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  4. Schweiz: Von Chur bis Winterthur – Tipps für Städtereisen

Städtereisen Sightseeing

Diese Schweizer Städte sollten Sie unbedingt kennen

Zürich, Basel, Genf – wenn es um Städtereisen und das Land der Eidgenossen geht, fallen stets die gleichen Namen. Aber jenseits der Metropolen gibt es viel zu entdecken. Hier sind fünf besondere Sommerziele.
Blick hinunter auf die Stadt Chur Blick hinunter auf die Stadt Chur
Blick hinunter auf die Stadt Chur
Quelle: picture alliance / imageBROKER

Chur – älter ist keine in der Schweiz

Am besten fährt man sogleich mit der Luftseilbahn hinauf aufs Känzeli und weiter nach Brambrüesch. Von dort oben sieht man am besten, wie schön Chur liegt, und dass es sich zu Recht Alpenstadt nennt – eine Symbiose aus Natur und Stadt. Chur hat 40 000 Einwohner, ein hübsches Städtchen mit beeindruckender Historie.

Als Stadt mit der ältesten Siedlungsgeschichte nördlich der Alpen ist Chur im Kanton Graubünden natürlich auch die älteste Schweizer Stadt überhaupt. Das bedeutet: Als sich die Römer vor 2000 Jahren hier niederließen, war die Gegend schon längst Siedlungsgebiet.

Wer die römischen Ausgrabungen besichtigen mag, bekommt aber zugleich ein Beispiel dafür, wie modern Chur ist. Denn die Schutzbauten über der Ausgrabungsstätte mit Freskenresten und alten Töpfen stammen von Peter Zumthor, dem bekanntesten Bündner Architekten, der auch die Therme in Vals entwarf.

Das Zentrum ist gemütlich und zeigt das Alter der Stadt
Das Zentrum ist gemütlich und zeigt das Alter der Stadt
Quelle: picture alliance / Bildagentur-o

Brutal modern, wie man wohl sagen kann, ist das Lacunaquartier, dessen Hochhäuser den spätgotischen Spitzturm der Martinskirche in Chur bei weitem überragen. Der einheimische Architekt Thomas Domenig zog die Wohnbauten ab 1964 so hoch, dass sie Alpengipfeln gleichen. Betonklötze sagen die einen, modernes Bauen im Stil Le Corbusiers die anderen.

Und mit dieser Kombination aus sehr alt und zeitgenössisch geht es in Chur immer weiter. Hat man die mittelalterlichen Apostelsäulen in der Kathedrale St. Mariä Himmelfahrt bewundert, kann man beim Kulturforum Würth Chur durch den Skulpturenpark schlendern, zwischen Werken von Bernhard Luginbühl, Not Vital und Carlo Borer.

Genussvoll darüber nachdenken, wie fein sich in Chur Neues zu Altem gesellt, kann man in den Gassen rund um den Kornplatz in der Altstadt. Die Fußgängerzone ist schweizweit als Ausgehmeile bekannt. Also auf zu einer Pause in einer Vinothek, mit Bündner Spezialitäten, einem Churer Röteli-Likör aus Kirschen, Mutschli, dem Ziegenmilchkäse mit gerösteten Hanfsamen und getrockneten Hanfblüten, oder auch mit einem Chardonnay oder Pinot Noir des Weingutes Gantenbein aus dem nahegelegenen Weindorf Fläsch.

Freiburg – deutsch-französisches Multikulti

Er ist in keiner Landkarte eingezeichnet und auch nicht in den Boden gebuddelt, also faktisch unsichtbar: der Röstigraben, der die Schweiz teilt in ein deutsch- und ein französischsprachiges Gebiet. Nur im zweisprachigen Kanton Freiburg/Fribourg ist die Sprachgrenze gut sichtbar: Sie folgt über viele Kilometer dem Flüsschen Saane – östlich davon wird Deutsch beziehungsweise Schwyzerdütsch gesprochen, westlich davon parliert man Französisch und nennt den Fluss Sarine.

