WELTGo!
Ihr KI-Assistent für alle Fragen
Ihr KI-Assistent für alle Fragen und Lebenslagen
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Wissenschaft
  3. Tasmanischer Teufel: Wird Entwicklung nicht Einhalt geboten, drohen sie auszusterben

Wissenschaft Beuteltiere

Der Teufel und sein Krebs

Tasmanian devil (Sarcophilus harrisii), standing on a rock with a green, blurred background, captive, Germany, Europe Tasmanian devil (Sarcophilus harrisii), standing on a rock with a green, blurred background, captive, Germany, Europe
Der Tasmanischen Teufel droht auszusterben
Quelle: Getty Images/imageBROKER RF/imageBROKER/Raimund Linke
Erst fand man die faulig riechenden Teufel in Tasmanien abstoßend, jetzt werden sie vermisst: Die Beutelraubtiere sind vom Aussterben bedroht, weil sich bei ihnen eine ansteckende Form von Krebs ausbreitet. Abhilfe schaffen soll eine Impfung.

Nach Australien kam, wer zu nichts zu gebrauchen war: Verbrecher und Verbannte bevölkerten ab 1787 als erste Europäer den Kontinent. Und es dürfte ein durchaus zweifelhaftes Vergnügen gewesen sein. Nirgendwo leben mehr giftige Tierarten, Spinnen und Schlangen – und eine Qualle namens Seewespe, das giftigste Tier der Welt.

Hinzu kommen Haie und Krokodile – auch solche, die im Salzwasser tauchen –, die für Schrecken sorgten. In Tasmanien aber, der großen Insel im Süden des Kontinents, wurden die Neuankömmlinge zu allem Überfluss nachts auch noch von gottlosem Kreischen und mitunter unerträglichem Gestank wachgehalten.

Der vermeintliche Teufel entpuppte sich als etwa hundegroßes Beuteltier mit dunklem Fell und roten Ohren sowie hoppeligem Laufstil. So putzig das Tier mit geschlossenem Maul aussieht, so schnell wird klar, dass man es mit einem Raubtier zu tun hat, sobald der Teufel es öffnet.

Ein Tasmanischer Teufel hat ein gewaltiges Gebiss. Sein Biss ist stärker als der eines Pitbulls
Ein Tasmanischer Teufel hat ein gewaltiges Gebiss. Sein Biss ist stärker als der eines Pitbulls
Quelle: picture alliance / WaterFrame

Dann nämlich zeigt sich sein gewaltiges Gebiss mit wahrhaft teuflischen Reißzähnen. Den muskulösen Kiefer kann er bis zu 80 Grad weit öffnen, die Kraft seines Bisses übertrifft die eines Pittbulls.

Lesen Sie auch

Bewohner Tasmaniens erzählen sich, dass Tiere sogar Metall durchdrungen haben, um in Ställen nach Nahrung zu suchen. Eigentlich aber ist er der Tasmanische Teufel ein Aasfresser. Nachts streift er meist allein durch die Wälder, vertilgt alles, was ihm in die Quere kommt, mit Haut, Haar, Knochen und Gedärm. Bis zu 40 Prozent des Eigengewichts können die Tiere verspeisen. Abgesehen von ihrem ohrenbetäubenden Kreischen verbreiten sie einen fauligen Geruch, der dem eines Stinktieres in nichts nachsteht.

Kein Wunder also, dass dem acht bis zwölf Kilogramm schweren Tier der Name Teufel erhalten blieb – und auch im Umgang mit den eigenen Artgenossen zeigen sich die Tiere ausgesprochen biestig. Bei der Paarung verbeißen sich die Männchen in den Nacken der Weibchen, verschleppen sie und halten sie tagelang gefangen.

Ein Muttertier bringt anschließend bis zu 40 Jungen zur Welt, obwohl es nur vier Zitzen hat. Mit der Geburt beginnt der Kampf der Teufel um ihr Überleben. Und er wird weitergetragen. Auch um die Beute liefern sie sich erbitterte Kämpfe. Sie alle werden mit heftigen Beißattacken geführt.

