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Wirtschaft Mister Spex

Ohne Chance gegen Fielmann

Redakteur Wirtschaft & Innovation
Quelle: Monty Rakusen/Getty Images; Montage: Infografik WELT
Der aufstrebende Online-Optiker Mister Spex hatte einst selbstbewusste Wachstumspläne. Platzhirsch Fielmann wurde als behäbiger analoger Konkurrent belächelt. Zu früh, wie sich jetzt offenbart. Denn der „alte“ Optiker hat einen entscheidenden Vorteil.
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Nach außen ist der Fielmann-Angreifer Mister Spex in Feierlaune: „15 Jahre Optiker-Expertise“ preisen Banner auf der Website und Aufkleber in den Filial-Schaufenstern an. Doch hinter den Kulissen ist Mister Spex nur zwei Jahre nach dem Börsengang in der Krise: Die schnelle Expansion im In- und Ausland, die die Aktionäre begeistern sollte, ist gestoppt. Jetzt trifft der Sparkurs auch den Vorstand: Personalchefin Maren Kroll muss gehen.

Der Vorgang zeigt, wie sehr Mister Spex bei seinem Ziel, eine bedeutende europäische Brillen-Kette zu werden, zurückstecken muss. Die Börse will in Hochzins-Zeiten Gewinne statt Wachstumsfantasie. Das hilft ausgerechnet dem stärksten Konkurrenten Fielmann, den Mister Spex einst aufs Altenteil schicken wollte.

Der Abgang der Mister-Spex-Personalchefin diene „zur Verschlankung der Unternehmensstruktur“, teilten die Berliner am Donnerstag noch vor einer Aufsichtsratssitzung mit. Schon in diesem Monat werde Kroll aufhören. „Maren war eine starke Verfechterin von Vielfalt, Integration und Chancengleichheit“, lobte Aufsichtsratschef Peter Williams die Mittvierzigerin, die im vergangenen Jahr eine gute Viertelmillion Euro verdient hat.

Dabei sollte Kroll eigentlich für einen Aufbruch stehen, als sie Anfang 2020 zu Mister Spex kam – hatte sie doch beim hoch gehandelten Rasierklingen-Start-up Harry’s und beim Mode-Versender Zalando rasante Wachstumsgeschichten miterlebt. Auch Mister Spex sollte den Beginn einer großen Expansion erleben.

Quelle: Infografik WELT

Etliche neue Filialen in Deutschland, dazu der Aufbruch in Länder wie Österreich, Großbritannien und Schweden – das war der Plan, mit dem die beiden Gründer Dirk Graber und Mirko Caspar um die Gunst von Investoren für ihre Vision eines kombinierten Online- und Filialoptikers warben. Kurz vor dem Börsengang rückte dafür 2021 Personalchefin Kroll sogar in den Vorstand auf, zusammen mit dem damals neuen Finanzchef Sebastian Dehnen.

Doch die auf Wachstum ausgelegte Chefetage ist inzwischen ebenso zusammengeschrumpft wie die Wachstumspläne selbst. Finanzler Dehnen hat sich bereits vor einem Dreivierteljahr verabschiedet und ist zum Elektronikhändler Conrad gewechselt. Die beiden Gründer sind nun wieder allein im Vorstand – wie beim Start vor 15 Jahren.

Damals erfanden sie Mister Spex als reinen Online-Optiker. Der Verkauf über das Netz sollte vor allem den behäbig gewordenen einstigen Branchen-Rebellen Fielmann unter Druck setzen.

Süffisant meldeten die Mister-Spex-Gründer ihre Wachstumszahlen damals gern direkt nach den Geschäftszahlen der börsennotierten Hamburger Traditions-Kette. Deren Gründer, Günther Fielmann, tat den Newcomern den Gefallen, immer wieder gegen Brillen aus dem Internet zu wettern – und so bei den jungen Kunden alt auszusehen.

Längst jedoch nähern sich die Geschäftsmodelle der beiden Konkurrenten an: Gründer-Sohn Marc Fielmann treibt die Online-Services seiner Kette voran. Kontaktlinsen gibt es inzwischen auch bei Fielmann per App, eine eigene Digital-Abteilung entwickelt virtuelle Sehtests und Anproben am Bildschirm.

