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Wissenschaft Angst vor Technologie

Warum Menschen das Neue so fürchten

Tasten einer beleuchteten Tastatur. Tasten einer beleuchteten Tastatur.
Seit Jahrhunderten lösen neue Technologien Ängste aus – heute etwa die Künstliche Intelligenz
Quelle: picture alliance/dpa
Eine digitalisierte Zukunft, Jobverlust durch Künstliche Intelligenz: Neue Technologien verändern die Welt – und schaffen Unsicherheiten. Doch das Phänomen reicht viel tiefer, sagen Technikphilosophen und Angstforscher. Woher die eigentümliche Skepsis gegenüber neuen Technologien kommt.

Eine Handvoll Überlebender kämpft gegen eine Armada an Robotern – künstliche Intelligenzen haben sich verselbstständigt und die Menschheit unterjocht. So oder so ähnlich geht die Handlung vieler Science-Fiction-Filme. Obwohl diese Geschichten den Federn fantasievoller Köpfe entspringen, treffen sie einen Nerv, der in der Realität verankert ist: Sie beschäftigen sich mit der Angst vor unberechenbarer neuer Technologie.

Künstliche Intelligenz oder KI, dieser Begriff fällt in den vergangenen Jahren immer häufiger in zahlreichen Talkshows, in politischen Diskussionen, am Arbeitsplatz. Selbst renommierte Fachleute sind sich in ihren Prognosen uneinig. Manche halten KI für so gefährlich wie Pandemien oder einen Atomkrieg, andere sprechen von überzogener Panikmache.

So warnten erst kürzlich angesehene Experten eindringlich vor den Gefahren. „Ohne ausreichende Vorsicht könnten wir unwiederbringlich die Kontrolle über autonome KI-Systeme verlieren“, schrieben Forscher im Fachmagazin „Science“. Mögliche KI-Risiken seien Cyberattacken in großem Maßstab, gesellschaftliche Manipulation, allgegenwärtige Überwachung und sogar die „Auslöschung der Menschheit“.

Ob berechtigt oder nicht, die Angst vor neuer Technik gibt es schon seit Jahrhunderten. „Technologische Entwicklungen wurden schon immer auch mit Sorge, Angst und Skepsis begleitet“, sagt Technikphilosoph und Wissenshistoriker Christian Schröter. Die Gründe sind bis heute ähnlich geblieben. Eines der bekanntesten Beispiele: die Einführung der Eisenbahn.

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„Als sich die Eisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitete, hatten viele Menschen – sogar aus der Wissenschaft – Angst, dass die enormen Geschwindigkeiten, mit denen man fahren würde, die Leute wahnsinnig machen würden. Wir reden hier von 30 Kilometern pro Stunde“, sagt Karsten Weber, Experte für Technikfolgenabschätzung an der OTH Regensburg. Menschen, die fern der Stadt wohnten, hätten „panische Angst vor den heranrasenden Lokomotiven“ gehabt, ergänzt Schröter.

Die Einführung des Webstuhls in England ging zu Zeiten der Industrialisierung sogar mit großen und gewaltsamen Aufständen einher. „Während der Industrialisierung protestierten die Weber gegen die Einführung mechanischer Webstühle, weil sie befürchteten, und zwar zu Recht, dass ihre Arbeitsplätze wegfallen“, sagt Weber.

Furcht vor Jobverlust durch KI

Die Angst, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren und durch eine Maschine ersetzt zu werden, bleibt bis heute ein zentraler Punkt bei der Skepsis gegenüber neuen Technologien. „Wir verbinden in Deutschland die Würde des Menschen mit der Arbeit, die die Person macht, zum Guten wie zum Schlechten. Die Arbeit, die wir leisten, ist wichtig für unser Selbstbild“, sagt Technikphilosoph Schröter. „Wenn mir dann plötzlich jemand sagt, dass diese Kiste da drüben das Gleiche können soll wie ich, obwohl ich mich jahrelang, vielleicht jahrzehntelang damit beschäftigt habe, dann kann es sein, dass ich mich persönlich angegriffen fühle.“

Laut einer Studie des ChatGPT-Entwicklers OpenAI und Wissenschaftlern der University of Pennsylvania, gehören Buchhalter zu den Berufsgruppen, die am stärksten von den Möglichkeiten der generativen Künstlichen Intelligenz betroffen sein dürften. Demnach sollten sich außerdem Mathematiker, Programmierer, Dolmetscher, Schriftsteller und Journalisten darauf einstellen, dass die künstliche Intelligenz zumindest einen Teil ihrer bisherigen Aufgaben übernehmen kann.