Tasmanischer Teufel
Als Jungtiere sehen die Tasmanischen Teufel noch sehr putzig aus
Quelle: picture-alliance / OKAPIA KG, Germany
Baby-Boom bei bedrohten Arten in Australien
Der Beutelteufel-Junges in einer Aufzuchtstation
Quelle: pa/dpa/Aussie Ark/--

Genau diese Bissigkeit gefährdet inzwischen den Fortbestand der gesamten Population. Denn die blutigen Auseinandersetzungen machen es möglich, dass sich eine tödliche Krankheit unter den Beutelteufeln (Sarcophilus harrisii) ausbreitet: Sie leiden an einer ansteckenden Form von Krebs, der große offene Geschwüre im Kopfbereich der befallenen Tiere wuchern lässt. Diese verhindern, dass sie Nahrung zu sich nehmen können. Sie sterben, weil sie verhungern, oder weil Metastasen in ihrem Körper wachsen.

Krebs wegen eines Gen-Defekts

Seitdem 1996 der erste kranke Beutelteufel entdeckt wurde, obwohl der Krebs vermutlich bereits zehn bis 20 Jahre zuvor entstand, ist ihr Bestand um 85 Prozent geschrumpft: Von den einst 150.000 Tieren leben heute noch etwa 25.000, schätzen Tierschutzverbände.

Anzeige

Wird der Entwicklung nicht Einhalt geboten, drohen die Tiere in den nächsten Jahren auszusterben. Genau das wollen Wissenschaftler von der University of Tasmania in Horbart, Australien, verhindern. Ein Team um den Wildtierimmunologen Andrew Flies hat einen Impfstoff entwickelt, der den Beutelteufel retten soll.

Die Krebsart der Teufel ist eine biologische Besonderheit. Normalerweise entstehen Tumore, wenn sich eine körpereigene Zelle der Kontrolle durch den Organismus entzieht. Den Anstoß zur fehlgeleiteten Entwicklung gibt ein genetischer Defekt, der angeboren oder etwa durch Umweltfaktoren wie krebserregende Chemikalien oder ein Übermaß an UV-Licht auf der Haut erworben sein kann. Kurz gesagt: Krebs ist im Normalfall eine individuelle Erkrankung, die nicht weitergegeben werden kann.

Anders die Devil Facial Tumour Disease (DFTD): Sie ist ansteckend. Nur drei Formen übertragbarer Tumorleiden sind bei Wirbeltieren bekannt. Eines befällt Hunde; die beiden anderen sind Varianten des Beutelteufelkrebs. Ursprünglich gab es nur den Typ DFT1, im Jahr 2014 kam DFT2 im südlichen Tasmanien dazu.

Es genügt, dass sich Männchen um Weibchen streiten oder um einen Kadaver. Dann wird unter lautem Gekreische buchstäblich verbissen gekämpft. Die Tiere schlagen sich ihre sehr spitzen Zähne gegenseitig ins Gesicht. Entstehen dabei offene Wunden, können die Tumorzellen – wie Parasiten – in den Körper gesunder Beutelteufel gelangen. Und sich vermehren.

Dabei dürfte genau das nicht passieren. Die Evolution hat das Abwehrsystem von Tier und Mensch so ausgestattet, dass es Zellen oder auch nur Bruchstücke davon, ob nun gesund oder krank, sofort als fremd erkannt und attackiert. Das ist der Grund, warum Menschen nach Organtransplantationen ein Leben lang auf Medikamente angewiesen sind, die ihr Immunsystem in Schach halten.

Impfstoff gegen Krebszellen

Doch beim Tasmanischen Teufel bleibt diese Abwehrreaktion gegen die Krebszellen aus. Das hat mit deren Eigenart zu tun, die all die Eigenschaften, die sie als fremd erkenntlich machen könnten, verloren hat. Die infektiösen Krebszellen sind immunologisch gesehen fast unsichtbar.

