„Es ist unsere Verantwortung, diese Erinnerung wach zu halten.“
Dr. Percy Smend, Dr. Peter Tauber, Stefan Quandt, Markus Ferber, MdEP, und Stefanie von Winning. (v.l.n.r.)

„Es ist unsere Verantwortung, diese Erinnerung wach zu halten.“

Das Attentat auf Adolf Hitler jährt sich in diesem Jahr zum 80. Mal. Am 20. Juli 1944 versuchte eine Gruppe vom Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Hitler zu töten. "Was sagt uns der 20. Juli 1944 heute?" - diese Frage haben wir in Berlin diskutiert, unter anderem mit Dr. Percy Smend, Enkel des Widerstandskämpfers Oberstleutnant i.G. Günther Smend. Seine Botschaft ist klar: "Es ist unsere Verantwortung, diese Erinnerung wach zu halten."

Es ist ein entscheidendes Datum in der deutschen Geschichte. Der 20. Juli 1944 markiert den Punkt, an dem das Ende des Zweiten Weltkrieges und der Diktatur der Nationalsozialisten greifbar nahe war und doch scheiterte. Die Wahrnehmung dieses Tages war dabei im Laufe der 80 Jahre einem Wandel unterworfen.

Extreme Gruppierungen versuchen, die Deutung ins Gegenteil zu verkehren und aus dem Attentat ein Widerstandsrecht gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung abzuleiten. Anlass genug für die Hanns-Seidel-Stiftung in Kooperation mit „Charly-Delta-Uniform – Mit Sicherheit Union e.V.“ eine Diskussion zu führen, was der Tag für uns heute bedeutet.

Teilnehmer waren Dr. Percy Smend, Enkel des Widerstandskämpfers Günther Smend; Dr. Peter Tauber, Parlamentarischer Staatssekretär a.D.; Markus Ferber, MdEP, Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung, und Stefan Quandt, Oberstleutnant i.G., Charlie Delta Uniform. Mit Sicherheit Union e.V..


20. Juli 1944: Attentat auf Adolf Hitler

Eine Gruppe rund um Claus Schenk Graf von Stauffenberg versucht am 20. Juli 1944, Adolf Hitler zu töten. Geplant ist ein Sprengstoffanschlag während einer Besprechung in der Wolfsschanze, dem streng abgeriegelten Führerhauptquartier im ostpreußischen Rastenburg. Doch das Attentag scheitert, Hitler kommt mit leichten Blessuren davon. Die Attentäter hingegen bezahlen mit ihrem Leben. Einige – darunter auch Offizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg – werden noch in derselben Nacht erschossen. Weitere Männer werden in einem beispiellosen Schauprozess zum Tode verurteilt, ermordet oder wählen den Freitod. Als oberster Richter fungiert Roland Freisler, der später unter der Bezeichnung „Blutrichter der NS-Zeit“ bekannt ist. Das Attentat gilt als der bedeutendste Umsturzversuch des militärischen Widerstandes in der Zeit des Nationalsozialismus.


Bewegende Schilderungen des Enkels

Der Enkels des Widerstandskämpfers Oberstleutnant i.G. Günther Smend, Dr. Percy Smend, berichtete während unserer Veranstaltung zunächst von seiner Großmutter, die am 20. Juli 1944 das letzte Mal mit ihrem Mann telefonierte. Er erzählte, dass ihre Briefe und Pakete ihren Mann nicht erreichten und der Versuch, ihn im Gefängnis zu besuchen, scheiterte. Am 3. Oktober 1944 erhielt sie dann einen Brief mit einer Rechnung über die Vollstreckung des Todesurteils. Sie musste mit ihren Kindern die Wohnung verlassen und bekam weder Witwen- noch Waisenrente. Seinem Großvater, so erinnert sich Smend, sei von Anfang an klar gewesen, dass er verhaftet werden würde. Auch angesichts der „Gerichtsverhandlung“ durch Roland Freisler nahm er seine Kritik an Hitler nicht zurück. Dr. Percy Smend zitiert seinen Großvater: „Ich habe einen guten Kampf geführt“. Das Schicksal dieser Familie eines „Verräters“, das prototypisch für Familienangehörige von Widerstandskämpfern war, wurde in den Schilderungen des Enkels in beklemmender Weise deutlich.

Gesprächsrunde mit Dr. Percy Smend, der Enkel des Widerstandskämpfers Günther Smend; Dr. Peter Tauber, Parlamentarischer Staatssekretär a.D., und Markus Ferber, MdEP, Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung (v.l.n.r.)

Als Mitwisser zum Tode verurteilt

Oberstleutnant i. G. Günther Smend war einer der Widerstandskämpfer, die versuchten, Adolf Hitlers Diktatur zu beenden. Er war mit Widerstandskreisen in Kontakt gekommen und hatte so von den Attentatsplänen auf Hitler erfahren. Daraufhin versuchte er, seinen Vorgesetzten für diese Verschwörung zu gewinnen. Seine Mitwisserschaft und der Anwerbeversuch wurden ihm zum Verhängnis. Oberstleutnant i.G. Günther Smend wurde als Mitwisser zum Tode verurteilt.


Interpretation der Geschehnisse

Die Nationalsozialisten versuchten die Breite dieser Widerstandsbewegung kleinzureden und als eine unbedeutende Gruppe von Verrätern darzustellen. Diese Deutung war zu Beginn der jungen Bundesrepublik noch bei vielen im Kopf, bis sich allmählich Stolz durchsetzte, dass es auch aufrechte Männer und Frauen gab, die sich der Diktatur widersetzt haben. Nach und nach wurden die Widerstandskämpfer als Helden angesehen, für die sie sich wiederum selber nie gehalten hatten.

Heute wird der Widerstand von neurechter Seite als Vorbild für den Widerstand von Rechtsextremisten gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung benutzt. In der anschließenden Diskussionsrunde wurde dies von allen Teilnehmern als Gefahr für unsere Demokratie gedeutet.

Der ehemalige Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Dr. Peter Tauber, betonte, dass die Bundeswehr als erste Institution das Attentat vom 20. Juli legitimierte, besonders im Hinblick darauf, dass Soldaten beteiligt waren. Sie legte die Feierlichkeiten des 20. Julis mit denen des Gelöbnisses von Soldaten zusammen.

Politische Bildung als Antwort

Die weitere Diskussion drehte sich vor allem um die Frage, was man gegen extreme Tendenzen tun könne. Der Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung Markus Ferber, MdEP, betonte den Stellenwert der Politischen Bildung

„ ...denn keiner wird zum Helden geboren, sondern reift dazu. Und dafür ist Politische Bildung die Grundlage."

Einig waren sich alle Teilnehmer unserer Podiumsdiskussion, dass die Erinnerungskultur aufrechterhalten und die Jugend immer wieder angesprochen werden muss. Deutlich machten sie auch, welch hohe Bedeutung Medienerziehung hat. Denn jeder muss in der Lage sein, Desinformation, Hass und Hetze zu erkennen.


Autorin: Stefanie v. Winning

Dr. Uwe Hartmann

Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften (ZMSBw)

3 Wochen

Der Beitrag des ZMSBw: ein crossmediales Dossier auf zms.bundeswehr.de

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