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Ausland Migrationskrise in Spanien

„Wir sind im Kriegszustand“

Migrants wait to disembark from a Spanish coast guard vessel at the port of Arguineguin, on the island of Gran Canaria, Spain, March 12, 2024. REUTERS/Borja Suarez Migrants wait to disembark from a Spanish coast guard vessel at the port of Arguineguin, on the island of Gran Canaria, Spain, March 12, 2024. REUTERS/Borja Suarez
Szenen nach der Ankunft von Migranten im Hafen von Arguineguin auf Gran Canaria
Quelle: Borja Suarez/REUTERS
Der Ansturm von Migranten und Flüchtlingen auf die Kanarischen Inseln reißt nicht ab – im Gegenteil. Vor allem die Ankunft von Minderjährigen lässt das System kollabieren. Man erwartet über die kommenden Monate die Ankunft von weiteren 11.000 Minderjährigen in Holzbooten.
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Es ist eine beispiellose Migrationskrise, in der sich die Kanarischen Inseln befinden – und entsprechend drastisch ist mittlerweile die Wortwahl der politischen Entscheidungsträger. „Wir befinden uns im Kriegszustand“, sagte Candelaria Delgado, die Sozialministerin des Archipels, auf dem aktuell knapp 6000 minderjährigen Migranten leben.

Anders als bei Erwachsenen ist Spanien gemäß internationaler Gesetzgebung verpflichtet, sich um die Kinder und Jugendlichen besonders zu kümmern – vor allem mit Blick auf die Unterbringung, die Versorgung mit Lebensmitteln und den Zugang zu Bildungsangeboten. Eine Abschiebung ist ob ihres Alters quasi ausgeschlossen, unabhängig von der Frage, ob ein Asylanspruch besteht oder nicht.

Man erwarte über die kommenden Monate die Ankunft von weiteren 11.000 Minderjährigen in Holzbooten aus Nord- und Westafrika, sogenannten cayucos. Zur Unterbringung, so Delgado, „planen wir bereits den Aufbau von Zirkuszelten“. Traditionell ist die Route von Marokko, Mauretanien und Senegal gen Kanaren ab September am stärksten frequentiert.

Dass Migrantenboote auf den Kanaren anlanden oder von Seenotrettern in der Nähe der Inselgruppe aufgegriffen werden, ist ein Jahrzehnte altes Phänomen. In den vergangenen Jahren spitzte sich die Lage aber immer wieder stark zu, verlagerte sich die Hauptmigrationsroute nach Europa immer wieder in den Atlantik.

Lediglich knapp 2700 Menschen erreichten den Archipel im Jahr 2019. Im Vorjahr waren es knapp 40.000 – und in 2024 steht dem Zeitraum bis Mai ein Plus von über 300 Prozent zu Buche. Noch schwieriger macht die Lage, dass der Anteil Minderjähriger, die ihre Heimat verlassen, kontinuierlich ansteigt.

Vor allem in Las Palmas, der Hauptstadt der beliebten Touristen-Insel Gran Canaria, ist die Situation besorgniserregend. Die Heime sind überfüllt, von privaten Firmen getragene Unterkünfte werden kaum kontrolliert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder und Dokumentenfälschung, eine Gruppe minderjähriger Migranten stellte Strafanzeige wegen Misshandlung durch Heimmitarbeiter.

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„Wir haben nicht genügend Ressourcen, um sie (die Migranten, d. Red.) zu versorgen“, sagt der kanarische Präsident Fernando Clavijo, der nun – zum wiederholten Male – die Zentralregierung in Madrid um Hilfe bat. „Wir benötigen eine schnelle und effektive Antwort bezüglich der Bereitstellung militärischer Einrichtungen für die Unterbringung der Migranten, die über die Kanaren-Route kommen“, sagte er. Falls keine Hilfe kommt, baue man eben die besagten Zirkuszelte auf. Ansonsten könne nicht einmal mehr die Mindestversorgung der Menschen sichergestellt werden.

„Diese Uneinigkeit ist absurd“

Clavijos Partei Coalición Canaria (CC) regiert die Kanaren gemeinsam mit den Konservativen der Partido Popular (PP). Die wiederum ist auf dem Festland in verschiedenen autonomen Gemeinschaften an der Macht, teils gemeinsam mit der rechtsextremen Vox-Partei – und lehnt es konsequent ab, den Parteikollegen auf den Kanaren durch die Aufnahme von dort lebenden Migranten unter die Arme zu greifen. „Diese Uneinigkeit ist absurd. Das sind doch die eigenen Leute, die helfen könnten“, heißt es aus politischen Kreisen.

Präsident Clavijo hofft auf eine grundsätzliche Änderung der Gesetzeslage im Juli, die dafür sorgen könnte, dass Regionen keine Handhabe mehr haben, die Übernahme von Bootsmigranten abzulehnen.

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Die Nuevo-Canarias-Abgeordnete Natalia Santana kritisierte derweil die „Unverantwortlichkeit“ von Ministerin Delgado. Sie verlangte „echtes Engagement“, um die Minderjährigen angemessen zu betreuen, und dass das ganze Land die Kanaren unterstützt. Auch sie forderte Madrid auf, Militäranlagen für die Migranten zur Verfügung zu stellen.

Ein Aktivist warnte im Gespräch mit WELT, die Lage auf den Kanaren würde ohne eine politische Lösung bald an jene in Griechenland erinnern, von wo die Bilder von Migranten, die unter inhumanen Bedingungen in Zeltstädten lebten, um die Welt gingen.

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Vox kann sich mit all diesen Überlegungen nicht anfreunden. Die Lösung, sagte Parteichef Santiago Abascal vor einigen Tagen, sei ganz sicher nicht, die Migranten über ganz Spanien zu verteilen. Stattdessen müssten endlich die „Pull-Effekte“ abgeschafft werden, dürften migrationswillige Menschen in ihren Herkunftsstaaten nicht denken, in Spanien lebe man wie im „Schlaraffenland“.

Wie genau Vox die Kanaren-Route, auf der Migranten teils bis zu 1500 Kilometer weite Strecken zurücklegen, schließen will, ist allerdings nicht bekannt.

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