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Deutschland Haushaltspolitik

Wie in der Union an der Schuldenbremse gerüttelt wird

CDU-Chef Friedrich Merz CDU-Chef Friedrich Merz
CDU-Chef Friedrich Merz
Quelle: picture alliance/dpa
CDU-Chef Merz ist ein Verfechter der Schuldenbremse. Doch nun grätscht der Berliner Regierende Bürgermeister Wegner rein und fordert eine Reform, um Investitionen zu erleichtern. Der Unmut in der Union ist groß – aber Wegner ist mit seinem Appell offenbar nicht allein.
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Friedrich Merz hatte noch am Dienstagabend eine scheinbar in Stein gemeißelte Regel seiner Partei und auch der gesamten Union in der Haushaltspolitik bekräftigt: „Ich sehe im Augenblick nicht, dass wir an die Schuldenbremse heranmüssen“, sagte der CDU-Vorsitzende in der ARD-Talkshow „Maischberger“. Eineinhalb Tage später bröckelt dieses Fundament gewaltig, weil Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner gewissermaßen den Vorschlaghammer herausgeholt hat.

„Die Schuldenbremse ist im Sinne solider Finanzen eine gute Idee. Ihre derzeitige Ausgestaltung halte ich allerdings für gefährlich“, schrieb der CDU-Politiker am Donnerstag auf der sozialen Plattform X (vormals Twitter). Es sei zu befürchten, „dass die Schuldenbremse mehr und mehr zur Zukunftsbremse wird“.

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Er sehe die „Sorge vor viel zu vielen Schulden“, heißt es in seiner Nachricht. „Deshalb will ich die Schuldenbremse nicht aus der Verfassung streichen, ich will sie zukunftsfest gestalten. Es darf Kredite ausschließlich für Investitionen geben – Kredite für konsumtive Ausgaben sind tabu.“

Kaum hatte der Vorstoß die Parteizentrale im Konrad-Adenauer-Haus erreicht, löste er dort einigen Unmut aus. Denn der Beitrag lässt sich als Widerspruch zum Kurs des Parteichefs verstehen. Der Regierende Bürgermeister grätsche – wieder mal – mitten rein, stelle sich gegen die Parteilinie, hieß es. Er zettele eine überflüssige Debatte an. Und auch im Bundesvorstand der Partei herrschte Verärgerung. „Wegner hilft damit Finanzminister Lindner, seinen Kopf aus der selbst geknüpften Haushaltsschlinge zu ziehen. Das ist nicht gerade klug“, ärgerte sich ein CDU-Vorstandsmitglied.

„Betrachte es als meine Aufgabe, jetzt reinen Tisch zu machen“

Die Bundesregierung will die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse für das laufende Jahr 2023 erneut aussetzen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kündigte an, dem Kabinett einen entsprechenden Entwurf für einen Nachtragshaushalt 2023 vorzulegen.

Quelle: WELT

Umgehend verteidigten Parteispitzen die Merz-Linie zur Schuldenbremse, die zwar einst der damalige SPD-Finanzminister Peer Steinbrück für den Bund erfunden hat, aber die nach einhelliger CDU-Meinung inzwischen zur DNA der Partei zähle. „Die Schuldenbremse ist Nachhaltigkeit in Verfassungsrecht. Gleichzeitig ist auch Klimaschutz Verfassungsgebot. Kommenden Generationen dürfen weder Klimalücken noch Schuldenberge aufgebürdet werden. Die Politik muss beides zusammenbringen“, sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende Andreas Jung WELT. „Deshalb ist Gebot der Stunde eine Priorisierung für Klimaschutz im Haushalt.“

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Und die Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Gitta Connemann (CDU), sagte WELT: „Die Schuldenbremse ist alternativlos. Wer sie antastet, öffnet die Büchse der Pandora. Und es gibt keine Notlage. Der deutsche Staat hat kein Einnahmenproblem, sondern ihm fehlt die Ausgabendisziplin.“ Die Steuereinnahmen sprudelten wie nie. „Gerade in schwierigen Zeiten muss der Staat mit dem Geld auskommen, das er hat. Und priorisieren.“

„Bei den Investitionen ist es etwas anderes“

Aber es gibt auch andere Stimmen in der CDU – und in der CSU. Dort wird inzwischen über eine Schuldenbremse 2.0 nachgedacht. Über Lockerungen, Ausnahmen. Es soll nicht die Union sein, die man dafür verantwortlich machen kann, dass „der Hof abgebrannt ist“, sagt ein Christdemokrat. „Und wir wollen 2025 nach der Bundestagswahl auch keinen abgebrannten Hof übernehmen.“ Sprich: Dann womöglich eine Regierung anführen, die kaum mehr über finanziellen Spielraum für große Herausforderungen verfügt.

Vorstellbar seien zum Beispiel „Technologie- oder Infrastruktur-Fonds“, in die man Milliarden einbringen und aus denen man über einen Zeitraum von mehreren Jahren große Vorhaben finanzieren könne, heißt es im Umfeld der Parteispitze. Die Aufgaben der Zukunft seien zu groß, um sie jeweils aus dem aktuellen Haushalt zu finanzieren. Noch ist das nur eine vage Idee. Aber eben von jener Partei, die mit ihrer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gerade die Haushaltspolitik der Ampel-Koalition zu Fall gebracht und für die Wiederherstellung verfassungsgemäßer Zustände gesorgt hat.

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Um unmittelbar danach über Fonds nachzudenken, die am Ende aufgelegt werden, um die Schuldenbremse zu umgehen. Die CDU, in Teilen auch die CSU, ist also hin- und hergerissen zwischen dem Erfolgsgefühl, die Ampel gestellt zu haben, und der Sorge, sich selbst für die Zukunft größerer Spielräume zu berauben.

