Nachdem die „Bild“ berichtet hatte, dass Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) angeblich eine „Supermarkt-Revolution“ und „Staats-Rezepte“ plane, hat der CDU-Agrarexperte Albert Stegemann (48) diesen mit deutlichen Worten kritisiert: „Nachdem Cem Özdemir mit einem umfassenden Werbeverbot für Lebensmittel politisch vor die Wand gefahren ist, versucht er es nun mit staatlichen Rezepturvorgaben. Das ist übergriffig und unverhältnismäßig.“ Stattdessen brauche es staatliche Bewegungsangebote und zielgruppengerechte Ernährungsberatung.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft von Özdemir wies die Vorwürfe zurück, wonach es künftig staatliche Vorgaben bei der Zusammensetzung von verarbeiteten Nahrungsmitteln geben solle. Die Darstellung, wonach die Lebensmittelwirtschaft in Zukunft ihre Rezepturen für bestimmte zucker-, fett- und salzhaltige Lebensmittel staatlichen Vorgaben anpassen müsse, sei „schlichtweg falsch“, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Vielmehr handele es sich um einen „gemeinsamen Prozess“, der auch von der Lebensmittelindustrie unterstützt werde und bereits auf die Vorgängerregierung zurückgehe.
Es gehe „nicht um staatliche Vorgaben“, sondern „um einen Prozess, gemeinsam mit der Lebensmittelindustrie, wie man Lebensmittel gesünder machen kann“, betonte der Sprecher. Hintergrund ist demnach die bereits im Dezember 2018 verabschiedete nationale Reduktions- und Innovationsstrategie. Darin verpflichtet sich die Lebenswirtschaft, bis 2025 die Anteile von Salz, Fett und Zucker in verarbeiteten Lebensmitteln zu reduzieren. Ziel ist insbesondere, die Häufigkeit von Übergewicht, Fettleibigkeit und ernährungsmitbedingten Krankheiten gerade auch bei Kindern und Jugendlichen zu verringern.
Vergangene Woche hatte Özdemirs Ministerium allerdings kritisiert, dass es in den letzten Jahren zwar Verbesserungen gegeben habe, viele Produkte – etwa gesüßte Quarkzubereitungen oder Erfrischungsgetränke – aber weiterhin zu ungesund seien. Das staatliche Max-Rubner-Institut (MRI), das die Politik in Ernährungs- und Verbraucherschutzfragen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen unterstützen soll, hatte zuvor einen entsprechenden Zwischenbericht vorgelegt.
Özdemir erklärte, sein Ministerium habe daher das MRI beauftragt, „wissenschaftlich unterlegte Reduktionsziele in einem breiten Stakeholder-Prozess zu entwickeln“. Diese „objektive, wissenschaftlich fundierte Grundlage für weitere Reformulierungen wird mein Ministerium gegenüber der Lebensmittelwirtschaft einfordern“.