Gestern fuhr ich in einem etwa 20 Jahre alten Pkw der oberen Mittelklasse, der aus Japanland stammte und mit einer, für sein fortgeschrittenes Alter, umfangreichen Ausstattung glänzte.
Normalerweise ignoriere ich alle Funktionen, die nicht direkt mit dem Fahren zusammenhängen, aber dank einer gigantischen Baustelle, auf der zwar niemand arbeitete, die aber trotzdem eine effektive Verkehrsberuhigung darstellte, wurde mir so langweilig, dass ich begann, an allen möglichen Knöpfen herumzuspielen.
Nach anderthalb Minuten stellte ich fest, dass ich jeden Knopf nun circa fünfmal gedrückt hatte und immer noch gelangweilt war. Gut, dass ich in diesem Moment die vielfältigen Möglichkeiten der Klimaanlage entdeckte, die mir erlaubte, meine Beifahrerin einzufrieren und den Fahrersitz in ein saunaähnliches Habitat zu verwandeln, das mir hoffentlich beim Abnehmen half.
Können alte Autos wirklich so schlau sein?
Da entdeckte ich einen Schalter, der es erlaubte, zwischen Umluft, „Auto“ und Frischluft umzustellen. Mir fiel ein, dass ich in irgendeinem Handbuch oder Prospekt tatsächlich einmal von dieser Funktion gelesen hatte.
Dort hatte es geheimnisvoll geheißen, der Wagen könne Schadstoffe in der Außenluft feststellen und dann automatisch die Klimaanlage von Frischluft auf Umluft umstellen (und nach dem Ende der gefährlichen Situation auch wieder zurück).
Wie zum Teufel geht das?
Ist ein altes Auto wirklich so schlau? Sitzen kleine japanische Roboter in einem winzigen Chemielabor und prüfen kontinuierlich die Qualität meiner Atemluft? Gibt es einen Chefzwerg, der entscheidet, wann die Frischluft ab- und wieder angestellt wird? Fragen über Fragen.
Die Funktion ist weniger romantisch als geglaubt
Da ich wahnsinnig internetaffin bin, habe ich heute Morgen noch vor der Arbeit meine Suchmaschine angeworfen und verschiedene wirr formulierte Suchanfragen gestartet. Und siehe da: Die Funktion ist weniger romantisch als geglaubt, auch wenn BMW sich auf einer seiner Web-Seiten eher mysteriös verschlossen erklärt:
Die Luft ist rein – die Automatische Umluft Control (AUC) verhindert zuverlässig, dass Schadstoffe aus der Außenluft in Ihren BMW gelangen.
Das System erkennt zum Beispiel Kohlenmonoxid, Stickoxide und Ethanole in der Außenluft und schaltet bei erhöhter Schadstoffkonzentration die Klimaautomatik automatisch für begrenzte Zeit auf Umluftbetrieb. Dabei wird die Luft, die bereits im Wagen ist, umgewälzt und von der Klimaautomatik gereinigt. Außenluft kommt erst dann wieder ins Innere, wenn das System sie als sauber erkennt.
Nix mit Minirobotern oder Chemielaboren
„Die Luft ist rein“ und „System“ – das gefällt mir. Aber leider kein Wort von Zwergen. Gut, dass die guten Menschen von Volkswagen sich nicht ganz so zieren:
Der Luftgütesensor ist bei Volkswagen Bestandteil der automatischen Klimaanlage „Climatronic“. Er hat die Aufgabe, Schadstoffe in der Außenluft festzustellen, die in Form von oxidierbaren oder reduzierbaren Gasen vorkommen. Oxidierbare Gase sind beispielsweise Kohlenmonoxid (CO), Kohlenwasserstoffe (Dämpfe von Benzol oder Benzin) oder andere unvollständig verbrannte Bestandteile von Kraftstoffen. Reduzierbare Gase sind Stickoxide (NOx).
Also nix mit Minirobotern oder Chemielaboren. Das ganze Geheimnis liegt in einem schnöden, wenn auch schön benannten „Luftgütesensor“. Das Ding kann zum Beispiel Kohlenmonoxid, Stickoxide und Methanol aufspüren. Nicht übel.
Weitere Internetrecherchen ergaben allerdings eher ein ernüchterndes Bild, auch was die deutschen Autofahrer angeht.
Ärger im Internet über lästige Konstruktionsmängel
Hier entdeckt ein Hund aus den USA die Klimaanlage
An heißen Sommertagen ist eine Klimaanlage im Auto etwas tolles. Da kann man sich auch mal ein bisschen mehr freuen. So wie dieser Hund aus den USA, hat aber selten jemand auf die frische Brise reagiert.
Quelle: N24
In einem Forum für japanische Luxusfahrzeuge musste ich sechs Minuten lang lesen, wie sich verschiedene User über das wahnsinnig ärgerliche Problem ausließen, dass sie zu ungeschickt waren, ihre Klimaanlage richtig einzustellen.
Nicht nur dass der Luftgütesensor dafür sorgte, dass sich ihre gemeine Klimaanlage alle paar Minuten umstellte, was in der Tat eine wahrlich schreckliche Belästigung darstellt, sondern die Scheiben der Autotüren hatten die unverschämte Angewohnheit, die eiskalte Luft so zu reflektieren, dass sie indirekt in das Gesicht von Fahrer oder Beifahrer wehte. Das darf nicht sein. Nicht, dass einem noch kühl wird.
Das Ganze war zwar lustig, aber auch nicht so lustig, dass ich es ertragen hätte, noch weiterzulesen. Ich googelte lieber nach den Preisen für die Sensoren, die in der Realität dann eben vielleicht doch nicht so super funktionieren.
Liebes Auto, ich brauche kein weiteres „auto“
Sie sind erstaunlich günstig, so viel kann ich vermelden. Das war’s dann mit Romantik und Hightech-Flair.
Das Fazit? Ich kann nur für mich persönlich sprechen, aber ich für meinen Teil fand es in meinem klimatisierten Autofahrerleben immer vollkommen zumutbar, vor einem Tunnel auf Umluft zu stellen und danach wieder Frischluft hereinzulassen.
Dieses zweimalige Heben des Händchens ist nicht nur absolut zumutbar, sondern fördert auf längeren Strecken sowohl Konzentration als auch Armdurchblutung. Liebes Auto, ich brauche einfach kein weiteres „auto“.
Aber ich beschwere mich ja auch nicht darüber, dass meine Klimaanlage kalte Luft erzeugt; ich bin also vielleicht die falsche Zielgruppe.