Es war schon längst hell geworden über dem „Home Ground“ in Herzogenaurach, da saß ein Grüppchen im Team-Quartier der deutschen Nationalmannschaft noch immer zusammen. So richtig fassen konnten es die Beteiligten in diesem Moment nach wie vor nicht – doch die sechswöchige gemeinsame Reise, das war jedem unabwendbar klar, würde in ein paar Stunden zu Ende gehen.

Bis 7.30 Uhr diskutierten Joshua Kimmich (29), Toni Kroos (34), Thomas Müller (34), Antonio Rüdiger (31), Co-Trainer Sandro Wagner (36) und Teammanager Thomas Beheshti (43) über das Viertelfinal-Aus gegen Spanien (1:2 n. V.) und den Geist, der in der Mannschaft geherrscht hatte. DFB-Präsident Bernd Neuendorf (63) erklärte, wie stolz er auf das Erreichte sei: „Was mir wichtig ist: Dass wir eine Niederlage erlitten haben, aber wir nicht gescheitert sind. Wir werden diesen Weg fortsetzen. Wir bleiben positiv und greifen wieder an.“

Diese Stimmung hatte schon nach der bitteren Niederlage in der 119. Minute gegen Spanien in der Kabine geherrscht. Kimmich hielt eine Rede, in der er nicht nur die Verdienste von Kroos nach dessen letztem Spiel würdigte. Nach SPORT BILD-Informationen erklärte der Bayern-Star vor versammelter Mannschaft: „Was wir hier hatten, habe ich zuvor nie erlebt. Es war ein Gefühl, jeder für jeden‘, wie es in einer Mannschaft sein soll. Ich habe noch nie in einem Team gespielt, in dem es nicht einen Egoisten gibt, in dem der Zusammenhalt so groß ist!“

Danach gab es in der Umkleide einen rund einminütigen Applaus.

Das „WIR“ wird unter Nagelsmann, Wagner und Co-Trainer Benjamin Glück (38) großgeschrieben. Obwohl das EM-Halbfinale ohne Gastgeber Deutschland stattfinden musste, überwog Stolz auf den erreichten Stimmungs-Umschwung im Land. Plötzlich ist es wieder cool, mit einem Deutschland-Trikot durch die Straßen zu laufen. Das Ziel bei der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko ist ganz klar der fünfte Titel für Deutschland. Der eingeschlagene Weg soll dafür unbeirrt fortgeführt werden – und die ersten Entscheidungen stehen bereits fest.

Nagelsmann plant für die anstehenden Nations-League-Partien im September, Oktober und November keine Experimente. Das heißt: Der Spielstil wird auch ohne Kroos beibehalten. Keine taktischen Versuchsanordnungen, keine Dreierkette. Die Abläufe sollen weiter einstudiert werden.

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Für Kroos wird ein Ersatz gesucht, der vor allem passsicher sein soll. Eine riesige Aufgabe, welche das Trainerteam am ehesten Bayern-Entdeckung Aleksandar Pavlovic (20), Stuttgart-Durchstarter Angelo Stiller (23) oder Pascal Groß (33), der seine Qualitäten verlässlich unter Beweis stellte, zutraut.

Das heißt aber auch: Für das ehemalige Mittelfeld-Duo Kimmich und Leon Goretzka (29) ist trotz des Kroos-Rücktritts in der Zentrale kein Platz!

Nach SPORT BILD-Informationen plant Nagelsmann mit Kimmich weiter auf der Rechtsverteidiger-Position. Goretzka dürfte es schwer haben, in das neue Teamgefüge zu rutschen und seinen Platz zu finden. Zudem zeichnen sich einige andere Personal-Entscheidungen schon jetzt ab:

► Im Tor dürften die Gedanken von Manuel Neuer (38) für einige Diskussionen sorgen. Der fünfmalige Welttorwart ließ nach dem Spanien-Aus seine Zukunft im DFB-Team offen, wollte sich „vielleicht sechs Monate“ Gedanken machen. Inzwischen geht man beim DFB intern davon aus, dass Neuer weitermachen will, wenn er nicht zum Karriereende im Nationalteam überredet wird. Das wäre vor allem für die ewige Nummer 2, Marc-André ter Stegen (32), frustrierend.

► Müller, dessen Vertrag bei Bayern nach der kommenden Saison endet und der dann vor dem Karriereende steht, kündigte dagegen schon an, dass das EM-Viertelfinale „realistischerweise“ sein letztes Länderspiel gewesen sein wird.

► Kapitän Ilkay Gündogan (33) hätten sowohl Trainerteam als auch Verantwortliche weiter gern in den Reihen.

► Im Sturm planen Nagelsmann & Co. weiter mit Kai Havertz (25), der die Rolle trotz fehlender Treffer aus dem Spiel heraus aus ihrer Sicht beim Turnier gut interpretiert hat.

Große Überraschungen sind im Aufgebot für die Nations-League-Spiele im September nicht zu erwarten: Deutschland trifft dann zunächst in Düsseldorf auf Ungarn (7. September), drei Tage später in Amsterdam auf Holland. Nagelsmann will seinen Kader nicht umkrempeln, sondern auf bewährte Kräfte setzen. Spieler wie Rocco Reitz (22/Mönchengladbach) oder Brajan Gruda (20/Mainz), die schon in der Vorbereitung auf die EM dabei waren, dürfen sich Hoffnungen machen. Nagelsmann will auf die EM aufbauen. So bitter das Viertelfinal-Aus für ihn und den DFB auch war – es steht für einen Neuanfang in Fußball-Deutschland, der ein klares Ziel hat: den WM-Titel 2026 in den USA!

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