In der Kantonshauptstadt, durch die die Saane/Sarine mäandert, ist es allerdings vorbei mit der klaren Ordnung: In Freiburg/Fribourg spricht die Mehrheit Französisch und ein knappes Viertel Deutsch, aber nicht säuberlich getrennt nach Bezirken oder Flussufern, sondern querbeet über das Stadtgebiet verteilt.

Die einen lesen „La Liberté“, die anderen die „Freiburger Nachrichten“, man grüßt sich mit „Bonjour“ oder „Grüß euch“, und während die traditionellen Freiburger Gebäckspezialitäten in der Boulangerie cuchaule und bricelets heißen, hat sich die Bäckerei zwei Straßen weiter auf die andere Seite der Sprachgrenze geschlagen und bietet dieselben Produkte (die man unbedingt probieren sollte) als Safranbrot und Bretzeli an. Um die Verwirrung komplett zu machen, handelt es sich bei den Bretzeli keineswegs um Brezeln, sondern um hauchzarte Keksröllchen, deren Teig Süßrahm und Weißwein beigemischt ist.

Historische Holzbrücke in Fribourg
Historische Holzbrücke in Fribourg
Quelle: Universal Images Group via Getty Images
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Dieses gelebte Multikulti macht zur Hälfte den Reiz von Freiburg aus. Die andere Hälfte ist der Charme der Stadtarchitektur, die sich quasi auf mehreren Etagen die Saane-Ufer entlang- und die Steilhänge hinaufzieht. Überragt wird das Städtchen vom Glockenturm der Kathedrale St. Niklaus. Der Ausblick von oben ist atemberaubend.

Nicht nur, weil 365 Stufen zu bewältigen sind, sondern weil Freiburg einen der größten, fast komplett erhaltenen mittelalterlichen Stadtkerne Zentraleuropas bietet. In den Altstadtgassen gibt es allein über 200 gotische Fassaden aus dem 15. Jahrhundert, 15 überwiegend historische Brücken ziehen sich über die Saane, und die teilweise erhaltene Stadtmauer ist begehbar.

Wow-Momente bietet Freiburg auch: Da wären einmal die avantgardistischen Jugendstil-Fenster im Inneren von St.Niklaus, die man in diesem Tempel der Gotik nicht erwartet hätte. Und dann sind da noch die schrillen Kunstwerke im Espace Jean Tinguely – Niki de Saint Phalle: In einem ehemaligen Straßenbahndepot unweit der Kathedrale kann man Stunden zwischen den knallig-bunten Schöpfungen Niki de Saint Phalles und den ratternden, maschinenähnlichen Skulpturen ihres Mannes (eines gebürtigen Freiburgers) verbringen. Eine davon – „Swiss Cow“ – zeigt, was Saint Phalle auf beiden Seiten des Röstigrabens mit der Schweiz verbindet: eine dralle Kuh mit prallem Euter.

La Chaux-de-Fonds – geprägt von Le Corbusier

Die meisten Orte leben von dem, was sie sind. Das macht die wenigen Orte umso reizvoller, die von dem leben, was sie nicht sind. La Chaux-de-Fonds gehört in die zweite Kategorie, gerade deshalb sollte man in dem Städtchen mit seinen knapp 40.000 Einwohnern vorbeischauen. Auf knapp 1000 Meter Höhe im Hochjura gelegen, gibt es Berge, aber keine Postkartenmotive wie in den Alpen – und entsprechend auch keine Klientel, die sich bei Champagnerparty-und-Zigarren-Marathons ihrer eigenen Finanzkraft versichern muss.

Dafür gibt es Häuser mit spannender Historie. Zum Beispiel „La Maison Blanche“, eine weiße Jugendstilvilla, die der in La Chaux-de-Fonds geborene Baumeister Le Corbusier 1912 für seine Eltern errichten ließ. Dieses erste von ihm gestaltete Haus ist ein begehbares Zeugnis der modernen Reformarchitektur des frühen 20. Jahrhunderts, das so gar nicht dem Klischee vom Schweizer Alpidyll entspricht.

Die vielen Jugendstilbauten, wie etwa auch Le Corbusiers „Villa Turque“, 1917 für den Uhrenfabrikanten Anatole Schwob errichtet, und der schachbrettartig angelegte Stadtgrundriss bescherten La Chaux-de-Fonds 2009 sogar den Weltkulturerbe-Titel.

