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Deutschland Stanislaw Tillich

„Ja, Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus“

Rechtsextremen-Problem in Sachsen größer als angenommen

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat eingeräumt, dass sein Bundesland größere Probleme mit Rechtsextremismus hat als bisher angenommen. „Das, was in Sachsen geschehen ist, beschämt uns”, so Tillich.

Quelle: Die Welt

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Fast eine Verdopplung rechter Gewalt in Sachsen meldet die Opferberatung im Jahr 2015. Schwerpunkt sei Dresden. Der Rechtsextremismus ist laut Ministerpräsident Tillich unterschätzt worden.

Die rechtsmotivierte Gewalt hat sich im vorigen Jahr in Sachsen nach Angaben der Opferberatung RAA fast verdoppelt. Der Verein verzeichnete 477 rechte Gewaltstraftaten. Im Jahr 2014 waren es noch 257 – ein Anstieg um 86 Prozent.

Die Opferberatung macht dafür auch die anhaltenden fremdenfeindlichen Demonstrationen von Pegida & Co. verantwortlich. Es habe 74 Übergriffe auf Asylunterkünfte gegeben, 19 davon waren Brandstiftungen.

Eine „Verschärfung des Tons“ auf den Demonstrationen habe letztlich dazu geführt, dass Dämme gebrochen seien, sagte Opferberaterin Andrea Hübler. „Es ist offensichtlich fast unwidersprochen möglich, Menschen anzugreifen.“ Sachsen sei bundesweit Spitzenreiter der rechten Übergriffe.

Schwerpunkt der Attacken ist Dresden

Die Statistik der Opferberatung unterscheidet sich von den offiziellen Behördenzahlen, weil der Verein erklärtermaßen die Opferperspektive berücksichtigt. Betroffene könnten meist sehr gut selbst einschätzen, was die Motivation eines Angriffs auf sie war, erläuterte Hübler. In 76 Prozent der Fälle seien die Taten aber über eine Anzeige auch polizeibekannt geworden.

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Mit 285 war der überwiegende Teil der Angriffe der Beraterin zufolge rassistisch begründet; 141 Angriffe richteten sich gegen politische Gegner. Dazu zählten auch 20 Angriffe gegen Journalisten, die es vor allem bei Demonstrationen gegeben habe. Die meisten Straftaten seien Körperverletzungen gewesen (298), gefolgt von Nötigungen und Bedrohungen (139).

Schwerpunkt der rechten Gewalt war diesen Angaben zufolge die Landeshauptstadt Dresden mit 116 Attacken; es folgt Leipzig mit 77. Eine deutliche Zunahme habe es in den Landkreisen Leipzig (56) und Sächsische Schweiz/Osterzgebirge (55), wo auch Freital liegt, gegeben.

Sondersitzung des Landtags

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) räumte ein, dass das Ausmaß des Rechtsextremismus in seinem Bundesland lange unterschätzt wurde – auch von ihm selbst. „Ja, es stimmt: Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus, und es ist größer, als viele – ich sage ehrlich: auch ich – wahrhaben wollten“, sagte Tillich am Montag in einer Sondersitzung des Sächsischen Landtags in Dresden.

Sächsische Unternehmer wehren sich gegen Nazi-Image

Immer wieder kommt es in Sachsen zu rechtsextremen Übergriffen. Das sorgt dafür, dass ausländische Fachkräfte nicht mehr in Sachsen arbeiten wollen. Mit einer Kampagne wollen Unternehmen das Image aufpolieren.

Quelle: Die Welt

Anlass für die Sondersitzung waren die jüngsten fremdenfeindlichen Übergriffe in Sachsen. In Clausnitz hatte vorvergangene Woche eine lauthals pöbelnde Menschenmenge einen ankommenden Bus mit Flüchtlingen blockiert. In Bautzen bejubelten Schaulustige den vermutlich absichtlich gelegten Brand eines Hotels, in das demnächst Flüchtlinge einziehen sollten.

Tillich verurteilte die Angriffe erneut als „jämmerliches und abstoßendes Verhalten“. Er sprach von einer „langen Kette“ von fremdenfeindlichen und rechtsextremen Vorfällen. Es seien immer noch zu viele Menschen, die „stehen daneben oder sympathisieren damit“. Ein Teil sei verunsichert und fühle sich an den Rand gedrängt. Aber es sei „nicht zu entschuldigen, wenn man darauf mit Fremdenfeindlichkeit reagiert“.

Tillich verweist auf Sondereinheiten gegen rechts

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Der Ministerpräsident wies erneut Vorwürfe zurück, der Freistaat habe in der Vergangenheit nichts getan gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Dies sei „falsch“, sagte er und verwies unter anderem auf seit Jahren bestehenden Sondereinheiten gegen rechts bei Polizei und Justiz. Viele Tatverdächtige seien ermittelt worden.

Tillich räumte ein, dass der Kampf „gegen die Fremdenfeindlichkeit, das Extreme und Radikale“ noch verstärkt werden müsse. Aus diesem Grund werde unter anderem der Stellenabbau bei der Polizei ausgesetzt. Auch die politische Bildung in den Schulen müsse gestärkt werden. „Wir wollen Lehrer unterstützen, sich den tagesaktuellen Debatten zu stellen.“

Verbessern will Tillich auch die Unterstützung für Menschen und Initiativen, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren. Dutzende Organisationen hatten ihm vergangene Woche in einem offenen Brief mangelnde Unterstützung vorgeworfen.

Opposition gibt CDU Mitschuld

Die Opposition im Sächsischen Landtag macht die CDU mitverantwortlich für das Erstarken des Rechtsextremismus in Sachsen. Der Vorsitzende der Linksfraktion, Rico Gebhardt, sagte, die seit 25 Jahren in Sachsen regierende CDU habe das Land „an den Abgrund geführt“. In der Partei gebe es einen „Alltagsrassismus“. Hingegen würden Aktivisten, die sich gegen Rassismus und Neonazis engagierten, gegängelt.

Der Grünen-Abgeordnete Volkmar Zschocke forderte einen „klaren Kurswechsel im Agieren für Demokratie, für Menschenrechte, für Respekt, für Weltoffenheit“. Es müsse auch endlich Schluss sein „mit dem Mythos vom ,besorgten Bürger‘ bei Pegida“. Die Demonstrationen der fremdenfeindlichen Bewegung „haben ein Klima befeuert, das zu Ausschreitungen führt“, warnte Zschocke.

dpa/AFP/coh

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