch sinkt auch das Risiko für Luftverschmutzung, da Schadstoffe abtransportiert werden. Auch tiefere Straßendämme tragen dazu bei, dass die Stadt besser durchlüftet wird. Mehr Fußgängerzonen und Radwege sorgen für weniger Treibhausgase und Smog.
  • Fassaden in Weiß, Grün oder Blau heizen das Gebäude weniger auf, da helle Farben Sonnenstrahlen reflektieren. Das nennt sich Albedo-Effekt. Andere Materialien wie Holz, Tonziegel oder Kalkstein sind teilweise umweltfreundlicher als Beton. Forscher entwickeln jedoch auch bereits Beton, der umweltfreundlicher produziert wird.

Hättet ihr's gewusst? Hitze in Städten ist auch ein soziales Problem

Ein Hochhaus aus Beton ragt in den Himmel hinein. Gebäude aus Beton speichern Wärme und erhöhen die Hitze in der Stadt. In der Stadt wird es oft heißer als auf dem Land. Hitzeinseln entstehen auch durch die Bauweise der Städte. Die positive Nachricht: Es gibt Lösungen.  | Bild: colourbox.com

Beton und wenig Schatten tragen zu Hitze in der Stadt bei.

Bis 2050 werden Schätzungen zufolge zwei Drittel aller Menschen auf der Erde in Städten leben.
Der globale Süden ist von Hitzewellen stark betroffen. Auch in Europa sind einige Stadtbewohner besonders anfällig für die Folgen von Hitze - beispielsweise durch schlechte Wohnbedingungen: Aufgrund ihrer Bauweise heizen sich einige Gebäude schneller auf, da Materialien wie Beton die Wärme speichern. Und: Nicht überall gibt es Klimaanlagen. Klimaanlagen sind teuer und aufwändig einzubauen. Zusätzlich verbrauchen sie viel Energie. Architekten und Klimaforscher suchen deshalb nach Strategien, wie sich Städte umweltfreundlich an hohe Temperaturen anpassen können. Stadtplanung und Baumaterialien sind dabei entscheidend, wie gut Städte für Hitze und Extremwetter gerüstet sind.

Video: Wie die Hitze in Städten reduziert werden kann

Gesundheit und Hitze: So gefährlich ist Hitze für den Körper

Eine Frau steht im Freien in der Sonne und fächelt sich Luft zu. Hitzewellen treffen Städte besonders. In der Stadt wird es oft heißer als auf dem Land. Hitzeinseln entstehen auch durch die Bauweise der Städte. Die positive Nachricht: Es gibt Lösungen.  | Bild: colourbox.com

Hitze ist anstrengend und kann sogar gefährlich sein. Hohe Temperaturen sind besonders in Städten ein Problem.

Vielleicht habt ihr die Folgen von hohen Temperaturen auch schon zu spüren bekommen: Hitze schlaucht und nachts schlafen wir schlechter. Weltweit ist die Belastung durch Hitze gestiegen: Wir können nicht mehr so produktiv arbeiten, wir bewegen uns weniger und wegen Hitze drohen auch gesundheitliche Folgen. Dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge gehört Deutschland nach Italien und Spanien zu den drei Ländern mit den höchsten Anzahlen von hitzebedingten Todesfällen in der Europäischen Union. Laut Bundesumweltamt sind ältere Menschen ab 65 Jahren stärker durch Hitze gefährdet, da die Selbstkühlung des Körper durch Schwitzen im Alter nicht mehr so gut funktioniert wie bei jüngeren Menschen.

