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MIT Technology Review Kolumne

Dating-Apps: Nein, danke – lieber Treffen statt Swipen

Ist dies der Sommer, in dem sich mehr und mehr Menschen von den Dating-Apps abwenden und ihr Glück wieder im Analogen suchen? Meet statt swipe, Kneipe statt Cyberspace.

Von MIT Technology Review Online
3 Min.
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Kein Bock mehr auf Dating im Cyberspace? (Foto: Shutterstock)

„Don’t Buy Bumble’s Lifetime Subscription“ – neugierig bleibe ich bei diesem Reddit-Thread hängen. tedchambers1 beklagt sich, dass er seit dem Kauf des Lifetime Boost der Dating-App Bumble weniger Matches hat als zuvor. Seine Theorie: Mit dem Kauf des teuersten Abonnements ist das Monetarisierungspotenzial an ihm wohl ausgereizt. Die Dating-Plattform hat keine Anreize mehr, sein Profil zu priorisieren. Ein Lifetime Boost, schießt es mir in den Kopf, ist das genaue Gegenteil von: „Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single auf Parship.“

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Julia Kloiber

Julia Kloiber schreibt für die gedruckte Ausgabe von Technology Review regelmäßig eine Kolumne. (Foto: Oliver Ajkovic)

Lifetime – im Kontext von Online-Dating – ist ehrlich und deprimierend zugleich. Ich stelle mir vor, wie der gute Mann von Date zu Date altert und immer wieder denselben Zyklus durchläuft: Texten, treffen, vögeln, tschau. Aus Nutzer:innensicht sind Dating-Apps nur ein notwendiges Übel. Wenn es gut läuft, dann löscht man sie so schnell wie möglich wieder. Das scheint aber nur für einen Bruchteil aufzugehen. Für jedes glückliche Paar, das sich in meinem Bekanntenkreis über eine App kennengelernt hat, kenne ich mindestens 40 Singles, die seit Jahren verzweifelt nach links und rechts swipen.

Hoffnung auf den perfekten Match

Gray-A, demisexuell, pansexuell – in der Hoffnung auf den perfekten Match füttern wir die Apps mit den intimsten Informationen. Die Plattformen suggerieren: Je mehr Daten, desto höher die Chance auf die große Liebe. Wie die Plattformen genau vorgehen, ist kaum untersucht.

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Was sich hingegen zeigen lässt, ist, dass sie die Daten nicht nur für ihre eigenen Services nutzen, sondern weiterverkaufen. 22 von 25 untersuchten Apps bekommen von der gemeinnützigen Organisation Mozilla das Siegel: *Privacy Not Included. Dabei werden Apps wie Tinder nicht müde, darauf hinzuweisen, dass alle Angaben freiwillig sind. Es ist das gute alte „Wenn-es-dir-nicht-gefällt-kannst-du-ja-gehen-Einwilligungsmodell“. Ein Schelm, wer denkt, dass sie all diese Daten nur brauchen, um passgenaue Werbung schalten zu können. Die privaten DMs lesen sie natürlich rein aus Moderationszwecken mit, und die Metadaten aus den Fotos, die brauchen sie für … ähm … bessere Matches.

Lieber Meatspace als Cyberspace

Ich muss gestehen, ich hatte noch nie ein Date über eine Dating-Plattform. Ich fand allein das Chatten immer ziemlich creepy. Woher weiß ich, dass die Person am anderen Ende das ist, was sie vorgibt zu sein? Alle zeigen sich von ihrer vermeintlich heißesten Seite. Als cis-hetero Frau wird man zugeschüttet mit Anfragen. Ich fand das anstrengend. Ich hasse es, Profile auszufüllen. Mag es nicht, auf Knopfdruck kreative Antworten geben zu müssen. Hänge so schon zu viel vor dem Bildschirm. Meatspace finde ich besser fürs Kennenlernen als Cyberspace.

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Damit bin ich nicht allein; der Trend geht in Richtung offline. Die Nutzerzahlen der Dating-Plattformen schwinden. Die Match Gruppe – zu der zahlreiche Dating-Apps gehören – und Bumble haben beide ein geringes Umsatzwachstum gemeldet und Mitarbeiter entlassen. Gen Z hat offenbar keinen Bock mehr auf Online-Dating. Keine Lust darauf, dass Algorithmen mit ihren Gefühlen spielen, sie für die Kontaktaufnahme zu normschönen Menschen extra In-App-Käufe tätigen müssen oder ihre persönlichsten Daten an den Meistbietenden verhökert werden.

Es geht primär um Konsum

Vielleicht ist es aber auch einfach der Lauf der Dinge. Das Internet, in dessen Ecken und Nischen wir so viele wundervolle Jahre verbracht und so viele tolle Menschen kennengelernt haben – dieses Internet hat sich verändert. Es ist mit den Jahren immer schrottiger geworden. Die großen Plattformen haben das Netz zu einem Ort gemacht, an dem es primär um Konsum geht. Die Nutzungsqualität ist dabei stets gesunken. Auch vor den Dating-Apps hat diese Entwicklung nicht Halt gemacht.

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Verschlechtert hat sich dabei nicht nur die technologische Erfahrung des Online-Datings, sondern auch unsere Fähigkeit, gute, dauerhafte Beziehungen offline aufzubauen. Warum sonst würde sich tedchambers1 eine Lifetime Subscription holen?

 

Autorin dieses Textes ist Julia Kloiber. Sie arbeitet als Mitgründerin der feministischen Organisation Superrr Lab an gerechten und inklusiven digitalen Zukünften. In der gedruckten Ausgabe von MIT Technology Review berichtet sie in ihrer Kolumne über ihre Erfahrungen in und mit der Tech-Welt.
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Kommentare (2)

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Torsten Kalwass

OK Boomer

C. Daniel Klein

Ich kann es verstehen, dass sich viele Dating-App Nutzer genervt von den einschlägigen Apps abwenden. Ich selbst bin bei gleichklang.de Mitglied. Das ist eine Kennenlern-Community, die den Fokus auf die wirkliche Partnerfindung setzt. Hier hat man sehr viel mehr Möglichkeiten, die eigene Persönlichkeit darzustellen, als woanders, z.B. bei Tinder. Ich erhalte hier zwar nur sehr wenige Vorschläge, aber diese sind dafür umso interessanter. Bei gleichklang wird nun mal KEIN Wert darauf gelegt, möglichst viele Optionen zum Kennenlernen zu haben. Eine Freundschaft hat sich aus meinen Vorschlägen schon ergeben. Mal sehen, wie das weitergeht.
Jedoch bin ich ebenfalls der Ansicht, dass man trotz der online-Suche NICHT in der „wirklichen Welt“ die Augen verschließen sollte.
Hier bieten sich viele andere Möglichkeiten, die KEINE Internetplattform bieten kann.

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