Der Chef des Online-Händlers Otto.de, Marc Opelt, plädiert angesichts der schwachen deutschen Konjunktur für ein Konjunkturprogramm nach dem Muster des amerikanischen Inflation Reduction Acts. Aus Unternehmensperspektive müsse die Zielsetzung sein, Investitionen für den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft zu beschleunigen.
„Sonst ist es nicht möglich, die notwendige Modernisierung der Infrastruktur anzugehen, digitale Fähigkeiten auszubauen und ein ökologisch vertretbares Wachstum zu verfolgen“, sagte der Manager WELT. Damit sei es auch möglich, mehr Unternehmen zu einem Bekenntnis zu den sogenannten „Science Based Targets“, also zu Klima-Selbstverpflichtungen, zu bewegen. Ein großes Programm quer durch alle Branchen könne nicht nur beim Erreichen der Klima- und Nachhaltigkeitsziele helfen, sondern etwa über neue Arbeitsplätze auch die Gesamtwirtschaft in Schwung bringen.
Im eigenen Geschäft hat Otto.de die Nachfrageschwäche – wie die gesamte Online-Handelsbranche – gespürt. Obwohl Dritthändler mehr über die Plattform verkaufen, sank der Außenumsatz um acht Prozent auf 4,2 Milliarden Euro.
Damit habe sich Otto.de allerdings besser geschlagen als die Branche, sagte Opelt. Einen Teil des Umsatzrückgangs im Handelsgeschäft machten gestiegene Werbeeinnahmen von den externen Händlern wett.
Größter Konkurrent und Marktführer ist Amazon. Der US-Konzern holte in Deutschland seinen Umsatzeinbruch von 2022 bereits wieder auf: Er setzte 2023 knapp 37,6 Milliarden Dollar in Deutschland um – etwas mehr als 2021. Im Online-Krisenjahr 2022 waren es nur 33,6 Milliarden Dollar. Allerdings beinhalten die Amazon-Zahlen neben dem E-Commerce auch das Webhosting-Geschäft AWS.
Öffnung von Otto.de für externe Händler zahlt sich aus
Bei Otto.de zahlt sich die Öffnung der Plattform für externe Händler nach dem Amazon-ähnlichen Marktplatz-Modell aus: Ihre Zahl stieg um ein Drittel an, der Umsatz über die Plattform insgesamt um zwei Prozent.
Da Otto.de sparsamer agiere, habe sich die Ergebnissituation deutlich verbessert, sagt Opelt, ohne Details zu nennen. Otto.de ist mit 6000 Mitarbeitern Teil der Hamburger Otto Gruppe, zu der etwa auch Bonprix, Manufactum, der Logistiker Hermes und der Finanzdienstleister EOS gehören.
Wachstum verspricht sich Opelt im laufenden Jahr von der Öffnung des Marktplatzes für Händler aus der EU, die keine deutsche Steuernummer haben. Zudem sollen im laufenden Jahr auch solche Produkte angeboten werden können, die dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen.
Damit sollen etwa Balkonkraftwerke oder Nahrungsergänzungsmittel erfasst sein. Im vergangenen Jahr war bereits die Kategorie Drogerieartikel hinzugekommen.