Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat hohe Fördersummen für Entwicklungsprojekte im Ausland verteidigt. Die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Joana Cotar hatte Schulze kürzlich im Bundestag vorgeworfen, 315 Millionen Euro für Fahrradwege in Lima auszugeben. Dazu sagte die Ministerin in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“, die Zahl sei „nicht korrekt“.
Ein Großteil der Gelder werde in Form von Krediten vergeben. „Diese Mittel fließen also wieder zu uns zurück. Für Radwege hat Deutschland 2020 einen Zuschuss von 20 Millionen Euro zugesagt und 2022 einen weiteren Zuschuss von 24 Millionen.“ Es gehe bei diesem Projekt um den Schutz des Klimas, und der sei „eine Menschheitsaufgabe“. „Es reicht nicht, wenn wir das nur in Deutschland machen“, so die Ministerin. Schulze hatte bereits früher Forderungen nach Kürzungen der Entwicklungshilfe zurückgewiesen.
Gefragt wurde die Ministerin auch, warum Deutschland „ökofeministische Entwicklungsalternativen in Südafrika und ein Projekt zu positiver Maskulinität in Ruanda“ finanziere. Schulze antwortete, in Ruanda habe es 1994 einen Völkermord gegeben. Diese Gewalterfahrung wirke bis heute nach, was vor allem Frauen zu spüren bekämen. „Wenn man diese Gewalt bekämpfen will, dann führt das auch über ein anderes Männlichkeitsideal.“ Ohne die Arbeit mit Männern könne man Machtstrukturen nicht aufbrechen, meinte die Entwicklungsministerin.
Kritik an CSU
Auf die Frage, ob es klug sei, die Projekte „feministisch“ zu nennen, sagte die Ministerin, dass es leider noch lange nicht selbstverständlich sei, Frauenförderung in den Fokus von Entwicklungszusammenarbeit zu stellen. „Ich würde mich freuen, wenn sich die, die sich über den Begriff ‚feministische Politik‘ aufregen, zur Abwechslung mal mit deren Inhalten beschäftigen.“
Dem CSU-Generalsekretär Martin Huber warf sie vor, sich über Projekte mokiert zu haben, die CSU-Projekte und von ihrem Vorgänger Gerd Müller bewilligt worden seien. „Und auch in der CSU sollte man wissen, dass wir uns als Exportnation nicht einfach in unser Schneckenhaus zurückziehen können.“
CSU-Generalsekretär Martin Huber hatte geschrieben: „Die Aufregung der Union über die Entwicklungszusammenarbeit zeigt, in welchem Ausmaß substanzloser Populismus bei CDU und CSU um sich greift. Die Ampel verteilt Geld in aller Welt, aber für unsere hart arbeitenden Bäuerinnen und Bauern ist angeblich kein Geld da? Das geht so nicht!“
Entwicklungsministerin Schulze will an Schuldenbremse „rangehen“
Schulze sprach sich außerdem für eine Reform der Schuldenbremse im Grundgesetz aus. „In der Entwicklungspolitik beraten wir Länder, wie sie ein faires Steuersystem aufbauen und in Infrastruktur investieren, weil beides so wichtig für gute Entwicklung ist. Schaut man sich dann unsere Infrastruktur und unser Steuersystem an, wird klar, dass sie über viele Jahre vernachlässigt wurden. Und dass wir damit den nächsten Generationen ein schweres Erbe hinterlassen“, sagte Schulze.
Im Moment sei es zwar nicht möglich, den entsprechenden Grundgesetzartikel anzupassen, weil dazu eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag erforderlich ist. Aber grundsätzlich sei eine solche Änderung sinnvoll. „Die CDU hat in dieser Frage glasklar erklärt, dass sie derzeit zu gar nichts bereit ist. Natürlich würde ich es mir wünschen, dass wir da rangehen“, sagte Schulze. Damit fordert erstmals ein sozialdemokratisches Kabinettsmitglied eine Reform der Schuldenbremse. Die Äußerungen dürften für einen Konflikt in der Ampelkoalition sorgen, da die FDP die Schuldenbremse nicht antasten will.