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Rechtsextremismus

Bürgermeister tritt wegen NPD-Anfeindungen zurück

Veröffentlicht am 08.03.2015Lesedauer: 3 Minuten
In Anlehnung an die Pegida-Aufzüge trafen sich NPD-Anhänger wöchentlich zu „Lichterspaziergängen“ in Tröglitz (Archivbild)
In Anlehnung an die Pegida-Aufzüge trafen sich NPD-Anhänger wöchentlich zu „Lichterspaziergängen“ in Tröglitz (Archivbild)Quelle: dpa

Zum Schutz seiner Familie hat der Tröglitzer Ortsbürgermeister Markus Nierth (CDU) sein Amt niedergelegt. Er vermisse die Unterstützung im Kampf gegen die NPD und wolle „ein normales Leben“ zurück.

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In Sachsen-Anhalt haben die massiven Proteste gegen ein geplantes Flüchtlingsheim zum Rücktritt eines Ortsbürgermeisters geführt. Der ehrenamtliche Ortsvorsteher von Tröglitz im Burgenlandkreis, Markus Nierth (CDU), hatte für eine Willkommenskultur für die etwa 50 Flüchtlinge in der rund 3000-Seelen-Kommune geworben.

Dafür war er in den vergangenen Wochen von Einheimischen und Rechtsextremen stark angefeindet worden. Unter Führung des NPD-Kreisrates Steffen Thiel versammelten sich die Heimgegner in Anlehnung an die Pegida-Aufzüge zu wöchentlichen „Lichterspaziergängen“ mit oft mehr als 100 Teilnehmern.

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Nachdem der Aufzug der Heimgegner an diesem Sonntag vor seinem Privathaus enden sollte und die Behörden zunächst keine Möglichkeiten sahen, dies zu verhindern, trat Nierth von seinem Amt zurück. „Er hat nicht vor den Braunen Angst, sondern er will seine Familie schützen“, sagte Ehefrau Susanna Nierth.

Die ganze Familie sei in den vergangenen Wochen „auf unterster Schublade beschimpft und angefeindet worden“. Die Demonstranten seien allerdings kaum noch Einheimische, sondern mehrheitlich „herangekarrte Neonazis und NPD-Anhänger von außerhalb“.

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Rücktritt bei Facebook verkündet

Der Facebook-Auftritt der Stadt Tröglitz im Burgenland
Der Facebook-Auftritt der Stadt Tröglitz im BurgenlandQuelle: ZGB

In dem auf Facebook veröffentlichten Rücktrittsschreiben erklärte Nierth, „hätte ich meinen Kindern, die in der letzten Zeit schon einiges ertragen mussten, zumuten sollen, dass vor ihren Kinderzimmern bewaffnete Polizisten stehen müssen und zudem rassistische und hasserfüllte Parolen bis dorthin dringen? Dazu sind mir meine Kinder viel zu wertvoll!“ Was dem Fass den Boden ausgeschlagen habe, sei die Erkenntnis gewesen, dass „man im Landratsamt nicht willig oder fähig ist, von vornherein mit geeigneten Argumenten solch eine Demonstration vor meinem Wohnhaus zu unterbinden“. Er wolle nun wieder „ein ganz normaler Tröglitzer mit einem eigenen Leben“ sein.

Von den Behörden fühlten sie sich alleingelassen, sagte Nierths Ehefrau Susanna. Erst nachdem das Ehepaar einen Anwalt einschaltete, habe das Landratsamt noch mal alle rechtlichen Schritte überprüft und mit den Veranstaltern des „Lichterspaziergangs“ schließlich eine Änderung der Route abgesprochen.

Schwere Niederlage für die Demokratie

Unterdessen haben die Ereignisse in der kleinen Kommune auch die Landespolitik in Magdeburg aufgeschreckt. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) kündigte an, an dem sonntäglichen Friedensgebet der Heimbefürworter teilzunehmen. „Wir lassen uns in unserer Demokratie und Freiheit durch niemanden einschüchtern. Gemeinsam mit dem zuständigen Landrat Götz Ulrich (CDU, d. Red.) setzen wir für Land und Landkreis mit der Teilnahme am Friedensgebet ein Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz“, erklärte Stahlknecht am Sonntag.

Für die Linksfraktion im Landtag Sachsen-Anhalts ist der Rücktritt des Ortsbürgermeisters eine „schwere Niederlage für die Demokratie“. Die Entsolidarisierung nicht nur gegenüber Flüchtlingen, sondern auch gegenüber denjenigen, die sich für Flüchtlinge einsetzen, trage dazu bei, unsere Gesellschaft kalt und rassistisch werden zu lassen, warnte Fraktionschef Wulf Gallert.

epd/ott

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