Eine Studie des Helmholtz Zentrum München und der Universität Augsburg aus dem Jahr 2024 kam zu dem Ergebnis, dass sich das Risiko für einen Schlaganfall durch Hitze erhöht. Die Wissenschaftler haben Daten der vergangenen 15 Jahre aus der Region Augsburg ausgewertet. Neben älteren Menschen über 65 Jahren und Frauen seien auch jüngere Menschen und Männer gefährdet, einen Schlaganfall infolge von nächtlicher Hitze zu erleiden. Hitze führt außerdem oft dazu, dass sich bestehende Krankheitsbilder verschlimmern, sagt der Mediziner Oliver Opatz, der am Institut für Physiologie der Charité Berlin erforscht, wie Menschen auf eine extreme Umwelt reagieren. Besonders gefährdet seien Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen, Nierenerkrankungen oder auch der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), die im höheren Alter viele Raucher treffe. Die Hitze trifft vor allem Menschen, die besonders anfällig sind: "Es gibt ein Riesenproblem bei älteren Leuten", sagt Opatz. Ausschlaggebend ist dabei weniger das Alter in Jahren als vielmehr das biologische Alter. "Alt ist man, wenn die Leistungsfähigkeit des Körpers signifikant abnimmt. Das kann bei manchen mit 60 der Fall sein, bei anderen mit 70, 80 Jahren. Aber auch ein 40-Jähriger kann schon schnaufen wie ein D-Zug", erklärt der Mediziner. Mit jedem extremen Hitzetag und jedem extra Grad erhöht sich außerdem das Risiko für eine Frühgeburt. Eine Studie vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) aus dem Jahr 2023 mit Daten von über 42.000 Schwangeren aus 20 Jahren habe gezeigt, dass schon Hitzestress von 30 Grad zu einer Erhöhung des relativen Frühgeburtsrisikos um 20 Prozent führt. Ein bis zwei heiße Tage könnten Mütter gut überbrücken, aber folge ein dritter, vierter, fünfter Tag ohne Abkühlung, setzten vermehrt vorzeitige Wehen ein.
Mit höheren Temperaturen steigen außerdem die Risiken für die Verbreitung von Krankheitserregern, invasiven Arten und die Entstehung von Pandemien. Vor den direkten Folgen von Hitze könnt ihr euch im Alltag aber schützen.

TIPPS UND TRICKS: So schützt ihr euch vor Hitze

  • Wenn ihr schwitzt, verliert ihr Flüssigkeit. Deshalb ist es wichtig, ausreichend zu trinken - mindestens zwei Liter am Tag. Ältere Menschen haben ein geringeres Durstempfinden, sollten aber trotzdem genügend trinken. Wenn ihr in der Stadt unterwegs seid, solltet ihr immer etwas zu trinken dabeihaben. Sind die Getränke zu kalt, sorgt euer Körper dafür, dass ihr noch mehr ins Schwitzen kommt. Lauwarme Getränke wie Leitungswasser sind bei Hitze ideal. Das könnt ihr auch in wiederverwertbaren Trinkflaschen aus Stahl oder Glas mitnehmen. Damit reduziert ihr gleichzeitig euren Plastikverbrauch.
  • Durch die Hitze verliert euer Körper Mineralien und Salze. Durch salzhaltige Lebensmittel könnt ihr das ausgleichen. Mit leichter Kost wie Gemüse, Salate und Obst führt ihr eurem Körper wieder wichtige Mineralstoffe und Vitamine zu.
  • Sonnenschutzmittel schützt euch vor UV-Strahlung, die euren Augen und eurer Haut schaden. Zu viel Sonne kann eurer Haut aber nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig schaden, da sich das Hautkrebsrisiko durch lange Sonnenbäder erhöht. Haltet euch auch in der Stadt im Schatten auf. Leider schützt auch ein bewölkter Himmel nicht vor UV-Strahlung. Mit einer Kopfbedeckung und Sonnenschutzmittel schützt ihr euch ergänzend.
  • Dunkle Kleidung schützt übrigens besser vor UV-Strahlung als helle. Helle Farben hingegen reflektieren das Sonnenlicht. Ausschlaggebender beim Schutz vor UV-Strahlung ist jedoch etwas anderes: Je dichter der Stoff gewebt ist, desto stärker der Schutz. In welcher Farbe ihr mehr schwitzt, hängt aber davon ab, wie locker die Kleidung sitzt. Weite Kleidung aus Material wie Leinen ist angenehmer, da sie die Haut atmen lässt. Auch wenn ihr bekleidet seid, solltet ihr auf Sonnencreme nicht verzichten. Ergänzend gibt es auch spezielle UV-Schutzkleidung.
  • Kühlt eure Handgelenke und Unterarme mit lauwarmem Wasser aus Sprühflaschen ab. Das erfrischt und spart mehr Wasser als Duschen. Auch ein Fußbad wirkt bei Hitze erfrischend.
  • Elektrische Geräte sorgen dafür, dass es in einem Raum wärmer ist. Wenn ihr sie nicht nutzt und den Stecker zieht, spart ihr zusätzlich Strom.
  • Lüftet am frühen Morgen, wenn es kühler ist. Dunkelt eure Fenster mit möglichst hellem Material ab, damit es in eurem Zuhause angenehm kühl bleibt. Dabei sollte der Sonnenschutz möglichst außen liegen, damit die Hitze erst gar nicht in den Raum gelangt.
  • Achtet auf andere: Lasst Menschen oder Hunde nicht alleine im Auto. Die Temperaturen im Fahrzeug können sehr schnell sehr hoch werden.
  • Hängt euch nachts ein feuchtes Handtuch an euer Fenster. Durch die Verdunstung des Wassers kühlt die Luft ab.


Quellen: Verbraucherzentrale.de / Bundesamt für Katastrophenschutz / Hitzeknigge Bundesumweltamt / Bundesamt für Strahlenschutz

Zukunft der Städte: Konzepte gegen Hitze und Starkregen

An einem Hochhaus sind die Fassaden mit Pflanzen bedeckt. Grüne Fassaden reduzieren die Hitze in der Stadt. In der Stadt wird es oft heißer als auf dem Land. Hitzeinseln entstehen auch durch die Bauweise der Städte. Die positive Nachricht: Es gibt Lösungen.  | Bild: colourbox.com

Grüne Fassaden - auch an Hochhäusern - sorgen dafür, dass Städte abkühlen.

Die Schwammstadt:

Das Stadtkonzept wirkt wortwörtlich wie ein Schwamm: Das Wasser versickert, verdunstet oder wird gespeichert. Dächer mit Beeten, grüne Balkons und bepflanzte Fassaden helfen, dass Wasser verdunstet und es kühler wird. Aber auch der Lebensraum unter der Erde erhält in der Schwammstadt mehr Raum: Die Oberflächen werden weniger zubetoniert und die Baumwurzeln bekommen mehr Platz. Mulden und Zisternen speichern das Regenwasser, das in Trockenphasen dann Bäume und Pflanzen versorgen soll. Auffangbecken unter der Erde, sogenannte Rigole, speichern Regenwasser, lassen das Wasser versickern oder leiten es langsam in die Kanalisation ab. Damit sollen Kanäle weniger überlastet werden. In der Schwammstadt soll so Überschwemmungen vorgebeuget werden. Klimaforscher befürchten in Zukunft nämlich häufiger Starkregen.

Smart Cities:

Weniger Straßen und eine Stadtplanung, die digitale Technologien, erneuerbare Energien und Grünflächen kombiniert: E-Mobilität, Car-Sharing-Angebote oder unterirdisches Müllmanagement - die Smart City beruht auf dem Zusammenspiel von mehreren Elementen. Und: Es gibt auch futuristische Konzepte von Planstädten, in denen autonomes Fahren und Flugtaxis zur Normalität werden.

Stadtbäume der Zukunft:

Bäume leiden unter Hitze und Trockenheit. Wissenschaftler suchen deshalb nach den anpassungsfähigsten Baumarten für Städte. In einem Modellprojekt über Stadtbäume der Zukunft fanden sie heraus, dass sich Baumarten in den verschiedenen Städten unterschiedlich gut an hohe Temperaturen anpassen. Untersuchungen zeigten, dass rund 40 Prozent Grünflächen den Hitzestress im Sommer auf die Hälfte reduzieren können. Demnach sei es aber wichtig, neben Bäumen auch andere Pflanzen einzusetzen, da Baumkronen an bestimmten Stellen in der Stadt verhindern, dass die teilweise schadstoffreiche Luft richtig abgeführt werden kann. Welche Pflanzen besonders hitzeresistent sind, erfahrt ihr hier.

Video: Wie die Schwammstadt bei Extremwetter hilft

Klimawandel: Individuelle Lösungen für jede Stadt

Die Beispiele machen deutlich, dass für jede Stadt ein individuelles Konzept sinnvoll sein kann. Experten arbeiten auch daran, bei Neubauten Aspekte wie Brandschutz und optimale Bepflanzungen mitzudenken und bei älteren Gebäuden sinnvoll zu ergänzen. Fakt ist: Durch einen ungebremsten Klimawandel werden die Temperaturen weiter steigen - auch in eurer Stadt.

Quellen und Sendungen: Mehr Infos über Hitze in Städten

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