Kundenanalyse
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Scoring-Modell

Was ist ein Scoring-Modell?

Ein Scoring-Modell ist ein Mechanismus zur Bewertung von Kunden. Auf Basis der vorhandenen Kundendaten wird für jeden Kunden ein Score (Wert oder Priorität) berechnet. Dieser Wert kann z.B. die Kaufwahrscheinlichkeit eines Kunden, seinen zu erwartenden Umsatz, seine Affinität zu einem bestimmten Produkt und vieles mehr beschreiben.

Warum sind Scoring-Modelle sinnvoll? 

Grundsätzlich dient ein Scoring-Modell als Verfahren zur Entscheidungsfindung bei mehreren Alternativen. Insbesondere bei Zielkonflikten dient dieses Modell als einfache und schnelle Hilfestellung in der jeweiligen Entscheidungssituation.

So können mit Hilfe eines Scoring-Modells Entscheidungssituationen in Scoring-Modellen transparent dargestellt werden. Dadurch können Ergebnisse nachvollziehbar bewertet und das Risiko von Fehlentscheidungen minimiert werden.

Aufgrund der einfachen Handhabung eines Scoring-Modells eignet es sich grundsätzlich für Entscheidungsprobleme aller Art.

Stufen eines Scoring-Modells

Prinzipiell bestehen in der Praxis verschiedene Schritte, die zur Erstellung eines Scoring-Modells dienen. Diese sind wie folgt: 

Auswahl der Bewertungskriterien

Je nachdem, auf welche Kriterien das Unternehmen Wert legt, können unterschiedliche Fragen zur Bildung eines Scores herangezogen werden. Insofern obliegt es dem Unternehmen selbst, welche Kriterien es zur Bewertung heranzieht. In der Praxis sind dies häufig Kriterien wie Marktfähigkeit, Wachstumspotenzial oder Entwicklungs- und Produktionsmöglichkeiten. Darüber hinaus können auch Kriterien zur Bewertung einzelner Kunden herangezogen werden.

Gewichtung

Hat sich das Unternehmen Gedanken über die richtige Auswahl der Bewertungskriterien gemacht und diese ausgewählt, so erfolgt im nächsten Schritt die Gewichtung der Kriterien. Dabei herrscht im Unternehmen meist eine gewisse Subjektivität, inwieweit das Unternehmen die einzelnen Kriterien als wichtig erachtet. In der Praxis eignen sich jedoch vor allem zwei Verfahren zur Ermittlung der Gewichtung.

Zum einen kann die Gewichtung intuitiv und zum anderen mittels einer korrelativen Gewichtung erfolgen. Während bei der intuitiven Gewichtung mehrere Expertenmeinungen einfließen, die bei hohen Abweichungen gemittelt werden, werden bei der
korrelativen Gewichtung der quadrierte Korrelationskoeffizient das Gewicht des Kriteriums.

Auswertung und Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Zusammenfassung und Bewertung erfolgt durch Aggregation der gewichteten Bewertungskriterien. Anschließend werden die Ergebnisse in einer übersichtlichen Scorecard dargestellt, so dass sie von Marketing und Vertrieb für weitere Schritte genutzt werden können.

Anwendungen von Scoring-Modellen

Solche Scores werden im Marketing schon lange zur Entscheidungsfindung eingesetzt: So erhalten im Direktmarketing klassischerweise nur die x% Kunden mit der höchsten Kaufwahrscheinlichkeit einen teuren Versandkatalog.

Dieses Prinzip wird heute aber auf die unterschiedlichsten Problemstellungen angewendet: Bei welchen Kunden soll die Abwanderung verhindert werden? Welchen Kunden soll ein bestimmtes Produkt im Webshop empfohlen werden?

Für all diese Entscheidungen liefert ein Score die Grundlage.

Unterschiedliche Scoring-Modelle

Für den Einsatz von Scoring-Modellen zur Entscheidungsfindung eignen sich in der Praxis unterschiedliche Kriterien. Im Wesentlichen wird nach Produkt, Dienstleistungsangebot und Geschäftsmodell unterschieden und danach das geeignete Scoring-Modell bestimmt. Grundsätzlich eignen sich folgende Bereiche für ein Scoring:

Demographische Kundendaten

Zunächst sollte festgelegt werden, welche potenziellen Zielgruppen angesprochen werden sollen. Je besser ein Lead deren Bewertungskriterien und Anforderungen entspricht, desto besser wird er bewertet. Dabei ist natürlich darauf zu achten, dass die zuvor festgelegten Kriterien in der Datenbank vorhanden sind. Leads, die den Kriterien weniger entsprechen, werden entsprechend niedriger bewertet.