Für Besucher geöffnet: Le Corbusier entwarf für seine Eltern diese weiße Jugendstilvilla
Für Besucher geöffnet: Le Corbusier entwarf für seine Eltern diese weiße Jugendstilvilla
Quelle: picture alliance / Udo Bernhar

Vor allem aber gibt es viel Uhrmacherei. Anders als etwa in Genf werden hier in den Uhrenboutiquen auch die freundlich bedient, die keine eigene Tankerflotte besitzen. Und was in den Ateliers passiert, das ist einfach großartig. Da baut eine Firma wie Jaquet Droz mechanische Automaten fürs Handgelenk, auf deren Zifferblatt ein Miniatur-Distelfink singt. Oder Robert Greubel und Stephen Forsey, die so tief in ihre Materie eindringen, bis sie eine mechanische Uhr tatsächlich ganz in Handarbeit fertigen können. In einigen Manufakturen wie Corum oder Zenith kann man den Feinhandwerkern direkt über die Schulter schauen.

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Ausdruck der Uhrmacher-Tradition ist das Internationale Uhrenmuseum: Besucher erleben die Geschichte der Zeitmessung vor ihren Augen, von der Großuhr bis zum feinsten Werk für den Arm, die Kollektion umfasst 4500 Stücke. Es ist also gut, viel Zeit mitzubringen. Abends sitzt man dann im Zentrum in einer Brasserie bei Rösti und probiert dazu am besten einen der hervorragenden Weine aus dem Schweizer Jura.

Bellinzona – charmant und entspannt

Das Tessin ist für viele Urlauber der Sehnsuchtsort schlechthin: Sprache, Küche und Lebensgefühl sind italienisch, der Landstrich ist dann aber auf schweizerische Art und Weise vorbildlich durchorganisiert. „Das Land südlich des Gotthards ist italienische Erde, wenn seine italienischen Bewohner auch schweizerische Eidgenossen sind“, schrieb schon der Schriftsteller Otto Julius Bierbaum, der 1902 als einer der ersten Urlauber überhaupt die Alpen mit dem Automobil überquerte.

Das Problem am Tessin aber: In Ascona und Locarno, den beliebten Urlaubsorten am Lago Maggiore, ist vor allem im Sommer die Touristendichte enorm. Die gemütliche Alternative: Bellinzona.

Die Kantonshauptstadt ist alles andere als überrannt, aber mindestens genauso charmant wie die Hotspots am Wasser. In der Altstadt stößt man auf hübsche alte Häuser und Straßenzüge, entdeckt Boutiquen und viele Cafés. Besonders viel Dolce-Vita-Gefühl bekommt man auf der Piazza Collegiata an der Stiftskirche geboten. Bekannt aber ist Bellinzona für seine drei mittelalterlichen Burgen, die seit 2000 zusammen mit der Murata, einer imposanten, steinernen Wehrmauer, zum Unesco-Welterbe zählen: Castelgrande, Castello di Montebello und Castello di Sasso Corbaro.

Das Castelgrande in Bellinzona
Das Castelgrande in Bellinzona
Quelle: picture alliance / DUMONT Bildar

Vor allem die größte unter ihnen, das Castelgrande, lohnt einen längeren Besuch. Von der Piazza del Sole aus geht es bequem mit einem Lift hinauf. Im Burgmuseum staunt man über fantastische, farbenprächtige Malereien einer Kassettendecke aus dem 15. Jahrhundert. Beim Abriss eines prunkvollen Altstadt-Palazzo in den 1970ern konnten sie zum Glück gerettet werden.

