Novak Djokovic bleibt rund einen Monat nach seiner Knie-Operation in Wimbledon im Titelrennen. Der Rekord-Grand-Slam-Sieger gewann souverän mit 6:3, 6:4, 6:2 gegen den Dänen Holger Rune und zog damit ins Viertelfinale ein. Djokovic benötigte gegen den 16. der Weltrangliste nur 2:03 Stunden, der 37-jährige steht damit zum 15. Mal in Wimbledon in der Runde der besten Acht und bestreitet zum insgesamt 60. Mal ein Grand-Slam-Viertelfinale. Soweit so gut.
Was sich danach aber abspielte, war weniger rühmlich. Der Serbe legte sich mit dem Publikum an – und ließ sich nicht stoppen. Bei Tennis-Turnieren ist es üblich, dass der Sieger auf dem Platz noch ein paar nette Sätze zum Besten gibt. Ein Moderator stellt ein paar harmlose Fragen, der Triumphator gibt ein paar gefällige Antworten und das Publikum spendet brav Applaus.
Zu Beginn lief alles nach der altbekannten Wohlfühl-Dramaturgie. Djokovic sagte, er sei sehr zufrieden, sprach von einer „soliden Leistung“ und davon, dass Rune „auch nicht auf seinem höchsten Level gespielt hat“. Dann aber setzte er zur Kritik am Publikum an. „All denen, die entschieden haben mich heute nicht zu respektieren, wünsche ich eine guuuute Nacht.“ Das wiederholte er noch mal provokativ: : „Guuuuute Nacht, eine sehr guuuuuute Nacht!“
Djokovic ließ die Erklärung für „Ruuuuune“-Rufe nicht gelten
Hintergrund dieses sehr langgezogenen U’s in seiner Botschaft: Djokovic fühlte sich während des Matches immer wieder vom Publikum herausgefordert, weil das seinen Kontrahenten mit „Ruuuuune -Sprechchören angefeuert hatte, was sich tatsächlich eine wenig wie ein Buuuuuh angehört hatte – vielleicht auch sollte. Djokovic hatte das schon während des Duells zuweilen mit scharfem Blick Richtung der Zuschauerränge quittiert. Der Djokovic‘ Interviewer jedenfalls versuchte nun zu besänftigen. Er wies ihn darauf hin, dass sich ein langgezogenes „Ruuuune“ eventuell anhöre wie Buhen, aber nicht so gemeint war.
Doch das ließ Djokovic nicht gelten. „Das akzeptiere ich nicht. Nein! Ich weiß, dass sie für Rune gejubelt haben, aber das ist ein Winkelzug, um auch zu buhen. Ich bin seit mehr als 20 Jahren auf der Tour. Ich kenne alle Tricks“, sagte der Weltranglisten-Zweite und wandte sich wieder ans Publikum: „Ich habe schon in deutlich feindlicheren Umgebungen gespielt. Ihr könnt mir nichts anhaben.“
Später, auf der Pressekonferenz, wich Djokovic nicht von seiner Linie ab. „Wenn ich das Gefühl habe“, sagte er, „dass eine Menge die Grenze überschreitet, reagiere ich. Ich bereue weder meine Worte noch meine Handlungen auf dem Platz.“ Rune selbst verstand die Aufregung nicht. „Wenn man nicht weiß, was passiert ist, klang es wahrscheinlich wie ein ‚Buh‘. Aber wir alle wissen, dass es mein Name war“, sagte er. Er glaube zudem nicht, „dass es eine große Rolle in dem Spiel gespielt hat“.
Tatsächlich ließ sich Djokovic während des Matches nicht wirklich aus der Ruhe bringen. Rune hatte gegen ihn nie eine Chance. 24 Grand-Slam-Titel hat der 37-Jährige in seiner einzigartigen Karriere schon gewonnen – und bringt sich bei dem Rasenevent immer mehr in Stellung. Mit seinem achten Titel in Wimbledon würde Djokovic mit Rekordsieger Roger Federer aus der Schweiz gleichziehen.
Im Achtelfinale der French Open in Paris hatte sich Djokovic einen Meniskusriss im Knie zugezogen und war anschließend nicht mehr zum Viertelfinale angetreten. Nach einer Operation fühlte er sich dennoch bereit für den Londoner Rasenklassiker.
Djokovic‘ nächster Gegner ist der Australier Alex de Minaur. Dem 25-Jährigen gelang mit einem 6:2, 6:4, 4:6, 6:3- gegen den Franzosen Arthur Fils erstmals den Sprung ins Viertelfinale von Wimbledon. Weiter ging es für den Mann aus Sydney noch nie bei einem Grand-Slam-Turnier.