ChatGPT löste vor rund eineinhalb Jahren einen regelrechten Hype um Künstliche Intelligenz aus. KI-Chatbots wie ChatGPT werden mit gewaltigen Mengen an Informationen angelernt und können Texte auf dem sprachlichen Niveau eines Menschen formulieren. „Lange Zeit, eigentlich bis ChatGPT für alle verfügbar war, hatte kaum jemand wirklich Erfahrung mit Künstlicher Intelligenz“, sagt Weber.

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Schröter erklärt dazu: „Der Bildvorrat, den wir nutzen, um das einzuordnen, was wir nicht verstehen, stammt aus Literatur oder Film.“ Dabei verwaschen häufig die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion. „Diese Bilder haben wiederum Auswirkungen auf unser Verständnis von Technik, wie sie vermeintlich aussehen kann oder wie sie sich vermeintlich verhalten wird“, sagt Weber.

Zudem spielen mediale Darstellungen eine große Rolle bei der Wahrnehmung von KI. „Medien haben eine wichtige Rolle, weil sie Informationen unter anderem auch aus der Wissenschaft in die allgemeine Öffentlichkeit tragen“, sagt Weber. „Dabei passiert häufig, vielleicht auch notwendigerweise, etwas, was ich als Vereinfachung bezeichnen würde.“ Möglicherweise führe das bei Menschen, die über einen Bereich nicht viel wissen, zu Verunsicherung oder auch schlicht und ergreifend zu Fehlschlüssen. Auch die unterschiedlichen Aussagen von Fachleuten könnten Ängste schüren.

Bedrohung des Organismus

Unwissenheit kann ein großer Skepsis-Treiber sein. Der Präsident der Gesellschaft für Angstforschung, Peter Zwanzger, nennt die Angst vor Neuem „eine dem Menschen innewohnende Angst“. Demnach resultiert daraus die Tendenz des Menschen, Unangenehmes oder Furchtbesetztes zu vermeiden. Es sei nicht selten, dass Menschen aus diesem Grund zunehmend neuen Dingen aus dem Weg gehen.

Das könne sich zum Beispiel im Unwillen zeigen, sich mit einem neuen Computerprogramm auseinanderzusetzen, so Zwanzger. „Das bringt Nachteile im Alltag mit sich und kann im Extremfall auch isolieren.“ Zudem könne bei KI für den Menschen tatsächlich der Eindruck entstehen, einen losgetretenen Prozess nicht mehr stabilisieren oder einfangen zu können. „Kontrollverlust und Steuerungsunfähigkeit implizieren assoziativ auch den Verlust von Schutz und damit auch Bedrohung des Organismus.“

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Dennoch müsse man zwischen dieser Grundskepsis und einer intelligenten, vorausschauenden Zurückhaltung differenzieren, betont Zwanzger. „Die Lebenserfahrung lehrt uns, dass nicht wirklich jede Veränderung und Innovation gewinnbringend ist. Kluge Menschen wissen, dass damit auch Gefahren verbunden sein können, die klug evaluiert und sorgfältig abgewägt werden müssen.“

„Auf jeden Fall sollte man skeptisch sein oder vielleicht vorsichtig und sorgfältig“, sagt Schröter zum Beispiel der Künstlichen Intelligenz. Die Sorge über mögliche Veränderung sei nicht unbedingt das Gleiche wie die Ablehnung der neuen Technik. „Hier geht es um eine Technologie, die weitreichende Konsequenzen haben kann. Eine gewisse Vorsicht ist sicherlich nicht ungeschickt“, betont auch Weber.

dpa

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