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Ausland Westbalkan

Baerbock will, dass es jetzt „rasch vorangeht“

Korrespondentin für Türkei, Griechenland, Balkan
Quelle: Soeren Stache/ZGB/dpa; Montage: Infografik WELT
Lange hat die EU den Westbalkan vernachlässigt und zugeschaut, wie alte Konflikte wieder aufflammten. Russland wusste die Gelegenheit zu nutzen, um in der Region Fuß zu fassen. Die deutsche Außenministerin will diesen strategischen Fehler korrigieren. Doch sie hat ein Problem.
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Es ist eine Melange aus autokratischer Politik, russischer Einflussnahme, organisierter Kriminalität und Territorialdisputen, die den westlichen Balkan zunehmend destabilisiert. Beobachter sagen übereinstimmend, Europa sei nur dann langfristig sicher, wenn die Länder der Region fest in die Staatengemeinschaft integriert werden.

Doch diese geopolitische Erkenntnis kommt spät; in den vergangenen 20 Jahren ist wenig passiert. Diesen strategischen Fehler will Bundesaußenministerin Annalena Baerbock korrigieren, und zwar schnell. Daher ist sie zum zweiten Mal in ihrer Amtszeit auf den westlichen Balkan gereist. Es sei wichtig, „dass es jetzt rasch vorangeht“, sagte sie in Podgorica, der Hauptstadt Montenegros.

Die EU-Erweiterung in der Region nannte sie eine „geopolitische Notwendigkeit“. Man könne sich keine Grauzonen leisten, die Russland nützen. Doch messen lassen müssen wird sich Baerbock an den Errungenschaften der Bundesregierung. Eigentlich sollte der Westbalkan im Zentrum deutscher Außenpolitik stehen, große Durchbrüche sollten erreicht werden. Doch die Kriege in der Ukraine und Gaza lenkten den Fokus in den vergangenen zwei Jahren weg von der Region. Und so ist Berlins Bilanz bestenfalls durchwachsen.

Für Kurt Bassuener vom Berliner Thinktank Democratization Policy Council besteht der deutsche Ansatz aus Worten ohne Taten, ohne Strategie. „Es braucht eine strategische Rekalibrierung“, sagt er. Die Invasion der Ukraine habe anders als erhofft nicht zu einem Richtungswechsel geführt. Lediglich die Rhetorik sei eine andere.

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Als Beispiel nennt er etwa die deutsch-französische Mediation im Kosovo-Konflikt. „Der Zweck dieses Dialogs war es, eine Eskalation zu verhindern“, so Bassuener. Stattdessen kam es im vergangenen September zu einem gravierenden Zwischenfall. Schwer bewaffnete Serben attackierten kosovarische Polizisten und besetzten im Norden des Kosovo ein Kloster.

Belgrad ließ seine Armee an der Grenze aufmarschieren. Pristina wertete dies als den Versuch, Teile des Kosovo zu annektieren. Serbien erkennt das Kosovo bis heute nicht an. Experten halten es für ausgeschlossen, dass der serbische Präsident Aleksandar Vucic von den Vorgängen nichts wusste. Doch Konsequenzen muss er nicht fürchten.

So wachsen nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen europäischen Hauptstädten die Sorgen vor einem neuen Balkan-Konflikt. Sei es, wegen des serbischen Überfalls im Norden des Kosovo. Oder weil sich der serbische Landesteil vom multiethnischen Staat Bosnien-Herzegowina abspalten will.

Der Präsident dieser Teilrepublik, Milorad Dodik, spekuliert seit Jahren offen über einen Anschluss an Serbien – und er ist ein enger Verbündeter Wladimir Putins. Insgesamt viermal traf er den russischen Präsidenten seit Beginn des Ukraine-Kriegs, zuletzt Ende Februar.

Die Menschen auf dem Balkan sind desillusioniert

Bislang ist es nicht gelungen, den Separatisten Dodik einzuhegen. Baerbock war ihn kurz nach ihrem Amtsantritt scharf angegangen. „Ich habe dafür geworben, dass das bestehende Sanktionsregime jetzt auch genutzt werden sollte gegenüber Herrn Dodik“, sagte sie im Dezember 2021.

