Maximilian Krah bleibt trotz der mutmaßlichen China-Spionage eines Mitarbeiters Spitzenkandidat seiner Partei für die Europawahl. Er wird allerdings nicht am Samstag beim Wahlkampfauftakt in Donaueschingen dabei sein. Das teilten die AfD-Bundessprecher Alice Weidel und Tino Chrupalla nach einem Gespräch mit Krah am Mittwoch in Berlin mit.
„Um den Wahlkampf sowie das Ansehen der Partei nicht zu belasten, entschied er am bevorstehenden Wahlkampfauftakt in Donaueschingen nicht teilzunehmen“, hieß es in einer Stellungnahme. „Jegliche Einflussnahmen fremder Staaten durch Spionage, aber auch der Versuch, Meinungen und Positionen zu kaufen, müssen aufgeklärt und mit aller Härte unterbunden werden.“ Die AfD-Spitze sprach von „schwerwiegenden Spionagevorwürfe“ gegen einen Mitarbeiter von Krah im Europaparlament und „damit einhergehender Rufschädigung“.
Die Polizei hatte am Montag in Dresden den deutschen Staatsbürger Jian G. festgenommen, der für Krah als Assistent im EU-Parlament arbeitet. Ihm wird Agententätigkeit für einen chinesischen Geheimdienst zur Last gelegt. Die Ermittler werfen dem Mann konkret vor, Informationen über Verhandlungen im EU-Parlament weitergegeben und chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht zu haben. Das EU-Parlament hat G. inzwischen wegen der Vorwürfe suspendiert, der Verdächtige kam in U-Haft.
Krah erklärte am Mittwoch, er werde „noch am heutigen Tag den betreffenden Mitarbeiter kündigen“. Der AfD-Spitzenkandidatin für die Europawahl bekräftigte außerdem, dass er bei sich selbst „kein persönliches Fehlverhalten“ sehe.
„Offenkundig ein Handlanger Chinas“, sagt Jens Spahn über Krah
CDU-Bundestagsabgeordneter Jens Spahn kritisierte die AfD im Umgang mit Maximilian Krah. „Diese selbst ernannten Superpatrioten von der AfD sind vielfach vaterlandslose Gesellen, die sich in den Dienst von Putin stellen, die sich in den Dienst von China stellen“, sagte er im Nachrichtensender WELT TV. „Und der Spitzenkandidat der AfD zur Europawahl ist offenkundig ein Handlanger Chinas, des kommunistischen Regimes. Und da hilft es jetzt auch nicht, das verstecken zu wollen oder wegzudiskutieren. Die AfD sollte da klare Konsequenzen ziehen.“
Gegen Destabilisierungsversuche müsse sich Deutschland besser wappnen, forderte Spahn und mahnte mehr Wachsamkeit und Wehrhaftigkeit an. „Wir brauchen mehr Kompetenz, mehr Kompetenz bei unseren Sicherheitsbehörden, auch im Internet, auch in der Cyberabwehr. Das gilt sowohl nach außen für die Bundeswehr, das gilt für innen, für den Verfassungsschutz, für die Polizei. Das gilt übrigens auch für uns Abgeordnete oder politische Parteien.“
„Bystron raschelt auf der Aufnahme mit Geld“
Krahs Parteikollege Petr Bystron soll sich laut eines Medienberichts in einem abgehörten Gespräch mit dem prorussischen Geschäftsmann Artem Martschewskyj über die Stückelung von Geldscheinen beschwert haben, die er von diesem erhalten habe. Einen Teil des Geldes ( the „other numbers“) könne man in Deutschland nur schwer loswerden, da er damit in keiner Tankstelle und in keinem Geschäft zahlen könne.
Dies sei auf Audioaufnahmen zu hören und entsprechend in einem Auswertungspapier vermerkt, berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf mehrere mit dem Vorgang befasste Personen aus Nachrichtendienstkreisen. In europäischen Sicherheitsbehörden sei man überzeugt, dass Bystron einen Teil des Geldes in 200-Euro-Scheinen bekam. Viele Geschäfte und Tankstellen in Deutschland erlauben Barzahlungen in der Höhe aus Sicherheitsbedenken nicht.
Kurz vor Ostern hatte die tschechische Regierung erklärt, der Sicherheitsinformationsdienst (BIS) habe eine groß angelegte Einflussoperation Russlands aufgedeckt: Das Medienportal „Voice of Europe“, das Martschewskyj operativ geleitet haben soll, sei benutzt worden, um prorussischen Politikern Geld zukommen zu lassen. Laut Medienberichten geht es bei Bystron um 20.000 Euro. Über die Existenz belastender Audioaufnahmen hatten mehrere Medien Anfang April erstmals berichtet. Ein tschechischer Abgeordneter, der die Mitschnitte kennt, sagte laut Medienberichten: „Bystron raschelt auf der Aufnahme mit Geld und zählt es.“
Dem „Spiegel“ gegenüber bestreitet Bystron die Vorwürfe: „Sie dürfen nicht alles glauben, was Sie da an ‚Information‘ aus Prag zugespielt bekommen, damit Sie es während des Wahlkampfes veröffentlichen.“ Der Absender der Informationen sei unglaubwürdig, es handele sich „um eine von der Nato betriebene Kampagne“ um Parteien „zu diskreditieren, die sich für Frieden einsetzen und gegen die Fortsetzung des Krieges in der Ukraine kämpfen.“