Typisch fürs Tessin sind die Grotti: Ausflugslokale mit üppigen Gärten, in denen man an Tischen und Bänken unter jahrhundertealten Laubbäumen sitzt. Dort werden einheimische Gerichte serviert. In Bellinzona finden sich ein gutes Dutzend, wie die „Grotto San Michele“ oder auch, etwas außerhalb gelegen, die „Grottino Ticinese“. Wer in einer Grotto Tagliata, Risotto und Merlot genießen will, sollte lieber reservieren. Und wer befürchtet, dass er, weil Bellinzona eben nicht am Lago Maggiore liegt, auf Badefreuden verzichten muss, geht ins Bagno pubblico: Mit diesem zwischen 1967 und 1970 erbauten Freibad in Sichtbeton-Chic eroberte sich der Kanton einen Spitzenplatz der Avantgarde-Architektur: Der kühne Bau, nahe dem Flusslauf des Ticino, ist ein Hingucker. Und auch hier brummt, so gut wie ohne Touristen, das Sommerleben.

Winterthur – ein Muss für Kunstfreunde

Zugegeben, das zwischen Bodensee und Zürich gelegene Winterthur ist kein Touristenmagnet. Bekannt ist die Stadt mit ihren gut 100.000 Einwohnern vielmehr als Industriestandort – und wegen der Versicherung, die ihren Namen trägt. Was dagegen noch viel zu wenige wissen: Winterthur ist ein Pilgerort für Kunstliebhaber und kann es dank einer Vielzahl an besonderen Museen sogar mit Basel, der Schweizer Kunstmetropole überhaupt, aufnehmen.

Zu tun hat das damit, dass viele Winterthurer Unternehmer auch begeisterte Kunstsammler waren. Zum Beispiel Oskar Reinhart, Spross einer Kaufmannsfamilie, der mit Begeisterung auch deutsche Kunst sammelte. Er erwarb etwa Caspar David Friedrichs weltberühmte Malerei der Rügener Kreidefelsen. Heute ist sie neben Meisterwerken von Ferdinand Hodler, Arnold Böcklin und Adolph von Menzel in einer Filiale des Kunstmuseums Winterthur, untergekommen in einer ehemaligen Knabenschule am Stadtgarten, zu sehen.

Der zweite Teil seiner Sammlung ist dort, wo Reinhart bis zu seinem Tod im Jahr 1965 lebte: in der Villa Am Römerholz am nördlichen Stadtrand. In den schmucken Räumen des Anwesens hängen Schlüsselwerke von Picasso, Courbet, Cézanne, Rembrandt, Tintoretto. Unschlagbar charmant: die Terrasse des Museumscafés für eine Pause.

Aus einem alten Industriegelände entstand ein lebendiges Stadtviertel
Aus einem alten Industriegelände entstand ein lebendiges Stadtviertel
Quelle: picture alliance/KEYSTONE

Der Stadtspaziergang geht zum Wahrzeichen Winterthurs, dem Stadthaus mit Tempelfront, 1869 von Gottfried Semper entworfen, der auch die Dresdner Semperoper erschuf. Weiter durch den Park bis zum Winterthurer Fotomuseum. Gesammelt werden Werke von Gegenwartskünstlern, vor allem von solchen aus der Schweiz. Und es gibt großartige Themenausstellungen oder Schauen zu einzelnen stilbildenden Künstlern wie Peter Piller, Sophie Calle oder Diane Arbus. Das Haus wurde in den exklusiven Kreis der „Art Museums of Switzerland“ aufgenommen.

Dass auch aus einer Industriebrache Spannendes entstehen kann, ist im Sulzerareal in der Nähe des Hauptbahnhofs zu erleben. Bis in die 1980er-Jahre schlug hier das Herz der Winterthurer Maschinenindustrie. Doch als die Geschäfte einbrachen, verkümmerte das Quartier. Nach und nach aber ist dort ein lebendiges Viertel aus Altem und Neuen, aus Wohnungen, Büroflächen für Start-ups, Gastronomie und Kultur entstanden. Besuchenswert ist der „Boilerroom“, eine Mischung aus Bar und Szenerestaurant im Kesselhaus, einem früheren Heizwerk. Gleich um die Ecke findet man auch den kleinsten Winterthurer Ausstellungsraum: den Kunstkasten. Gerade einmal 3,86 auf 1,50 Meter Grundfläche misst der gläserne Quader, eine Spielwiese für junge, aufstrebende Künstler.

Quelle: Infografik WELT

Dieser Text ist aus der WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.

WELT AM SONNTAG vom 28. Juni 2020
Quelle: WamS

Barbara Schaefer

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