Insbesondere in den rheinischen Hochburgen des Karnevals werden in diesen Tagen ungezählte Biere gezapft – aus professionellen Schankanlagen, aber auch aus vielen kleineren Partyfässern mit fünf oder zehn Liter Inhalt.
Jeder, der selbst schon mal aus so einem Fass Bier gezapft hat, kennt das Problem: Bisweilen füllt sich das Glas zunächst fast ausschließlich mit Schaum und man muss geduldig warten, bis sich dieser so weit in Bier zurückverwandelt hat, bevor man nachschenken kann. Und dann wiederholt sich das Spiel von vorne und es kann Minuten dauern, bis man ein Glas mit einem akzeptablen Füllgrad und nicht zu viel Schaum in der Hand hält. Aber auch das umgekehrte Problem tritt auf. Manchmal füllt sich ein Glas auch zügig, wird aber nicht mit einer weißen Blume gekrönt.
Der Hobby-Zapfer lernt mit der Zeit, wie sich die Abläufe und Ergebnisse verbessern lassen – Glas zunächst schräg halten, Zapfhahn auf die Innenwand aufsetzen und die Fließgeschwindigkeit anfangs nicht zu hoch wählen. Von einer Optimierung im wissenschaftlichen Sinne kann man da aber gewiss nicht sprechen, doch darum geht es in diesem Fall auch nicht.
Aus der professionellen Perspektive eines Wirtes ist das optimale Zapfen gleichwohl von großer Bedeutung. Zum einen soll dem Gast natürlich ein „perfektes“ Bier serviert werden, das eine schöne Schaumkrone besitzt – die nicht zu klein und nicht zu groß ist.
Und so sind Wissenschaftler um Wenjing Lyu von der chinesischen Akademie der Wissenschaften der Frage nachgegangen, wie sich das Zapfen von Bier optimieren lässt. In der Fachzeitschrift „Physics of Fluids” haben sie jetzt ihre Erkenntnisse publiziert, die sie mithilfe von Computersimulationen gewonnen haben.
„Diese Modellrechnungen sind eine komplexe Aufgabe, denn es müssen zahlreiche physikalische und chemische Interaktionen berücksichtigt werden, die beim Ausschenken von Bier auftreten“, sagt Lyu, „da geht es um Strömungsmechanik, den Transfer von Wärme und Massen und auch chemischen Reaktionen.“
Zapfhähne optimieren
Zudem hängt das Ganze auch noch von der Temperatur des Bieres, dem Druck, der Kohlendioxid-Konzentration ab und der Form der Zapfhahnspitze. Nie zuvor haben Forscher diesen überaus komplizierten Prozess im Computer nachgestellt.
Die Forscher berichten, dass sie mit ihrem Modell die Eigenschaften der Bierkrone vorhersagen können – ihre Höhe, Stabilität und das Volumenverhältnis von flüssigem Bier und Schaum im Glas.
Für den Hobby-Zapfer sind die Forschungsergebnisse nicht unmittelbar umsetzbar. Die Erkenntnisse lassen sich jedoch nutzen, um Zapfhähne optimal zu designen – optimal in dem Sinne, dass eine möglichst große Strömungsgeschwindigkeit erreicht wird, mit der sich noch ein perfekt gekröntes Bier erzeugen lässt. Kurzum: die neuen Erkenntnisse erlauben pro Zeiteinheit möglichst viele Biere zu zapfen.
Und da wird die wirtschaftliche Relevanz der Forschungsarbeiten deutlich. Die Wissenschaftler haben eine Kooperation mit dem Startup „Einstein 1“, das neuartige Zapfhähne entwickelt.
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