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Sylt

Hitlergruß und „Ausländer raus“-Gesang in Promi-Club – Wirt streicht Lied von Playlist

Veröffentlicht am 24.05.2024Lesedauer: 5 Minuten

Wie in jedem Jahr haben zu Pfingsten die Wirte auf der Nordsee-Insel Sylt die Saison eingeleitet. Auch der Club „Pony“ öffnete seine Türen und hieß Gäste willkommen. Nun tauchte in den sozialen Medien ein Video aus dem „Pony“ auf, das zeigt, wie Gäste im Außenbereich des Lokals ausländerfeindliche Parolen skandieren.

In einem beliebten und teuren Club in Kampen feierten junge Gäste ausgelassen – und sangen die Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“. Der Betreiber reagiert mit Entsetzen, Bildungsministerin Prien (CDU) sieht „ein Zeichen von Wohlstandsverwahrlosung“.

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Zu Pfingsten haben die Wirte auf der Nordsee-Insel Sylt die Saison eingeläutet. Auch der Club „Pony“ öffnete seine Türen. Am Donnerstag tauchte in den sozialen Medien ein Video auf, das zeigt, wie junge Frauen und Männer im Außenbereich des Lokals ausgelassen feiern.

Zur Musik des Electro-Hits „L‘amour toujours“ des italienischen DJ Gigi D‘Agostino grölen sie eine ausländerfeindliche Parole. In der nur wenige Sekunden langen Aufnahme ist „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ zu hören. Ein Einschreiten anderer Gäste ist im Video nicht zu sehen.

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Das „Pony“ liegt auf der Strönwai im Ort Kampen. Das Dorf preist das Lokal auf seiner Website als ältesten Club Deutschlands an, in dem die Stimmung „stets locker, ausgelassen und amüsant“ sei. Seit mehr als fünf Jahrzehnten feiern die Gäste bis früh in den Morgen. Kampen ist als Zentrum für Wohlhabende bekannt. Die Lokale und Boutiquen auf der Straße gelten als teuer und exklusiv.

Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, parkten am Tag der Feier im „Pony“ zahlreiche Luxuswagen auf der als „Whiskymeile“ bekannten Straße vor dem Lokal. Nach Informationen der Zeitung hatten Gäste zum Saisonstart 150 Euro Eintritt zahlen müssen, Getränke exklusive.

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Reaktion des Betreibers: „Wir distanzieren uns“

Auf dem Instagram-Kanal des „Pony“ positioniert sich der Betreiber klar zu dem, was auf dem Video zu sehen ist: „Wir distanzieren uns jeder Art Rassismus und Diskriminierung.“

„Wir waren schwer schockiert über das Video“, sagt „Pony“-Geschäftsführer Tim Becker

Im Sylter Promi-Club „Pony“ grölten an Pfingsten VIP-Gäste die Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ und filmten sich dabei. Eine Person zeigt offenbar den Hitlergruß. Die Mitarbeiter des „Pony“ sollen davon nichts mitbekommen haben, so Tim Becker, der Geschäftsführer des „Pony“.

Tim Becker, der Geschäftsführer des Clubs, sagte im Nachrichtensender WELT TV, er und seine Mitarbeiter seien vom Video „schockiert“ gewesen. Sie hätten die Gesänge aufgrund der Lautstärke im gut besuchten „Pony“ nicht mitbekommen. Becker kündigte an, den Song in Zukunft nicht mehr zu spielen. „Wir werden auch dazu anhalten, dass das auch andere Gastronomen nicht mehr machen“, sagte er zu WELT TV. „Das ist natürlich für den Künstler schade, aber wenn so ein Song wirklich missbraucht wird für so etwas, sollte man da keinen Nährboden geben.“ Neben dem bereits erteilten Hausverbot kündigte Becker an, zivilrechtliche Konsequenzen mit einem Anwalt zu prüfen.

Club kündigt Anzeigen an – Staatsschutz ermittelt

In einem Instagram-Beitrag schrieben die Betreiber, sie hätten nun die Namen „dieser Nazis zugespielt“ bekommen. „Wir werden dieses widerliche Verhalten anzeigen und alle strafrechtlichen Möglichkeiten nutzen!!!“ Jeder Gast unabhängig von der Ethnie sei herzlich willkommen. Auch die Polizei Schleswig-Holstein äußerte sich auf X und bestätigte Ermittlungen: „Dieses Video ist uns bekannt und wird hinsichtlich strafrechtlich relevanter Inhalte geprüft“, hieß es.