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Offen reden mag über die Fonds-Pläne niemand. Wegner deutete diese Lösung nur an. Der CDU-Europaparlamentarier aus Nordrhein-Westfalen und einflussreiche NRW-Landeschef des sozialpolitischen Flügels seiner Partei, Dennis Radtke, wird deutlicher. „Die Differenzierung bei der Schuldenbremse ist richtig. Konsumtive Ausgaben, das Tagesgeschäft, müssen sauber durchfinanziert sein und nicht schuldenfinanziert. Bei den Investitionen ist es etwas anderes“, betonte Radtke gegenüber WELT.

Alle Bundesregierungen der vergangenen 30 Jahre trügen eine gemeinsame Verantwortung für den „beklagenswerten Zustand“ der Bundeswehr und der Infrastruktur. „Ob Verteidigung, Straßen und Brücken, Digitalisierung und Bahn: Wir treten mittlerweile auf vielen Feldern mit dem Bollerwagen in der Formel eins an. Wenn Putin in der Ukraine gewinnt oder die USA mit Trump aus der Nato austreten, werden wir noch ganz andere Summen mobilisieren müssen“, mahnte Radtke.

Kommentar von Ulf Poschardt

In der NRW-CDU gibt es dazu, ähnlich wie in der gesamten Partei, eine ganz unterschiedliche Meinungslage. Aus dem von der CDU geführten NRW-Finanzministerium hieß es, die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts biete „keinen Anlass, die Schuldenbremse zu reformieren oder ganz abzuschaffen. Sie hat sich bisher bewährt“.

Demnach seien Haushalte von Bund und Ländern „grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen“. Die Schuldenbremse sei „generationengerecht, weil die finanziellen Belastungen von aufgenommenen Krediten nicht auf die nachfolgenden Generationen abgewälzt werden“, war aus dem Ministerium zu hören. Ausnahmen bestünden unter engen Voraussetzungen „in außergewöhnlichen Notsituationen oder in Naturkatastrophen“. Das habe das Bundesverfassungsgericht jetzt noch einmal klargestellt.

„Schuldenbremse gilt aus guten Gründen“

Die Karlsruher Richter hatten in der vergangenen Woche die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2021 für nichtig erklärt und damit die Haushaltspolitik der Ampel-Regierung diskreditiert. Das Geld war zunächst als Corona-Kredit bewilligt worden und sollte nachträglich für Klimaschutz und Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Die Richter rügten ebenfalls, der Staat dürfe Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen. Dadurch sind noch weitere Milliardensummen für Zukunftsvorhaben gefährdet.

Wie eine Sprecherin von Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Donnerstag bekannt gab, will die Bundesregierung die Schuldenbremse für das laufende Jahr erneut aussetzen. Zu diesem Ziel werde die Regierung dem Bundestag vorschlagen, eine außergewöhnliche Notlage zu beschließen. Lindner will seinen Kabinettskollegen nach eigener Aussage am kommenden Mittwoch den Entwurf für einen entsprechenden Nachtragshaushalt für 2023 vorlegen.

CDU-Parteichef Merz hingegen vertritt eine gegenteilige Linie. „Die Bundesregierung wird von uns keine Zustimmung bekommen, wenn sie ernsthaft vorschlagen sollte, die Schuldenbremse des Grundgesetzes zu lockern. Dafür gibt es keinerlei Rechtfertigung. Die Ampel muss mit dem Geld auskommen, das im Bundeshaushalt vereinnahmt wird“, hatte Merz Mitte November mitgeteilt.

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Diese Haltung vertritt auch Dennis Thering, Vorsitzender der Hamburger CDU-Fraktion: „Die Schuldenbremse gibt es aus guten Gründen, und sie gilt.“ Die CDU habe die Bundesregierung häufig genug vor einer verfassungswidrigen Haushaltspolitik öffentlich gewarnt. Es sei bitter, dass es erst einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedurfte, um unrechtmäßiger Haushaltspolitik den Riegel vorzuschieben. „Die Ampel muss ihre parteipolitischen Projekte wie das Bürgergeld oder das Heizungsgesetz beenden und endlich zu einer soliden Haushaltsführung zurückkehren“, sagte der Oppositionspolitiker.

Sebastian Lechner, Landes- und Fraktionschef der CDU in Niedersachsen, nannte die Einhaltung der Schuldenbremse eine „Frage der Generationengerechtigkeit“. Sie diene dem Zweck „den zukünftigen Generationen ausreichend Gestaltungsspielraum zu lassen. Die Corona-Pandemie beweist, dass sich die Regeln der Schuldenbremse in der Krise bewährt haben.“ Zudem trage eine hohe Verschuldung zur Inflation bei und treibe die Preise für Verbraucher und Unternehmen. „Die aktuelle Regel ist flexibel genug, um in Notlagen zu reagieren. Zudem können auch mit Zwei-Drittel-Mehrheit Sondervermögen in die Verfassung geschrieben werden, wie das Bundeswehr-Sondervermögen beweist.“ Bundes- und Landesregierungen seien gefragt, „sinnvolle Schwerpunkte zu setzen“.

Noch pointierter äußerte sich Junge-Union-Chef Johannes Winkel: „Wir müssen in der Union sehr gut aufpassen, in der Finanzpolitik nicht Rhetorik und Inhalte der politischen Linken zu übernehmen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei „Fakt, dass der Staat mit circa 900 Milliarden Euro Steuereinnahmen mehr Geld zur Verfügung hat als jemals zuvor – ein Plus von 33 Prozent im Zehn-Jahres-Vergleich“.

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