Quelle: Infografik WELT
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Mister Spex hat derweil erkannt, dass Ladengeschäfte Vertrauen bei neuen Kunden bringen. Ohne Erstberatung in der Filiale wollen viele Kunden eben doch keine Brille kaufen – bestellen aber womöglich im Netz weitere Fassungen nach.

Dadurch wachse der Umsatz in Regionen mit Filiale deutlich schneller, rechnete Mister Spex bereits zum Börsengang vor. Platz für 200 Filialen gebe es in Deutschland – und dazu eben noch das europäische Ausland.

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Zu einer Bewertung von 829 Millionen Euro ging Mister Spex vor zwei Jahren an die Börse. Doch dann kamen Ukraine-Krieg, Zinssteigerungen und Inflation. Und die Aktie rauschte in den Keller: Gerade einmal 122 Millionen Euro ist das Unternehmen heute rechnerisch noch wert. Die Analysten wandten sich ab: Aktuelle Empfehlungen zur Aktie gibt es nicht mehr.

Denn wie bei anderen jungen Aktien aus dem Umfeld – von der Gebrauchtwagen-Plattform Auto1 bis zum Ferienhausvermittler HomeToGo – bleibt die Aktie trotz des Höhenflugs des Leitindex Dax am Boden. Seit dem Jahresbeginn ist sie noch einmal um fast zehn Prozent gesunken. In den etablierten Erzrivalen Fielmann hingegen setzen die Anleger mehr Vertrauen: Dessen Aktie stieg im Jahresverlauf bereits um 28 Prozent.

Das Auslandsgeschäft lockte einst Investoren – jetzt lässt es nach

Das Problem für Mister Spex: Anders als Fielmann hat der Angreifer noch nie einen Gewinn erzielt. In Zeiten der Börseneuphorie war das ein lässlicher Preis für das erwartete Wachstum. Doch bei steigenden Zinsen fliehen die Anleger aus Aktien von verlustreichen Unternehmen. Also muss Mister Spex sparen – zumal frisches Geld über neue Aktien bei dem Börsentief auf absehbare Zeit keine Option ist.

Der intern im besten BWLer-deutsch „Lean 4 Leverage“ getaufte Sparkurs geht zulasten des Wachstums: Nach 210 Millionen Euro Umsatz im Vorjahr soll in diesem Jahr erneut nur ein Zuwachs im einstelligen Prozentbereich stehen. Im Inland ist die Filial-Expansion zunächst gestoppt.

Das Auslandsgeschäft, das einst die Fantasie der Aktionäre beflügelte, verliert radikal an Wichtigkeit: Die Manager geben das um 15 Prozent reduzierte Marketing-Budget inzwischen wieder lieber in Deutschland aus. In der Folge sank der Auslandsumsatz um acht Prozent, vor allem in Skandinavien und Großbritannien.

Erhofften sich den großen Coup: 2022 gingen Mirko Casper und Dirk Graber (re.) mit Mister Spex an die Börse
Erhofften sich den großen Coup: 2021 gingen Mirko Casper und Dirk Graber (re.) mit Mister Spex an die Börse
Quelle: picture alliance/dpa
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Der Sparkurs soll den Verlust, der 2022 auf knapp 45 Millionen Euro gestiegen war, eindämmen. Die Kehrseite: Es bleibt bei den rund 70 Filialen weltweit, die Wachstumsfantasie ist begrenzt. Rivale Fielmann bleibt mit 1,7 Milliarden Euro Umsatz weit vorn, zumal die Kette im europäischen Ausland sogar besonders stark wächst.

Noch sind die wichtigsten Aktionäre Mister Spex treu. Mit elf Prozent ist der Optik-Konzern EssilorLuxottica der größte Anteilseigner, gefolgt von der Hamburger Immobilien-Familie Büll. Auch die Investment-Firma Paladin des Sohns des Start-up-Investors Carsten Maschmeyer, Marcel Jo Maschmeyer, gehört zu den größeren Aktionären. Mit vier Prozent ist zudem der teilstaatliche Hightech-Gründerfonds vertreten – ein Relikt aus der Anfangszeit.

Ein Ausstieg zum jetzigen Aktienkurs wäre für die Investoren wohl oft einfach ein zu großes Verlustgeschäft. Sie sind zum Prinzip Hoffnung verdammt.

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