Unternehmensdaten

Vor allem im B2B-Bereich kann ein Scoring-Modell auch anhand von bestimmten Unternehmensdaten ausgerichtet werden. Dazu können Branche, Größe oder weitere Faktoren wie Umsatz in die Bewertung des Modells einfließen.

Online-Aktivität

Wenn Sie Ihr Scoring-Modell an der Online-Aktivität ausrichten möchten, können Sie die Anzahl der Seitenaufrufe oder die Verweildauer auf einzelnen Webseiten berücksichtigen. Zusätzlich kann gemessen werden, welche Angebote besonders häufig genutzt werden. All diese Daten eignen sich hervorragend, um in regelmäßigen Abständen entsprechende Auswertungen vorzunehmen.

Social Media Aktivität

Neben der allgemeinen Online-Aktivität wie der Verweildauer kann auch die Aktivität und das Verhalten innerhalb von Social-Media-Kanälen zur Bewertung herangezogen werden. Hierfür eignen sich vor allem Daten über das Teilen von Inhalten, das Retweeten von Tweets oder die generelle Reaktion auf Posts.

E-Mail-Verhalten

Wer wissen möchte, wie interessiert seine Kunden an seinem Unternehmen sind, sollte vor allem die Öffnungs- und Klickraten der versendeten E-Mails analysieren. Je engagierter sich die Interessenten mit Ihren E-Mails auseinandersetzen, desto relevanter sind diese für Ihr Unternehmen und sollten dementsprechend mit einem höheren Score versehen werden.

Konventionelles Scoring oder KI Scoring?

Die Berechnung des Scores kann entweder „konventionell“ erfolgen oder mit Hilfe künstlicher Intelligenz. Der Score selbst ist entweder ein abstrakter Wert (z.B. 5 Punkte auf einer Skala von 0 bis 10) oder eine konkrete Vorhersage – z.B. ein Geldwert oder eine Wahrscheinlichkeit.

  • In konventionellen Scoring-Modellen werden nach fachlichen Kriterien aus gegebenen Kennzahlen Punkte errechnet und zu einem Punkte-Score zusammengefasst. Ein Beispiel dafür ist das RFM-Modell, zu dem Sie hier einen ausführlicheren Artikel finden
  • Beim Scoring mittels KI werden Methoden des maschinellen Lernens darauf trainiert, anhand der bekannten Daten des Kunden gewisse Kennzahlen vorherzusagen, bspw. den erwarteten Umsatz (CLV-Modell), Produktaffinitäten (Affinitätsmodell) oder die Kündigungswahrscheinlichkeit (Churn Prediction)
  • Natürlich können auch mittels KI vorhergesagte Kennzahlen ihrerseits als Input für fachlich definierte Scores dienen.

Künstliche Intelligenz im Vertrieb

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Vor- und Nachteile eines Scoring-Modells 

Bei der Verwendung eines Scoring-Modells ergeben sich folgende Vor- sowie Nachteile: 

Vorteile: 

  • Das Scoring-Modell kann ganzheitlich im Team eingesetzt werden und dient als Grundlage für weitere Aktionen.
  • Entscheidungen können auf Basis eines validierten Systems getroffen werden.
  • Dadurch entsteht Transparenz und Entscheidungen können besser nachvollzogen werden.
  • Spezielle Anforderungen können zeitnah angepasst werden
  • Flexibles Bewertungssystem

Nachteile: 

  • Die Bewertung ist subjektiv. Die Punktevergabe sowie die Wahl der Gewichtung sind in der Regel nicht messbar.
  • Je mehr Alternativen und Bewertungskriterien es gibt, desto zeitaufwendiger ist die Methode.
  • Unterschiedliche Präferenzen können zu Uneinigkeit führen
  • Unvollständigkeit der Alternativen

Beispiel eines einfachen Scoring-Modells 

Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen Schritte eines Scoring-Modells anhand eines Beispiels praxisnah erläutert. Ziel ist es, durch den Einsatz des Scoring-Modells eine bessere Entscheidungsgrundlage zu schaffen.

In unserem Beispiel möchte das Unternehmen aufgrund begrenzter finanzieller Mittel priorisieren, welcher Kunde ein teures Werbegeschenk erhält. Dabei möchte das Unternehmen herausfinden, welcher Kunde den höchsten Wert hat. Um das Beispiel übersichtlich zu halten, gibt es in unserem Beispiel nur 3 Kunden. In der Praxis kann ein solches Scoring-Modell natürlich auch auf einen größeren Kundenstamm ausgerichtet werden.

Folgende Kriterien hat das Unternehmen für das Scoring-Modell gewählt.

