An einem sommerlichen Samstag Mitte der 70er-Jahre radelte der sächsische Oberschüler Frank Richter von Großenhain ins 20 Kilometer entfernte Meißen. Richter besuchte dort die katholische Jugendgruppe. In Meißen gab es Kinos, Konzerte, ein Theater und vor allem: die Elbe. An jenem Tag stieg Richter auf der Altstadt-Elbbrücke vom Rad und sah dem mächtigen Strom nach. Das Wasser floss behäbig Richtung Westen, immer der Abendsonne nach. Der Pennäler kannte den Lauf: Nach Meißen bahnte sich die Elbe ihren Weg durchs Mittelgebirgstal, zog dann an Riesa, Torgau, Dessau, Magdeburg und Havelberg vorbei.
Hinter Boizenburg, etwa 480 Kilometer stromaufwärts, machte der Strom rüber. Die Elbe durfte jederzeit in die Bundesrepublik Deutschland einreisen. Frank Richter durfte das nicht. Und obwohl er die Brücke bei Meißen schon oft überquert hatte, schüttelte es ihn plötzlich.