Pressemitteilung Düsseldorf den 07.06.2024 Handelsblatt Research Institute

Kein Sommermärchen – Handelsblatt Research Institute rechnet nicht mit baldigem Aufschwung

Das Handelsblatt Research Institute (HRI) hat seine Konjunkturwartungen für das laufende Jahr bestätigt und für 2025 nur geringfügig nach oben revidiert. Ungeachtet des leichten Wachstums im zurückliegenden ersten Quartal erwarten die HRI-Ökonomen, dass die Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr 2024 um 0,2 Prozent sinken wird. Für 2025 wird ein Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent erwartet. Damit befindet sich das HRI derzeit am unteren Rand des Prognosespektrums.

„Teure Energie, hohe Steuern, Fachkräftemangel, ausgeuferte Bürokratie, politische Unsicherheit sowie zunehmender Protektionismus treffen die lange Zeit erfolgsverwöhnte deutsche Volkswirtschaft mit voller Wucht“, sagt Handelsblatt-Chefökonom Bert Rürup. Mittlerweile seien die Wachstumskräfte derart geschwächt, dass die wirtschaftliche Gesamtleistung das zweite Jahr in Folge schrumpfen dürfte. Auch die mittelfristigen Perspektiven seien „ausgesprochen trist“.

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Der private Konsum, der rund die Hälfte zur Wirtschaftsleistung beisteuert, wird laut der Prognose als Wachstumsmotor ausfallen. Auf Jahressicht rechnet das HRI für 2024 mit einem Rückgang um 0,3 Prozent und für 2025 mit einem Zuwachs um 0,2 Prozent. Grund für die schwache Konsum-Entwicklung ist die Vernichtung von Einkommen und Vermögen durch die jüngsten Teuerungsschübe. Im April dieses Jahres war das Preisniveau 19,2 Prozent höher als vor dem Pandemieausbruch.

Das HRI geht davon aus, dass sich der leichte kontinuierliche Anstieg der Arbeitslosigkeit im weiteren Jahresverlauf fortsetzt, so dass im Jahresmittel 2,76 Millionen Personen arbeitslos gemeldet sein werden – 150.000 mehr als 2023. Im kommenden Jahr dürfte der Anstieg dann zwar nahezu stoppen, gleichwohl wird die Arbeitslosigkeit auf Jahressicht um weitere 50.000 auf 2,81 Millionen zulegen. Zum einen schlägt die demografische Entwicklung immer stärker auf den Arbeitsmarkt durch, da die geburtenstarken Jahrgänge sukzessive in den Ruhestand gehen. Zum anderen wird die Integration der Flüchtlinge aus der Ukraine und aus anderen Krisenregionen voranschreiten, so dass mehr von ihnen Arbeit finden werden. Andererseits zeigt sich, dass eine wachsende Zahl von Unternehmen darüber nachdenkt, Arbeitsplätze durch Künstliche Intelligenz zu ersetzen, auch weil qualifizierte Bewerber fehlen.

„Die deutsche Volkswirtschaft ist denkbar schlecht auf den bevorstehenden Alterungsschub der Bevölkerung vorbereitet“, konstatiert Handelsblatt-Chefökonom Rürup. Infolge des kräftigen Zuzugs von Flüchtlingen sei die Bevölkerung zwar gewachsen. Gleichwohl fehlten Arbeitskräfte mit ausreichenden Sprach- und Fachkenntnissen. Angesichts hohem Verwaltungsaufwand, Sprachbarrieren, fehlendem Wohnraum sowie wachsender Fremdenfeindlichkeit sei definitiv nicht zu erwarten, dass so viele Fachkräfte nach Deutschland kämen, wie es die demografische Entwicklung erfordere, betont Rürup – „noch zumal Deutschland mit anderen Industrieländern im Wettbewerb um solche Arbeitsmigranten steht“.

Gleichzeitig müsse eine im Trend kräftig sinkende Anzahl von Erwerbsfähigen das Gros der lohnabhängigen Kosten für die umlagefinanzierten sozialen Sicherungssysteme, die Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft sowie die Modernisierung der Infrastruktur und der Bundeswehr erwirtschaften, so Rürup. „Eine Politik, die sich vorrangig an den Interessen der Rentner und der rentennahmen Jahrgänge orientiert, mag zwar die Chancen auf Wiederwahl verbessern.“ Die Zukunftsfähigkeit des Standorts werde durch solch eine Politik „sicher nicht“ erhöht. „Deutschland wird sich auf viele Jahre mit Mini-Wachstum einstellen müssen.“

HIER können Sie die ausführliche HRI-Konjunkturprognose lesen.

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