  1. Umsatz des Kunden pro Jahr 
  2. Zeit der Kundenbeziehung 
  3. Bestellungen pro Jahr 
  4. Retouren pro Jahr 

Anschließend werden die eigens ausgewählten Kriterien mit einem Faktor zur Gewichtung versehen. Dies erfolgt wie bereits beschrieben subjektiv und kann frei vom Unternehmen getroffen werden. Dabei gilt der Faktor 1 als (wenig wichtig) und 5 als (sehr wichtig).  

Kriterium  Gewichtungsfaktor 
Umsatz des Kunden pro Jahr 
Zeit der Kundenbeziehung 
Bestellungen pro Jahr 
Retouren pro Jahr  
Kriterien samt Faktor zur Gewichtung

Im nachfolgenden Schritt werden die gewichteten Kriterien mittels eines Punktebewertungssystems bewertet. Dabei wird jeder Kunde nach den jeweiligen Kriterien von 1 (weniger gut) bis 10 (sehr gut) bewertet. 

Kriterium  Gewichtungsfaktor Kunde 1 Kunde 2  Kunde 3 
Umsatz des Kunden pro Jahr 
Zeit der Kundenbeziehung 
Bestellungen pro Jahr 
Retouren pro Jahr 
Bewertung der Kunden

Nachdem die Punktevergabe erfolgt ist, multipliziert man nun im nächsten Schritt den Gewichtungsfaktor mit den Punkten. Als Ergebnis erhält man eine Summe, welche sich zur Entscheidungsfindung nutzen lässt.

Kriterium  Gewichtungsfaktor Kunde 1 Kunde 2  Kunde 3 Wert Kunde 1  Wert Kunde 2 Wert Kunde 3 
Umsatz des Kunden pro Jahr 40 20 45 
Zeit der Kundenbeziehung 10 14 10 
Bestellungen pro Jahr 28 24 16 
Retouren pro Jahr 

Im letzten Schritt werden nun die gewichteten Kriterien aufsummiert, sodass eine Reihenfolge gebildet werden kann: 

Wert Kunde 1  Wert Kunde 2 Wert Kunde 3 
40 20 45 
10 14 10 
28 24 16 
87 61 75 
Kumulierte Werte der Kunden

Demnach sähe die Reihenfolge wie folgt aus: 

  1. Platz: Kunde 1 
  2. Platz: Kunde 3 
  3. Platz: Kunde 2 

Unserem Beispiel nach hätte sich also Kunde 1 aufgrund seines hohen Wertes für unser Werbegeschenk qualifiziert. 

Zielgruppenspezifische Ansprache mithilfe von Künstlicher Intelligenz  

Wie bereits erwähnt hat ein Scoring-Modell einige Nachteile. Zum einen ist es durch subjektive Kriterien sowie einer subjektiven Gewichtung bestimmt und zum anderen basiert es auf Daten der Vergangenheit. Damit ein Unternehmen jedoch zeitnah und flexibel agieren kann, eignet es sich in der Praxis, intelligente, datenbasierte Modelle zur Entscheidungsfindung zu nutzen.  

Mittels Predictive Analytics und der Etablierung von künstlicher Intelligenz ergeben sich enorme Vorteile. Dazu zählen vor allem: 

  • Entscheidungen werden auf Basis vielfältiger und riesiger Datenmengen getroffen. Dies ermöglicht eine zielgenaue und hohe Trefferwahrscheinlichkeit zur Lösung des Problems 
  • Durch automatisierte Algorithmen lassen sich in den Phasen der Entscheidungsfindung Zeit sowie Ressourcen sparen 
  • Die auf Basis von künstlicher Intelligenz generierten Handlungsalternativen können für eine zielgruppenspezifischen Betreuung des Kundenstamms genutzt werden. 

Insofern bietet die künstliche Intelligenz in diesem Bereich weitgehende Vorteile für viele Unternehmen und hilft dabei wettbewerbsfähig zu bleiben. Unternehmen sollten daher vor allem für diesen Bereich offen sein um den Anschluss nicht zu verlieren. 

Fazit: Scoring-Modell 

Die Nutzung und der Einsatz eines Scoring-Modells kann dem Unternehmen dabei verhelfen, den Kundestamm nach dem Wert einzelner Kunden besser zu klassifizieren. Dabei kann das Marketing Rückschlüsse erhalten, ab wann sich ein Kunde zur Weiterleitung an den Vertrieb eignet beziehungsweise ob ein Kunde für weitere Handlungen qualifiziert ist. Dadurch gestaltet sich die Versorgung von hochwertigen Leads zum Vertrieb und die Neukundengewinnung effizienter. 

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