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  4. Sebastian Gemkow: Sachsens Justiz will nach Al-Bakr-Panne in Leipzig dazulernen

Deutschland Nach Al-Bakr-Panne

Sachsens Justiz will jetzt dazulernen

Sachsens Justizminister räumt Fehler ein

Nach dem Selbstmord des mutmaßlichen Terroristen Dschaber al-Bakr zeigt die sächsische Justiz erste Anzeichen von Selbstkritik. Der innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, fordert "spezielle Verfahren für Dschihadisten".

Quelle: Die Welt

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Der Terrorverdächtige Dschaber al-Bakr wird wie ein Kleinkrimineller behandelt und erhängt sich in seiner Zelle. Niemand scheint so richtig auf die Inhaftierung von Islamisten vorbereitet zu sein.

Sachsen Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) hat nach dem Selbstmord des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr Versäumnisse im Justizvollzug des Landes eingestanden. „Wir alle müssen im Umgang mit islamistischen Strafgefangenen dazulernen. Offensichtlich reichen unsere herkömmlichen Instrumente und Erfahrungen zur sicheren Unterbringung von Gefangenen nicht aus“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Es könne sein, dass ein Islamist seinen Selbstmord gezielt plane und umsetzt, allein um den Behörden die Ermittlungen zu erschweren und um dem verhassten westlichen Rechtssystem zu schaden, sagte der Minister. „Auf diesen Fall waren wir in Sachsen nicht ausreichend vorbereitet.“

Der mutmaßliche IS-Terrorist al-Bakr hatte sich am Mittwochabend zwei Tage nach seiner Festnahme in der Untersuchungshaft mit einem T-Shirt seiner Anstaltskleidung an einem Gitter in seiner Zelle erhängt.

Die Verantwortlichen im Leipziger Gefängnis hatten zuvor keine akute Suizidgefahr gesehen. Al-Bakr war ohne Hinweis auf seine Identität in das Gefängnis gebracht worden und dort wie jeder andere Kriminelle aufgenommen.

Wohin mit den Terrorverdächtigen?

Bereits am Samstag hatte der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) Fehler eingestanden. Der Umgang mit dem Terrorverdächtigen sei nicht „in dem Maße erfolgt, wie es notwendig gewesen wäre“, bekannte er und zeigte sich offen für eine unabhängige Untersuchungskommission. Eine Ablösung seines Parteikollegen Gemkow lehnte er aber ab.

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Kritik an den sächsischen Behörden kam auch von der Bundesregierung. Wenn es in einer Justizvollzugsanstalt zu einem Selbstmord komme, sei „etwas schiefgelaufen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Gefängnisse sind nicht auf Islamisten vorbereitet

Derweil werden Forderungen nach neuen Regelungen zur Unterbringung möglicher Terrorverdächtiger lauter. Die Panne ist kein rein sächsisches Problem, darüber sind sich die Experten weitgehend einig. Die Gewerkschaft der Strafvollzugsbediensteten Niedersachsen fordert, Terrorverdächtige müssten zentral in Deutschland inhaftiert werden: „Es kann nicht sein, dass potenzielle Terroristen in regulären Gefängnissen untergebracht werden“, sagte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft, Uwe Oelkers.

Auch der ehemalige JVA-Chef und Mitglied der Bundesvereinigung der Anstaltsleiter Thomas Galli hält die jetzigen Regelungen für alles andere als optimal. Man müsse „besondere Haftstrukturen“ für diese Inhaftierten entwickeln, sagte er der „Bild am Sonntag“, die Gefängnisse seien nicht auf solche Insassen vorbereitet: „Das Thema islamistischer Terror ist relativ neu – zumindest für unsere Gefängnisse.“

„Eine Taskforce muss sofort eingreifen“

Al-Bakr blieb im Gefängnis in Leipzig, wo er untergebracht worden war, weil das Amtsgericht Dresden den Haftbefehl erlassen hatte. Doch auch die Tatsache, dass der Generalbundesanwalt den Fall übernommen hatte, führte nicht zu einer Verlegung des Terrorverdächtigen in ein Bundesgefängnis. Er hätte erst im Laufe der Woche nach Karlsruhe gebracht werden sollen, was sich durch seinen Suizid erübrigte. Für den Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, ist es ein Unding, dass al-Bakr zunächst in Leipzig blieb: „In Fällen, die der Generalbundesanwalt übernimmt, müsste sofort eine Taskforce von Spezialisten eingreifen“, fordert er in der „BamS“.

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Auch in der Politik ist das Thema angekommen. Burkhard Lischka, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte: „Wir brauchen spezielle Verfahren für Dschihadisten.“

„Die begehen keinen Selbstmord“

Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hatte al-Bakr einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant, offenbar im Auftrag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). In der Wohnung in Chemnitz, in der der 22-Jährige zuletzt lebte, hatten die Ermittler 1,5 Kilogramm hochexplosiven Sprengstoff gefunden.

Al-Bakr soll durch Berliner Imame mit dem radikalen Islam in Verbindung gekommen sein, behauptete ein Bruder des Syrers. Dieser beschuldigte die Polizei, für den Tod des 22-Jährigen verantwortlich zu sein. „Selbst wenn er IS-Mitglied war: Die begehen keinen Selbstmord“, sagte Alaa al-Bakr der „Welt“.

„Ich bin mir sicher, dass die Polizei ihn umgebracht hat“

Alaa al-Bakr, Bruder von Dschaber al-Bakr, spricht über den Weg seines Bruders in den Terror: „Selbst wenn er IS-Mitglied war: Die begehen keinen Selbstmord. Keine religiöse Person würde sich selbst umbringen.“

Quelle: Die Welt

krö mit dpa

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