Die deutsche Mannschaft hat ihre Hausaufgaben erledigt und ist bei der Heim-Europameisterschaft vorzeitig ins Achtelfinale eingezogen. Die DFB-Elf schlug Ungarn mit 2:0 (1:0). Die Spieler in der Einzelkritik.
Manuel Neuer: Für den Torwart des FC Bayern war es das 17. EM-Spiel, er holte damit Italiens Legende Gianluigi Buffon ein – kein Keeper absolvierte mehr EM-Spiele. Neuer war bereits in der zweiten Spielminute gefordert, als der Freiburger Sallai frei vor ihm auftauchte. Der 38-Jährige war schneller am Ball und bewahrte Deutschland vor einem frühen Rückstand. Zudem parierte er unter anderem einen gefährlichen Freistoß von Szoboszlai (26.). In der zweiten Halbzeit hatte er deutlich weniger zu tun, in den Schlussminuten wurde es bei einer Flanke nochmal gefährlich, die Neuer zunächst entschärfen konnte. Dürfte mit dieser insgesamt starken Leistung die Diskussionen um ihn beendet haben. Note: 2
Joshua Kimmich: Der Rechtsverteidiger probierte es immer wieder mit Flanken, einige davon waren gefährlich, einige nicht präzise genug. Das deutsche Spiel war zunächst aber auch nicht unbedingt auf die Flügel ausgelegt. Defensiv agierte er stabil, war immer auf der Höhe und strahlte Ruhe und Sicherheit aus. Mitte der zweiten Halbzeit hätte Kimmich beinahe das 3:0 erzielt, als er aus spitzem Winkel abzog. In der Endphase besonders offensiv. Note: 3
Antonio Rüdiger: Der Abwehrchef von Real Madrid rettete sein Team in der 15. Spielminute, als er einen Schuss Sallais blockte. War zur Stelle, wenn er gebraucht wurde. Bekam wegen Reklamierens eine Gelbe Karte – unnötig. Ordnete die Defensive solide und gewann seine Zweikämpfe. Note: 3
Jonathan Tah: An diesem Abend einer der besten Deutschen und auffälliger als Rüdiger. Sehr souverän. Defensiv enorm sicher, mit seinen Pässen für das Aufbauspiel wichtig. Sah meist den richtigen Mitspieler und freien Raum. Gewann den Zweikampf vor dem 1:0 Gündogans und machte somit erst den Angriff und den Treffer möglich. In der 29. Spielminute klärte er stark gegen Szoboszlai. Ein sehr verlässlicher Rückhalt – und mehr als das. Note: 2
Maximilian Mittelstädt: Es war ein Heimspiel für den Shooting-Star des VfB Stuttgart. In seiner erst zweiten Partie bei einem großen Turnier tauchte der Linksverteidiger in der ersten Halbzeit einmal unter dem Ball durch. Hielt seine Position und versuchte immer wieder, sich nach vorn einzuschalten. Effektives kam zunächst nicht immer dadurch zustande. Strahlt noch nicht immer die Souveränität wie einige seiner Nebenleute aus – das wäre nach so wenigen Länderspielen aber auch ein Wunder. Doch er nutzt seine Freiräume, wenn es drauf ankommt: Das 2:0 bereitete er mit einer sehr guten und scharfen Hereingabe vor. Das war sein Glanzmoment, der zweite Treffer für seine Mannschaft ganz wichtig, bedeutete er doch die Entscheidung in dieser Partie. Ein erfolgreicher EM-Tag für den Stuttgarter. Er erfüllt seinen Aufgaben-Part in dieser Mannschaft. Note: 3
Robert Andrich: Musste nach einer Gelben Karte aus dem Auftaktspiel gegen Schottland etwas vorsichtiger spielen. Es gelang ihm. Brachte dennoch seiner Körperlichkeit und Dynamik ein und war aufmerksam, wenn die Ungarn im Mittelfeld kombinierten. Nahm einen Eckball von Toni Kroos mit viel Mut und guter Technik volley. Spielte im zentralen Mittelfeld an der Seite von Kroos clever, holte auch mal ein Foul der Ungarn an der deutschen Strafraumgrenze raus und unterband frühzeitig Angriffe des Gegners. Note: 3
Toni Kroos: Für ihn reichen eigentlich zwei Wörter: Einfach gut. Erledigte alles: Grätsche mal, passte wie nahezu immer enorm präzise, erhöhte und drosselte das Tempo, je nach Spielsituation. Und schoss die Eckbälle, bei denen die deutsche Mannschaft inzwischen gute Varianten draufhat. Kroos war in der ersten Spielhälfte 83 Mal am Ball, spielte 70 Pässe (96 Prozent kamen an). Der Lenker des deutschen Spiels. Ihn zurückzuholen war eine der besten Aktionen, welche Bundestrainer in der Geschichte der Nationalelf gemacht haben. Note: 2