Der Impfstoff, den Flies und seine Kollegen entwickelt haben, soll das jetzt ändern. Er soll dafür sorgen, dass das Abwehrsystem die gefährlichen Zellen erkennt. Der Wildtierimmunologe ließ sich dabei von den Corona-Impfstoffen von AstraZeneca und Johnson & Johnson inspirieren. Beide nutzten abgeschwächte Erkältungsviren, um den Impfstoff durch den Körper zu transportieren.

Anzeige

Statt mit dem Code des Corona-Spike-Proteins ist das Vakzin für die Teufel mit dem eines Moleküls bestückt, das die Tumorzellen tragen. So geimpft, sollen sich im Körper der Tiere Abwehrzellen bilden, die den Krebs bekämpfen. Im Juli vergangenen Jahres hatte Flies die Erlaubnis erhalten, seinen Impfstoff zu testen.

Lesen Sie auch
Massive Rückgänge der Bestände in Deutschland: Bekassine, Kiebitz, Braunkehlchen (v.l.)
Vögel in Deutschland

Nun zeigt sich: Bei gefangenen Exemplaren sind die Versuche bereits geglückt. Das heißt, die Tiere haben eine Immunantwort gegen die Tumore entwickelt. Doch der Weg in die Wildnis ist lang und er hat seine Tücken: Denn es ist schlicht unmöglich, jeden einzelnen Teufel per Spritze zu impfen. Stattdessen soll der Impfstoff nach dem Vorbild von Tollwutimpfungen in Europa und den USA in appetitliche Köder verpackt werden – die aber nicht einfach großflächig in der Natur ausgelegt werden können.

Das Team um Flies setzt daher auf Snackautomaten. Sie sollen die Tiere anlocken und Köder erst bei Berührung, wie auf Knopfdruck, auswerfen. Damit nicht zu viele Leckerchen in einem Teufelmagen landen, reagiert der Automat nach einem Auswurf zunächst nicht mehr, damit die Tiere das Interesse an dem Gerät verlieren. „Wir werden diese Prototypen bald ausprobieren und dann zehn neue Spender testen, um sie – vorerst noch mit Köder ohne Impfstoff – in der Wildnis zu erproben“, sagt Flies.

Mehr Zeit heißt mehr Paarungen

Dabei weiß er, dass sein Impfstoff den Krebs nicht verhindern wird. „Langfristig wollen wir erreichen, dass geimpfte Teufel länger überleben als ungeimpfte Tiere“, sagt Flies. Denn mehr Zeit bedeutet mehr Gelegenheit, sich zu paaren, sprich: die Populationen zu stärken. Die Artenschutzbiologin Carolyn Hogg von der University of Sydney in Australien, sagte dem Fachmagazin Scientific American: Es würde es schon reichen, wenn der Impfstoff die Teufel nur teilweise vor DFTD schütze.

„Er muss ihnen nur helfen, länger zu leben, als sie es derzeit tun“, sagt Hogg. „Wenn sie länger leben, schaffen sie mehr Paarungszeiten.“ Künftig will Flies seine Snackautomaten mit Kameras und Computern intelligent aufrüsten. Sie sollen die Köder nur dann auswerfen, wenn tatsächlich ein Tasmanischer Teufel den Knopf gedrückt hat und kein anderes herumstreifendes Tier.

Unterdessen stellt sich heraus, dass das Verschwinden des Tasmanischen Teufels das Ökosystem bereits verändert. Mit seinem Rückgang steigt die Population all jener Tiere, die sich ebenfalls von Kadavern und Aas ernähren.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von Drittanbietern
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

So nimmt die Zahl der Riesenbeutelmarder (Dasyurus maculatus) zu. Die neuen Bedingungen machen sich selbst in seinen Genen bemerkbar, sagte Andrew Storfer, Evolutionsgenetiker an der Washington State University im Fachmagazin „Nature“. So fanden er und sein Team, dass etwa Gene, die die Muskelentwicklung steuern, in Zusammenhang mit der Populationsdichte der Tasmanischen Teufel standen.

Das wenigstens lässt sich sehr einfach nachvollziehen: In Gegenden, wo der Beutelteufel bereits dahingerafft wurde, müssen sich die Riesenbeutelmarder weit weniger bewegen, um ausreichend Futter zu finden.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von Drittanbietern
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema