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Der Videoschiedsrichter macht den Fußball bei der EM 2024 fairer – aber nicht immer besser

Beim Fußball geht es nicht nur um Tore, sondern auch um Titel und viel Geld. Dass moderne Technologie eingesetzt wird, um die Einhaltung der Regeln zu gewährleisten, findet unser Autor deswegen richtig. Ein Fan des Videoschiedsrichters ist er dennoch nicht.

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Schiedsrichter Michael Oliver malt das berühmte Viereck in die Luft und gibt kurz darauf Strafstoß für Deutschland. (Foto: Picture Alliance/Reuters | Thilo Schmuelgen)

Nach für Fans historischen Ereignissen wie dem Wembley-Tor und der Hand Gottes hat es nun der Fuß Delaneys in die Annalen des Weltfußballs geschafft. Schließlich waren die Zehen des dänischen Nationalspielers Thomas Delaney im Viertelfinale der EM gegen Deutschland nur einige Millimeter im Abseits, als er den Pass auf Joachim Andersen spielte. Dieser erzielte im Anschluss den vermeintlichen Führungstreffer. Noch vor ein paar Jahren hätte die Nationalelf dann einen Rückstand aufholen müssen. Gleiche Höhe oder „im Zweifel für den Angreifer“, hätte man damals gesagt.

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Heute gibt es keine Zweifel mehr

Heute gibt es diese Zweifel durch den Einsatz des Video Assistant Refree (VAR) nicht mehr. Dieser Videoschiedsrichter schaut sich Tore und andere strittige Szenen wie Platzverweise im Nachgang noch einmal genau an. Dabei ist der Offizielle im internationalen Übertragungszentrum in der Leipziger Messehalle (dem EM-Gegenstück zum Kölner Keller) nicht allein. Operatoren helfen bei der Bildauswahl, moderne Technologien lösen strittige Szenen auf.

Dazu zählt neben der Torlinientechnik und dem Chip im Spielball auch die semiautomatische Abseitserkennung. Anhand von Spezialkameras im Stadion lässt sich blitzschnell erkennen, ob ein Spieler im Abseits stand. Und diese Erkennung schlug auch im Falle Delaneys zu, der vielleicht nur mit dem großen Zeh, aber eben doch im Abseits stand.

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Natürlich ist es verständlich, dass Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand im Nachgang nicht gut auf den VAR zu sprechen ist. Im ZDF stellte er die Genauigkeit des Systems infrage: „Ist die Technik so genau? Lässt sich der Zeitpunkt des Abspiels so genau bestimmen?“ Mithilfe der Abseitserkennung und des Chips im Ball, der genau diese Daten erhebt, geht das. Der Chip im Ball sprang übrigens nur Augenblicke später an, als Andersen das Spielgerät im Strafraum am abgespreizten Arm traf. VAR, Elfmeter, Havertz, 1:0.

VAR kann Spiele fairer machen

Für alle Beteiligten – nicht nur Spieler, Trainer und Schiedsrichter, sondern auch Fans – ist die Technik damit Fluch und Segen zugleich. Sie macht das Spiel fairer, indem sie die Gefahr für spielentscheidende Fehlentscheidungen minimiert. Schließlich steht auch viel auf dem Spiel. Nicht nur Tore im Kleinen, sondern im Großen auch Titel und vor allem auf Vereinsebene viel Geld.

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Deswegen darf man auch nicht im Nachhinein, wie von einigen Fans in sozialen Medien gefordert, darüber diskutieren, bei derart knappen Entscheidungen wie der Abseitsstellung Delaneys mal ein Auge zuzudrücken. Schließlich sorgen die Offiziellen an dieser Stelle nur dafür, dass die Regeln eingehalten werden. Der Ex-Fifa-Schiedsrichter Manuel Gräfe bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: „Wenn man die Technik zulässt, dann muss man es auch mit aller Konsequenz tun.“

Volle Zustimmung. Besser wäre der VAR nur, wenn die Regelauslegung bei Elfmetern klarer würde. „Letzte Woche hat er den gegeben, deswegen müsste er diesen auch pfeifen.“ Das darf es im Sinne der Fairness nicht mehr geben. Eine Linie, die immer für alle gilt, wäre wichtig.

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Technik macht die Romantik kaputt

Dass der VAR beim Turnier dafür sorgt, dass Abseitstore nicht zählen, ist ein Fortschritt. Er macht den Fußball aber nicht immer nur besser. Spieler und Fans werden der Emotion beraubt, wenn sie zunächst nur verhalten jubeln. Könnte ja sein, dass das Tor doch nicht zählt. Die zum Teil langen Wartezeiten auf die Entscheidung bei strittigen Situationen nerven – und besondere Szenen, über die noch Jahre später diskutiert wird, werden immer seltener.

Hätte es die Technik früher schon gegeben, würden wir heute nicht bei jedem Spiel gegen England einen TV-Beitrag zum Wembley-Tor von 1966 sehen, Diego Maradona hätte sich 1986 nicht für sein Tor durch „die Hand Gottes“ feiern lassen können, sondern die Gelbe Karte gesehen, und 1990 hätte ein VAR den Elfmeter für Rudi Völler im WM-Finale zwischen Deutschland und Argentinien wahrscheinlich auch wieder kassiert. Nicht zu vergessen die Phantomtore von Thomas Helmer (neben das Tor) und Stefan Kießling (durch ein Loch im Netz).

Wohl niemand wird in zehn Jahren noch sagen: „Weißt du noch bei der EM 2024? Als der Schiedsrichter so lange mit dem VAR diskutierte?“ Der Fuß Delaneys wird sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben. Die Szene lädt aber kaum zum Diskutieren am Stammtisch ein. Schließlich lieferte Technik die eindeutigen Beweise für die Abseitsstellung. Zentraler Diskussionspunkt könnte höchstens sein: VAR? Kann der nicht eigentlich weg?

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