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Zu Strafmaßnahmen aber konnte sich die EU nicht durchringen. Denn Ungarn blockierte jeden Versuch dazu im März 2022. Deutschland beendete stattdessen Infrastrukturprojekte in der Republika Srpska in Höhe von 105 Millionen Euro. Persönliche Sanktionen gegen Dodik blieben aus.

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Seit bis zu 20 Jahren warten die Menschen auf dem Balkan darauf, EU-Bürger zu werden. Viele sind desillusioniert – und anfällig für Propaganda. Russische Staatsmedien senden ungehindert. In Serbien spricht sich in Umfragen nur rund ein Drittel der Bevölkerung für den EU-Beitritt aus.

Mit dem Konzept „Ruski Mir“ – russische Welt – begründet Putin seinen Anspruch auf Länder wie die Ukraine, Moldau oder Georgien und behauptet, russische „Landsleute“ in diesen Staaten müssten „beschützt“ werden. Ein ähnliches Konzept kursiert seit einigen Jahren auf dem Balkan: die „Srpski Svet“ – die serbische Welt.

Demnach gehören die ethnischen Serben der Region zusammen, ganz gleich, ob sie in Serbien, dem Kosovo, Montenegro oder Nordmazedonien leben. Die Idee erinnert an ein Großserbien, wie es der ehemalige jugoslawische Präsident und Kriegsverbrecher Slobodan Milosevic anstrebte.

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Balkan-Kriegsgefahr

Zumindest Bosnien-Herzegowina hofft nun, dass es Ende März in Beitrittsverhandlungen mit der EU treten kann. Außenminister Elmedin Konakovic warnte bei seinem Treffen mit Baerbock, sollte dies nicht passieren, werde die Frustration in der Gesellschaft wachsen.

Ein Bericht der Expertengruppe Balkans in Europe Policy Advisory Group aus dem vergangenen Dezember beschrieb die Länder auf dem westlichen Balkan als „Stabilokratien“, also „Regime, die zwischen Autokratie und Demokratie schwanken und von ausländischen Akteuren unterstützt werden, die diesen Zustand nicht anerkennen und weiterhin mit diesen autokratischen Führern zusammenarbeiten“.

Montenegro will bis 2028 EU-Mitglied werden

Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel etwa hatte auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Serbien gesetzt und angesichts antidemokratischer Entwicklungen ein Auge zugedrückt.

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Die vermeintliche Stabilität sei eine Illusion, heißt es in dem Report: „Personen wie Dodik in der Republika Srpska oder Vucic in Serbien neigen dazu, autoritärer zu werden, je länger sie an der Macht bleiben. Die Stabilokratie ist keine stabile Regimeform; sie verändert sich mit der Zeit zum Negativen und wandelt sich zur Autokratie, insbesondere wenn sie von außen unterstützt wird.“

Auf der Plus-Seite stehen Fortschritte, die etwa das kleine Montenegro unter seiner neuen proeuropäischen Regierung gemacht hat. Bis 2028 will Podgorica der EU beitreten. In Berlin begrüßt man den Reformeifer, will sich jedoch nicht auf eine Jahreszahl festlegen. Auch, dass Vucic nach Manipulationsvorwürfen die Lokalwahl wiederholen lässt, wertet Berlin als Erfolg – einen, für den die Bundesregierung maßgeblich verantwortlich ist.

Quelle: Infografik WELT

Gleichzeitig überschatten negative Entwicklungen wie der Kosovo-Konflikt, Serbiens autokratische Tendenzen und der Separatismus in Bosnien-Herzegowina solche Lichtblicke.

Wie explosiv die Lage auf dem westlichen Balkan nach wie vor ist, zeigt die Präsenz westlicher Soldaten. Im Kosovo hat die Nato, in Bosnien die EU Truppen stationiert. Sie sollen den fragilen Frieden sichern, den Russland nach Kräften zu sabotieren versucht.

Putin weiß, dass er in der Region leichtes Spiel hat, weil die Institutionen in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens schwach sind oder offen mit Moskau sympathisieren oder beides. Und weil der Westen es bislang oft bei Worten beließ.

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