Gündogan verdient sich die Auszeichnung
Jamal Musiala: Er prägt bislang dieses Turnier. Sein 1:0 in der 22. Spielminute war sein zweiter Treffer bei dieser EM. Effektiver geht es nicht: Musiala nutzte bei dieser EM seine ersten Torschüsse zu Treffern. Die Technik, die Schnelligkeit und Leichtfüßigkeit des 21-Jährigen sind immer wieder beeindruckend. Kurz vor der Halbzeitpause traf Musiala das Außennetz. Er war an den meisten Angriffen seines Teams beteiligt und zog immer wieder in den Strafraum, leitete das 2:0 Ilkay Gündogans ein. Gewann in der ersten Halbzeit 71 Prozent seiner Zweikämpfe. Einer der besten Deutschen. Die Fans verabschiedeten ihn bei seiner Auswechslung mit viel Applaus. Note: 1
Ilkay Gündogan: Der Kapitän überzeugte. Musste bislang mit der Kritik leben, dass er im Klub meist deutlich besser sei als in der Nationalelf. Das konnte an diesen Mittwochabend mal niemand sagen. Seine beste Aktion in der ersten Halbzeit zeigte er vor Musiala 1:0, als er die Situation erkannte und aggressiv und gedankenschnell gegen Willi Orban von RB Leipzig nachsetzte. Und den Ball eroberte. Spielte klare Pässe und dirigierte die Mannschaft. Der Mittelfeldprofi des FC Barcelona war an der Entstehung von vier der sieben deutschen EM-Tore direkt beteiligt. Hätte zu Beginn beinahe das 2:0 erzielt, doch Ungarn Torwart Gulacsi wehrte seinen Schuss ab. In der zweiten Halbzeit dann verwandelte er die Hereingabe von Maximilian Mittelstädt cool zum zweiten deutschen Tor – es war sein erster Treffer bei einer EM überhaupt. Sehr eifrig und laufstark, die zweite überzeugende Leistung des Mannschaftsführers in diesem Turnier. Ein wichtiges Spiel in der Karriere Gündogans, obwohl es keine K.o.-Partie war. Die Uefa wählte ihn berechtigterweise zum Spieler des Spiels, zum Man of the Match. Note: 1
Florian Wirtz: Längst nicht so im Spiel wie noch gegen die Schotten. Wurde ab Mitte der ersten Halbzeit besser, jetzt sah der Jungstar von Bayer Leverkusen die freien Räume und ging auch mal ins Dribbling. War aber längst nicht so gefährlich und effektiv wie im Auftaktspiel und gewann lediglich 24 Prozent seiner Zweikämpfe. Note: 3
Kai Havertz: Setzte sich in der Anfangsphase stark gegen Willi Orban durch und hätte beinahe das 1:0 erzielt. Legte weniger später sehr gut auf für Gündogan, der in dieser Situation noch nicht traf. Der Stürmer vom FC Arsenal zog immer wieder mehrere Gegenspieler auf sich, kam aber nicht oft zum Abschluss. Ihm fehlte auch etwas Glück in dieser Partie. Gewann lediglich 20 Prozent seiner Duelle, war mit Wirtz zweikampfschwächster Spieler der Deutschen. Note: 3
Niclas Füllkrug (58. für Havertz): Zweites Spiel, zweite Einwechslung für den Stürmer von Borussia Dortmund. Suchte immer wieder die Lücken in der ungarischen Abwehrkette. Bekam aber keine Pässe, um ein Tor zu erzielen. Erfüllte seine Aufgabe, indem er die Ungarn viel beschäftigte und immer wieder auf Konter lauerte. Note: 3
Leroy Sané (58. für Wirtz): Vor dem Turnier hatte er Verletzungsprobleme, nun sein zweiter Einsatz. Der Offensivprofi des FC Bayern hatte seiner Einwechslung wenige zwingende Aktionen. Für ihn geht es derzeit auch darum, Spielminuten zu sammeln, um seinen Rhythmus zu finden. Wie gefährlich er sein kann, zeigte er in der Schlussphase mit einem guten Pass in den Strafraum. Bei einem Konter kurz vor Spielschluss allerdings spielte er einen Fehlpass – und somit war die Chance auf das 3:0 dahin. Note: 3
Emre Can (71. für Andrich): Ohne Note
Chris Führich (71. für Musiala): Ohne Note
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