Die Region in Österreich
Schaut man auf eine Landkarte Österreichs, ist Osttirol schon eine kuriose Angelegenheit, liegt die Region (auf der Karte schwarz) doch ohne Landverbindung zum Rest Tirols (dunkelgrau). Der Grund dafür ist der Ausgang des Ersten Weltkriegs: Die Habsburgermonarchie Österreich-Ungarn war zusammengebrochen, im Vertrag von St. Germain wurde 1919 die Teilung Tirols beschlossen.
Südtirol und Trentino (gestrichelt markiert) fielen an Italien, der Rest, bestehend aus zwei Teilen, verblieb bei Österreich. Seither ist Osttirol durch den Alpenhauptkamm, der zum Salzburger Land gehört, und durch Südtirol geografisch vom Tiroler Mutterland getrennt.
Die Region nennt sich gern auch Berg-Tirol. Das passt, schließlich befinden sich hier jede Menge hoher Gipfel. Darunter auch der höchste Berg Österreichs, der 3798 Meter hohe Großglockner, den sich Osttirol allerdings mit Kärnten teilt. Dieser Spitzenplatz ist ebenfalls der Teilung zu verdanken, denn Österreichs vormals höchster Gipfel, der 3905 Meter hohe Ortler, liegt seit 1919 in Südtirol, also in Italien.
Touristisch ist Osttirol geviertelt: Neben den Lienzer Dolomiten locken das Defereggental, der Osttiroler Teil des Nationalparks Hohe Tauern samt Großglockner, das Hochpustertal und das Villgratental Besucher an. Letzteres ist ein Seitental des Osttiroler Pustertales, es zählt zu den ursprünglichsten Natur- und Kulturlandschaften im Alpenraum. Hier lässt sich jenseits jeglicher Zivilisation urlauben – sogar ohne Strom- und Wasseranschluss.
James Bonds Bruchlandung in Obertilliach
007 war hier. Daniel Craig verbrachte in seiner Rolle als James Bond 2015 für „Spectre“ drei Drehtage in und um Obertilliach, wo er ein Propellerflugzeug durch einen Bergbauernstadl und zu Klump flog und damit erfreulicherweise die Fluchtwagen seiner bösen Gegner stoppte. Leider ist in dem Osttiroler Bergdorf von den actionreichen Dreharbeiten nichts mehr zu sehen – der eigens für den Film errichtete Stadl, Bond-Haus genannt, wurde abgerissen.
James-Bond-Fans können aber die „Erlebniswelt 007 Elements“ in Sölden/Tirol besuchen, wo ebenfalls für „Spectre“ gedreht wurde. Während man dort Kapital aus dem Bond-Dreh schlägt, ist Obertilliach wieder komplett zum beschaulichen dorftypischen Alltag und sanften Naturtourismus zurückgekehrt. Es gibt in dem 670-Einwohner-Ort allerdings ein Haus, das zumindest einen indirekten Bezug zu dem Film hat: den „Gasthof Unterwöger“. Übernachtet hat Daniel Craig dort zwar nicht, aber sich immerhin während der Dreharbeiten aufgewärmt und die Toilette benutzt.
Ruhiger als andere Orte in den Alpen
Osttirol hat sich dem sanften Tourismus verschrieben. Hier ist alles etwas kleiner, ursprünglicher und familiärer als in anderen, mehr auf Halligalli und Besuchermassen ausgerichteten Alpenorten. Der Werbeslogan „Kommen Sie zu uns, wir haben nichts“ passt perfekt. Dabei verspricht die Lage auf der Südseite der Alpen viele Sonnentage sowie ergiebigen Schneefall, und die Skigebiete locken mit Kindertarifen bis zum 18. Geburtstag.
Jenseits der wenigen Pisten warten aber vor allem ruhige Wintersportmöglichkeiten, vom Schneeschuhwandern über Eisklettern bis zur Schlittenfahrt. Rund 30 Rodelbahnen gibt es in Osttirol. Die meisten sind zwischen einem und drei Kilometern lang, viele kurvenreich, einige nachts beleuchtet.
Eine richtig lange Rodelpiste bietet Sillian bei guter Schneelage: Exakt 7,2 Kilometer sind es von der Leckfeldalm hinab ins Tal, wobei 770 Höhenmeter überwunden werden. Zum Startpunkt fährt allerdings kein Lift – vor dem Schlittenspaß muss man zweieinhalb Stunden zur Alm hinauf stapfen.
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Die Krapfen flutschen fast von allein in den Mund
Kartoffeln und Nudeln in einer Speise vereint: Das bieten die Osttiroler Schlipfkrapfen. Dabei handelt es sich um halbmondförmige Nudelteigtaschen, die mit Kartoffeln, Kräutern und Gewürzen gefüllt sind.
Krapfen stehen in Tirol generell für alles Gefüllte – egal, ob süß oder herzhaft. Schlipfen heißt auf Hochdeutsch so viel wie rutschen oder gleiten – und tatsächlich flutschen die fertigen Teigtaschen, die mit geschmolzener Butter serviert werden, fast von allein von der Gabel in den Mund.
Die Zirbe fühlt sich wohl in Osttirol
Minus 40 Grad hält die Zirbe, auch Arve genannt, aus. Bevorzugt wächst der in Osttirol weitverbreitete Nadelbaum in Höhen von 1300 bis 2850 Metern, wird bis 25 Meter hoch und bis 1000 Jahre alt. Durch die extremen klimatischen Bedingungen im Hochgebirge ist die Zirbe besonders widerstandsfähig und ihr Holz gefragt. Tischler verwenden es für Möbel, die noch nach Jahren dank der enthaltenen ätherischen Öle nach Bergwald duften.
Vor Ort empfiehlt sich ein Spaziergang durch den Oberhauser Zirbenwald im Defereggental: Auf dem dort eingerichteten Natur- und Kulturlehrweg können Wanderer Zirbenöl inhalieren und vom Beobachtungsturm Oberhaus aus ein weites Ostalpenpanorama genießen.
Das Zitat
„Bittschian ruck an Orsch vo“
So bittet man im Osttiroler Dialekt des Hochpustertals jemanden, etwas Platz zu machen, wörtlich: „den Arsch vorzurücken“. Die deftige Ausdrucksweise ist landestypisch, der Dialekt gehört sprachwissenschaftlich gesehen zum Südbairischen. Wobei sich der Ausdruck „bairisch“ nicht auf den Freistaat Bayern, sondern auf das alte Stammesvolk der Bajuwaren bezieht, das auch im heutigen Osttirol zu Hause war.
Dort wird in jedem Tal ein lokaler Dialekt mit eigener Färbung gesprochen, mit für hochdeutsche Ohren oft sonderbar klingenden Formulierungen. Die Osttiroler fassen die Lage mit „desch a Tschatsch“ zusammen, was so viel heißt wie: „Das ist kompliziert.“
Skurriles, Rekordverdächtiges, Typisches: Weitere Teile unserer Länderkunde-Serie finden Sie hier.