Rund 100 Minuten lang ein ständiges Angstgefühl auszuhalten, bedeutet für viele eine ambivalente Mischung aus Stress und echten Rauschgefühlen. Schließlich reagiert das Gehirn auf extreme Angst mit einem fast süchtig machenden Hormoncocktail. Genau das lieben Horrorfans.
Manche Filme sind eher witzig-gruselig, andere extrem blutrünstig, wieder andere setzen auf Psychoterror. Was einen am meisten anspricht, ist natürlich Geschmackssache. Aber vielleicht hast auch du dir schon mal die Frage gestellt, ob man nach rein wissenschaftlichen Kriterien beurteilen kann, ob und warum ein Film besonders angsteinflößend ist. Die Antworten darauf gibt eine Untersuchung im Auftrag des britischen Vergleichsportals „Broadbandchoices“ und hat dafür auch den gruseligsten Horrorstreifen bestimmt.
Bevor wir dir die Ergebnisse der Studien verraten, haben wir aber noch eine Frage an dich:
Wer Angst hat, dessen Herz schlägt schneller
Eine Methode, um das Gruselpotenzial eines Streifens zu ermitteln: der Puls. Wenn wir uns bedroht fühlen und Angst haben, schießt er in die Höhe. Genau dieses Kriterium nutzten Forscher für die bereits zweite Auflage des „The Science of Scare“-Projekts.
250 Studienteilnehmer schauten insgesamt rund 100 Stunden lang 40 Horrorfilme. Die Watchlist der Horrorfilmfans basierte zum einen auf den 30 Gruselstreifen, die das „The Science of Scare“-Projekt im Vorjahr gewählt hatte, sowie zehn aktuelle Horrorstreifen, die am häufigsten auf dem Social-Media-Portal „reddit“ erwähnt wurden.
Die Wissenschaftler überwachten vor, währenddessen und nach dem Film den Herzschlag und Puls der Probanden. Anschließend errechneten die Forscher einen Durchschnittspuls für jeden Film und vermerkten den höchsten Pulsschlag der Teilnehmer. Auf Basis dieser Ergebnisse erstellten sie eine Liste mit den 30 gruseligsten Horrorfilmen.
Auf Platz eins kam der Film „Host“ aus dem Jahr 2020 von Rob Savage
Nach fast zwei Jahren im Pandemiezustand ist es ausgerechnet ein Film über eine Geister-Séance auf Zoom, der die Studienteilnehmer am meisten gruselt. Der Horrorthriller wurde in nur zwölf Wochen während der Pandemie abgedreht, ist nur 57 Minuten lang und dürfte vielen eher unbekannt sein. Regisseur Rob Savage hatte eigentlich ein kurzes Parodie-Video für Twitter gedreht – der Tweet ging so viral, dass er daraus einen ganzen Film drehte.
Während dieses Films hatten die Studienteilnehmer im Schnitt eine Herzfrequenz von 88 Schlägen pro Minute – das toppt alle anderen Horrostreifen. Der Ruhewert lag durchschnittlich bei 64 Schlägen pro Minute. In den größten Schreckmomenten hatten die Probanden sogar eine Herzfrequenz von 130 Schlägen pro Minute – so viel wie bei einem anstrengenden Training.
Auf Platz zwei landete der Vorjahressieger „Sinister“ aus dem Jahr 2012 unter der Regie von Scott Derrickson und mit Ethan Hawke in der Hauptrolle. Den dritten Platz belegt der erste Teil aus der „Insidious“-Filmreihe, der 2010 in die Kinos kam.
Es gibt allerdings noch ein Indiz dafür, wie gruselig ein Film ist: die Gehirnaktivität
Das schauten sich die Neurologen der Universität von Turku genauer an. Sie wollten wissen, was im Gehirn passiert, wenn man sich „Chucky – die Mörderpuppe“ oder „Dawn of the Dead“ reinzieht. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie 2020 im Fachmagazin Neuroimage.
Die Forscher erstellten zunächst eine Liste der erfolgreichsten Horrorfilme der vergangenen hundert Jahre und befragten 37 Probanden, wann und wieso sie sich einen Horrorfilm anschauen. Danach durften die Studienteilnehmer einen wahren Filmmarathon hinlegen, bei denen ihre Gehirnaktivität beobachtet wurde.
Unter anderem mussten sie Klassiker wie „The Ring“, „Der Exorzist“ oder „The Conjuring“ durchhalten.
Die Auswertung ergab: Die meisten schauen sich Gruselfilme an, weil sie aufregend sind. Hinzu komme, dass Horrorfilme oft nicht allein, sondern mit Freunden oder dem Partner geschaut und so zu einem sozialen Event werden. Die Forscher wollten zudem herausfinden, welche Szenen ein besonders starkes Angstgefühl auslösen und welche Hirnregionen dabei aktiviert werden.
Besonders gruselig waren demnach keine Zombies oder Gruselclowns, sondern die Bedrohungen, die nur angedeutet werden oder im Verborgenen bleiben – also paranormale Aktivitäten. Dies spiegele zwei Arten von Angst wider, die Menschen erleben, wie Studienleiter Professor Lauri Nummenmaa erklärt:
Die schleichende Vorahnung, die auftritt, wenn man das Gefühl hat, dass etwas nicht ganz stimmt und die instinktive Reaktion auf das plötzliche Erscheinen eines Monsters.
Je nach Art der Angst reagiert das Gehirn anders: Bei langsam aufkommenden Angstzuständen werden die Hirnareale für das Sehen und Hören aktiviert, um eine mögliche Bedrohung schnell zu erkennen. Wenn wir uns hingegen plötzlich erschrecken, konzentriert sich das Gehirn mehr auf die Verarbeitung von Emotionen, die Bewertung von Gefahren und die Entscheidungsfindung.
Was du nicht siehst, jagt dir am meisten Angst ein
Den Ergebnissen der finnischen Studie nach zu urteilen ist der spanisch-mexikanische Horrorfilm „The Devil‘s Backbone“ von Kultregisseur Guillermo del Toro aus dem Jahr 2001 der gruseligste. Er weist den größten Anteil an Szenen auf, in denen das Gefühl aufkommt, dass etwas nicht stimmt und dass eine ungesehene Gefahr lauert.
Der Film spielt 1939 zum Ende des spanischen Bürgerkrieges hin. In einem überfüllten Waisenhaus verschwand vor nicht allzu langer Zeit ein Junge spurlos. Als der zwölfjährige Carlos in dem Heim ein neues Zuhause findet, taucht plötzlich eine merkwürdige Gestalt auf und es passieren mysteriöse Dinge.
Zugegeben, beide Studien haben nur eine vergleichsweise geringe Teilnehmerzahl und sind daher nur bedingt aussagekräftig. Dafür hast du aber einen ersten Anhaltspunkt, welche zwei Horrorstreifen du dir für den ultimativen Kick anschauen solltest: „The Devil’s Backbone“ und „Host“. Einen hohen Gruselfaktor scheinen die ja auf jeden Fall zu haben.
Und hier erfährst du, warum wir uns überhaupt so gerne gruseln:
Hast du noch andere Horrorfilme, die du für das ultimative, schaurige Gänsehaut-Gefühl empfehlen kannst? Wir sind gespannt auf deinen Kommentar!