Grünen-Parteichefin Ricarda Lang hat die Klimagruppe „Letzte Generation“ vor Vergleichen mit einer „Klima-RAF“ in Schutz genommen. Die Rote Armee Fraktion (RAF) habe mit Waffen und Sprengstoff getötet, mehr als 30 Menschen hätten durch die Terroristen ihr Leben verloren, sagte Lang den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Wer hier Parallelen zieht und die aktuellen Proteste mit der RAF in einem Atemzug nennt, verharmlost den damaligen Terror und verhöhnt das Leid der Opfer und Hinterbliebenen“, betonte Lang und mahnte, „dass hier verbal abgerüstet wird“.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte in der „Bild am Sonntag“ gefordert, die Entstehung einer „Klima-RAF“ müsse verhindert werden. Am Dienstag bekräftigte Dobrindt die Wortwahl. Die RAF galt in der Bundesrepublik über Jahrzehnte als Inbegriff von Terror und Mord. Den Linksterroristen fielen von 1970 bis Anfang der 1990er-Jahre mehr als 30 Menschen zum Opfer. Jüngst hatte sich mit Michael Buback auch der Sohn eines RAF-Opfers zu Wort gemeldet und sich besorgt über eine mögliche Radikalisierung der Klimaproteste gezeigt.
Die Unionsfraktion fordert derweil eine Strafverschärfungen gegen Klimaaktivisten, die Straßen blockieren oder in Museen Kunstwerke attackieren. Lang hält schärfere Gesetze hingegen nicht für erforderlich. „Dafür bietet unser Rechtsstaat ausreichend Mittel“, sagte sie. Gleichwohl kritisierte sie die Protestformen der „Letzten Generation“ als kontraproduktiv. „Wenn ein Protest dazu führt, dass nicht mehr über die Sache, sondern nur über die Protestform geredet wird, erweist das dieser Sache einen Bärendienst“, sagte sie.
Auch der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann kritisierte die Proteste der „Letzten Generation“ als kontraproduktiv. Wenn man eine Protestform wähle, die zur Ablehnung durch die Mehrheit führe, schade man dem Ziel Klimaschutz nur, sagte der Politiker beim „Südwest Presse“-Forum am Dienstagabend in Ulm. Ziviler Ungehorsam müsse zudem gewaltfrei sein, sagte Kretschmann. „Protest darf nicht eine Änderung in der Sache als Ziel haben, sondern nur den Appell dazu.“ Mit den Grünen etwa als Teil der Bundesregierung gebe es durchaus Möglichkeiten, etwas zu ändern und sich einzubringen.
Auch Habeck und Künast auf Distanz
Neben Kretschmann hatte sich auch Wirtschaftsminister Habeck von den Blockaden distanziert (“schlecht und schädlich“), sowie Grünen-Politikerin Renate Künast.
Die 66-Jährige warf den Protestlern in einem Interview indirekt mangelnde Effektivität vor. „Ich will, dass wir in der Sache weiterkommen, aber seit Tagen diskutieren wir, ob Kartoffelbrei an Kunstwerken eine geeignete Demonstrationsform ist“, sagte die 66-Jährige dem Magazin „Stern“. Damit habe es die Gruppe in die „Tagesschau“ geschafft, sagte Künast. „Aber geändert hat sich dadurch nichts.“
„Kick-off Politik“ ist der tägliche Nachrichtenpodcast von WELT. Das wichtigste Thema analysiert von WELT-Redakteuren und die Termine des Tages. Abonnieren Sie den Podcast unter anderem bei Spotify, Apple Podcasts, Amazon Music oder direkt per RSS-Feed.