In dem Fall ermittelten nun der Staatsschutz und die Staatsanwaltschaft in Flensburg. Es gehe um Volksverhetzung und die Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen.

Die „Whiskymeile“ gilt als eine der teuersten Straßen Deutschlands (Archivfoto)
Die „Whiskymeile“ gilt als eine der teuersten Straßen Deutschlands (Archivfoto)Quelle: picture alliance/dpa/Carsten Rehder

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Flensburg und der Polizei sollen sich zunächst gegen die Personen, die auf dem Video die genannten Äußerungen mitsingen bzw. Kennzeichen tätigen, richten. Es sei allerdings nicht auszuschließen, dass im Rahmen der Ermittlungen weitere Tatverdächtige hinzukommen, die auf diesem Video nicht abgebildet sind. Ersten Hinweisen auf beteiligte Personen wird seitens der Polizei nachgegangen.

Influencerin distanziert sich von Frau in Video

Die Hamburger Influencerin Milena Karl teilte auf ihrem Instagram-Kanal mit, dass in dem Video auch eine Person zu sehen sei, die mit ihr „in einem Arbeitsverhältnis stand“. Karl werde das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung auflösen, schrieb sie. „Ich distanziere mich nicht nur von dem Inhalt, sondern auch von sämtlichen Personen, die in diesem Video auftreten. Ich bin selbst Migrantin und als werdende Mutter steht alles, was in diesem Video zu sehen ist, für eine Gesellschaft, in der ich mein Kind nicht großziehen möchte.“

Gleich zu Beginn des Videos ist eine Frau zu sehen. Bei einem inzwischen gelöschten Profil auf der Karriereplattform LinkedIn gab sie an, dass sie an der Hamburger Hochschule für angewandte Sprachwissenschaften studiert hat. Mehrere weitere Internetseiten legen den Schluss nahe, dass die Frau auch als Model gearbeitet hat.

„Diese unverhohlene ‚Ausländer-raus-Stimmung‘ erleben wir auch in unserer Beratung“, sagte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, am Freitag. „Menschen werden diskriminiert und herabgewürdigt.“ Weiter: „Das ist blanker Rassismus, der sich immer weiter in alle Milieus und Altersgruppen hineinfräst und offen ausgelebt wird.“

Ministerin Touré verurteilt „widerwärtiges“ Verhalten

Schleswig-Holsteins Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Das ist kein dummer Jungenstreich, sondern schlimmstes Nazi-Gegröle erwachsener Leute auf offener Bühne. Widerwärtig und ekelhaft. Schämen sollten sie sich! Jetzt müssen strafrechtliche Ermittlungen folgen.“ Bildungsministerin Karin Prien (CDU) nannte den Vorfall „ein Zeichen von Wohlstandsverwahrlosung“.

Die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli schrieb in der Nacht auf Freitag auf der Plattform X: „Deutschland den Deutschen. Ausländer raus. Ausländer raus. Ort: Sylt. Und sie fühlen sich so sicher.“ Der TV-Moderator Jan Böhmermann fragte: „Wer und wo sind diese Leute?“ Und die Moderatorin Dunja Hayali twitterte: „Mit Hitlerbärtchen und Schampus, aber ohne „Ausländer“. #Sylt. 2024.“

Es ist nicht der erste Fall, bei dem Feiernde zu der Musik von Gigi D‘Agostino ausländerfeindliche Gesänge skandieren. Bereits im Februar wurde ein Fall aus Bayern bekannt, bei dem nach einer Veranstaltung Mitglieder der AfD dieselbe Parole wie im Sylter Fall in Feierlaune riefen. Auch dies zur Melodie des italienischen Kult-Songs.

Zudem soll auf einer Party nach einem Landeskongress der Jungen Liberalen Bayern im April mindestens ein Mitglied des FDP-Nachwuchses die rassistische Floskel „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ skandiert haben.

jag/con/ad mit dpa